0,6 Cent pro Hörer:Am Übergang in die neue Musikwelt

Das Brucker Label "Galileo Music" von Daniel Dinkel betreut seit 15 Jahren Künstler aus aller Welt. Obwohl der Verkauf klassicher Tonträger dominiert, stellt sich das Unternehmen auf den digitalen Wandel der Branche ein

Von FloriaN J. Haamann

Leicht versteckt in einem Hinterhof mitten in Fürstenfeldbruck sitzt ein kleines Label, das Musik aus der ganzen Welt sammelt und vermarktet. Und das, um den Anschluss nicht zu verpassen, im Eiltempo mit der Digitalisierung der Branche mithalten muss. Denn auch wenn der Verkauf von physischen Tonträgern, also vor allem CDs, immer noch das Fundament des Geschäfts ist, werden die digitalen Vermarktungskanäle immer wichtiger, wie Daniel Dinkel, Chef von "Galileo Music", erklärt. Das 2002 gegründete Label verkauft aber nicht nur fertige CDs, sondern bietet seinen Künstlern alles bis hin zur Rundum-Versorgung.

0,6 Cent pro Hörer: Das Brucker Label "Galileo Music" von Daniel Dinkel: In dem Unternehmen dominieren noch die klassischen Tonträger, wie Vinyl.

Das Brucker Label "Galileo Music" von Daniel Dinkel: In dem Unternehmen dominieren noch die klassischen Tonträger, wie Vinyl.

(Foto: Carmen Voxbrunner)

"Das Tagesgeschäft ist noch dadurch bestimmt, dass wir klassische Tonträger an die Händler verkaufen, sei es Amazon, Saturn, Ludwig Beck, Dussmann in Berlin oder der Vertrieb im Ausland", sagt Dinkel. "Aber wir fangen gerade ganz intensiv damit an, den digitalen Vertrieb auszubauen." Passend dazu stehen in seinem Büro unzählige Regale, bis obenhin gefüllt mit CDs, und daneben eine Anlage, mit der Dinkel den Musik-Streamingdienst Spotify empfangen kann. "Ich glaube wir sind da schon ganz schlau aufgestellt". Denn die digitalen Umsätze generieren sich nicht von alleine. Bei Streamingdiensten gehe es etwa nicht nur darum, die eigene Musik hochzuladen und die entsprechenden Daten zu pflegen, damit die Kunden sie kaufen können, sondern vor allem darum, die Hörer überhaupt erst zu den eigenen Produkten zu führen.

0,6 Cent pro Hörer: Die Reihe "Obacht!" mit Musik aus Bayern gehört zu den erfolgreichen Produktionen des Labels.

Die Reihe "Obacht!" mit Musik aus Bayern gehört zu den erfolgreichen Produktionen des Labels.

(Foto: Carmen Voxbrunner)

Denn Geld verdienen die Labels im Digitalen auf zwei Wegen: Entweder durch klassische Käufe auf Plattformen wie I-Tunes oder eben über Streamingdienste, bei denen es jedes Mal einen kleinen Betrag gibt, wenn jemand einen Titel anhört. Beim Branchenführer Spotify sind es beispielsweise 0,6 Cent, die Dinkels Firma pro abgespieltem Titel erhält. Ein Betrag, mit dem Dinkel nicht unzufrieden ist, denn durch die Masse der Nutzer komme jeden Monat eine ordentliche Summe zusammen. Natürlich nicht vergleichbar mit den großen Stars, die alleine in Deutschland auf mehrere Millionen Klicks pro Monat kommen.

0,6 Cent pro Hörer: CDs und Vinyls überall: Im Lager und in allen anderen Schränken.

CDs und Vinyls überall: Im Lager und in allen anderen Schränken.

(Foto: Carmen Voxbrunner)

Damit überhaupt eine relevante Masse an Klicks zusammenkommt, müssen Dinkel und sein Team auf allen Plattformen und in den sozialen Medien kräftig werben und die Möglichkeiten des Anbieters ausschöpfen. "Wir sind auf drei oder vier Plattformen aktiv und alle wollen gepflegt werden. Gerade auf Streaming-Portalen agieren die Nutzer ja ganz anders als früher im Plattladen. Die klicken sich einfach durch und wissen am Abend nicht mehr, was sie gehört haben. Also muss man es in diese Durchläufe schaffen und die Leute so führen, dass sie unsere Titel klicken". Bei Spotify etwa unterhält Galileo mehrere Playlisten zu verschiedenen Themen und Stilen, also Zusammenstellungen von Songs, die die Nutzer abonnieren können.

0,6 Cent pro Hörer: Im Büro von Daniel Dinkel stapeln sich die Tonträger.

Im Büro von Daniel Dinkel stapeln sich die Tonträger.

(Foto: Carmen Voxbrunner)

"Diese Listen müssen auch ständig gepflegt und aktualisiert werden. Sobald man genug Follower hat, kann man zum Beispiel auch mal einen älteren Titel einbauen, im Internet werden die Sachen ja nicht alt", erzählt Dinkel. Auch das sei etwas, was sich im Vergleich zu früher geändert hat. In Plattenläden seien die Leute damals gegangen, um möglichst neue Musik zu finden.

Aktuell kümmert sich Galileo Musik um etwa 40 Künstler aus der ganzen Welt mit knapp 80 veröffentlichten Alben. Spezialisiert hat sich das Brucker Label auf die so genannte Weltmusik. Je nachdem, was die Band benötigt, ist das Angebot des Labels ganz unterschiedlich. Bei manchen Bands kümmert sich Galileo nur um den Verkauf der Alben in Deutschland, bei anderen geht es auch um die internationale Lizenzierung, manche kommen mit einer Studioaufnahme, die noch gestaltet und vermarktet werden muss. Für zehn Bands kümmert sich das Label auch um das Booking. "Wir wählen dabei genau aus, mit wem wir zusammenarbeiten. Denn wir sind kein Dienstleister, der einfach gegen Geld alle Leistungen bereit stellt, sondern wir investieren auch in die Bands, die wir aufnehmen. Da muss man natürlich vorsichtig sein", sagt Dinkel. Durch die Digitalisierung habe sich auch geändert, welche Musik Erfolgschancen hat.

Früher habe es etwa immer wieder spannende Studioprojekte gegeben, die sich dann auf dem Markt behaupten konnten. Heute sei so etwas kaum noch denkbar. Denn erfolgreich könne nur werden, wer viel mit den potenziellen Hörern arbeitet, sei es durch Aktivität in den sozialen Netzwerken oder durch Konzerte. "Wir haben auch immer wieder Anfragen von Bands, die irgendwo zu Hause gute Musik machen, die aber nicht live auftreten wollen. Das können wir dann nicht machen, dafür gibt es keinen Markt." Wer heute als Künstler erfolgreich sein will, müsse viel mehr bieten, als seine Kunst, sagt Dinkel. "Das verlangt den Künstlern natürlich einiges ab, aber es ist notwendig."

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