Bunte Werkschau:Eine Galerie unter freiem Himmel

Die Veranstaltung "Kunst & Handwerk im Stadl" verzeichnet am Wochenende mehr Besucher als jemals zuvor. Diese können eine bunte Palette an Arbeiten und eine neue Ausstellungsfläche kennen lernen

Von Valentina Finger, Maisach

Bereits die Anreise nach Anzhofen bringt den Besucher in Ausflugsstimmung. Quer durch Maisach muss er fahren, immer den handbemalten Schildern nach, die eher so aussehen, als wären sie Wegweiser zu Pippi Langstrumpfs Villa Kunterbunt. Wenn am Straßenrand die Maisfelder auftauchen und rundherum nur noch Grün zu sehen ist, dann naht der Freiluft-Künstlermarkt "Kunst & Handwerk im Stadl", der dieses Jahr zum 23. Mal auf dem Gelände des alten Weilers nördlich von Maisach stattfand und laut Veranstalterin Helga Backus bereits bis Sonntagnachmittag so viele Besucher anlockte wie noch nie.

Kunst im Stadl

Dekorativ und handwerklich anspruchsvoll sind die Skulpturen von Horst W. Wendland.

(Foto: Günther Reger)

Es ist wohl nicht nur das Angebot der 100 Aussteller, das es dort zwei Tage lang zu bestaunen und zu erwerben gibt, sondern vor allem die Naturatmosphäre im gefühlten Nirgendwo, die die Veranstaltung so besonders macht. Wie eine verwinkelte Open-Air-Galerie kommt der Ausstellungsbereich daher. Gebatikte Kaftane hängen von den Ästen eines Apfelbaums, Gartenaccessoires vom Windspiel bis zu einer fast lebensgroßen Gorilla-Figur stecken und stehen so auf den Wiesen verteilt herum, dass man sich richtig vorstellen kann, wie sie wohl im eigenen Garten wirken würden. Rustikale Möbel kann man unter einer imposanten Trauerweide begutachten, während an anderer Stelle eine knallgrüne Schlangenfigur zwischen den Blättern eines Baums herunterhängt.

Kunst im Stadl

Die kinetischen Kunstwerke, die Horst Büscher in Anzhofen zeigt.

(Foto: Günther Reger)

Alles, was man sich unter Kunsthandwerk vorstellen kann, gibt es in Anzhofen in zahlreichen Varianten. Eine Künstlerin macht Miniaturgebilde aus Filz, die, in Körben aufgetürmt, auf den ersten Blick tatsächlich wie Mäuse, Früchte oder Blüten aussehen. Ein anderer Aussteller gestaltet klassische Brettspiele wie Dame, Mühle oder Schach als Kunstobjekte mit gläsernen Figuren und edlen Spielflächen. Schmuckstücke gibt es in Gold oder Silber, aus Steinen aller Art, aus Münzen und sogar aus Kaffeebohnen. Aus diesen gestaltet der Schmuckdesigner Carlo Zanoni seit zehn Jahren Ketten. "Damals stand ich am Kaffeeautomaten und dachte mir, dass die Bohnen eigentlich richtig geil ausschauen", erzählt der Aussteller aus Franken. Die Farbnuancen von Beige bis Schwarz, die seine Ketten zeigen, erreicht er durch eigene Röstung. Seine Modelle heißen Lungo, Corto oder Espresso, nach italienischen Kaffeespezialitäten.

Kunst im Stadl

Die erotischen Frauenkörper von Carmen und Werner Frank.

(Foto: Günther Reger)

Bei Kaffee, Kuchen oder Burritos kann man auf dem zentralen Hof mit Biergarten eine Pause vom Kunstschauen einlegen. Das Dach eines alten Busses dient als Sonnenterrasse. Schattige Plätze gibt es unter der großen Kastanie neben zwei Holzfiguren, die an überdimensionale Kastanientiere erinnern. Regelmäßig kündigt das Läuten von Glocken das Kamel an, das mit immer neuen kleinen Reitern seine Kreise über das Gelände zieht. Solche Details kombiniert mit der ruhigen Bauernhof-Atmosphäre verleihen der Kunstveranstaltung in Anzhofen das idyllische Flair eines Familienfests.

Textiles, Gemaltes und Geformtes gibt es nicht nur in den Obstgärten und Höfen, sondern auch an den Ständen im Kunst- und in dem als neue Fläche hinzugekommenen Feldstadl. In dem vom Rest abgetrennten und abgedunkelten Kunstschuppen kommen Gregor Peikerts Kreationen richtig zur Geltung. Seit vier Jahren kombiniert der Lichtdesigner aus dem Chiemgau LED-Technik mit Holz. Seine Objekte bestehen mitunter aus Fundstücken oder Schwemmholz, aus denen er atmosphärische Deko-Elemente für Wand und Boden macht. "Licht gehört zur Raumgestaltung notwendigerweise dazu. Ich versuche in meinen Arbeiten, dem natürlichen Wachstum des Holzes mit der Lichtspur nachzugehen", sagt er.

Reizvoll an Märkten dieser Art ist außerdem, dass viele Aussteller einen Einblick in die Entstehung ihrer Arbeiten geben. Zanoni sägt an einer Platte aus Silber und Ebenholz herum. Der Möbelrestaurator Wolfgang Brodte poliert eine hölzerne Kommode. Andere bieten Workshops für Filz-, Airbrush- oder Mosaikkunst an. Dieser interaktive Charakter und der Kontakt zu den Künstlern machen die zwei Tage zu einem geselligen Freizeitvergnügen.

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