Eigentlich soll an diesem Vormittag bei der SPD in der Germering um frauenpolitische Themen gehen. Der Bundestagsabgeordneten Carmen Wegge ist es gelungen, dafür die Parteivorsitzende und Bundestagsabgeordnete Saskia Esken in die Stadthalle zu holen, eine der „wichtigsten Frauen der Politik“ in Deutschland, wie Wegge sagt. Neben den beiden Frauen steht auch Michael Schrodi auf der Bühne, Bundestagsabgeordneter für Fürstenfeldbruck und, wie er betont, Feminist. Und natürlich geht es auch viel um Frauenpolitik. Aber sowohl die Bundestagsabgeordneten als auch die vielen Parteimitglieder im Saal bewegt erwartungsgemäß noch etwas anderes.
„Es war die schlimmste Woche meines Lebens im Bundestag“, sagt Wegge mit Blick auf die Migrationsdebatte. Schrodi spricht von einem einmaligen Tabu- und Vertrauensbruch durch Friedrich Merz, man müsse überlegen, ihm die Kanzlerfähigkeit abzusprechen. Ähnlich sieht es die Parteivorsitzende Esken. Es gebe verschiedene Gründe dafür, gegen Friedrich Merz zu sein. Sein Verhalten in der vergangenen Woche aber zeige: „Dieser Mann darf nicht ins Kanzleramt einziehen“. Ob man nicht darüber nachdenken müsse, ob man überhaupt noch mit der Union koalieren könne, fragt eine Germeringerin, die seit mehr als 50 Jahren Mitglied in der SPD ist. Ihr bereite der Gedanke jedenfalls Sorgen. Sie verstehe das zwar, antwortet Esken, dennoch sei der laufende Wahlkampf nicht der richtige Zeitpunkt, über diese Frage zu diskutieren. Die SPD kämpfe jetzt erst einmal darum, stärkste Kraft zu werden.
Dass die aktuellen politischen Entwicklungen durchaus bei vielen Menschen einen Gesprächsbedarf geweckt haben, zeigt sich auch daran, dass der Lena-Christ-Saal mit etwa 70 Besuchern an diesem Mittwochvormittag gut gefüllt ist, Frauen und Männer sind etwa gleich stark vertreten. Er habe schon lange nicht mehr so ein großes Interesse an politischen Veranstaltungen erlebt, sagt auch Schrodi.
Der Schutz von Frauen vor häuslicher Gewalt
Wenn es um Frauenrechte geht, erzählt Wegge, heiße es in der Politik oft, dass gerade nicht der richtige Zeitpunkt dafür sei. Umso wichtiger seien Veranstaltungen wie diese, um sich kennenzulernen, sich zu vernetzen und auszutauschen. Und um sich bewusst zu machen, dass die SPD mit der Ampel einige wichtige Themen durchgesetzt habe. Die Abschaffung des Paragrafen 219 A etwa, der Werbung für Schwangerschaftsabbrüche unter Strafe gestellt hatte. Auch seien Frauen jetzt besser davor geschützt, wenn sie auf dem Weg zu Beratungsstellen in ungewünschte Gespräche verwickelt werden. Ein anderes Beispiel sei die Staffelung beim Mutterschutz, die jetzt auch Frauen helfe, die eine Fehlgeburt hinter sich haben. „Das sind große Errungenschaften“, sagt Wegge, aber auch, dass viele Ideen der SPD nicht umgesetzt werden konnte. Etwa Änderungen im Umgang mit digitaler Gewalt. „Frauen sind davon überproportional betroffen“. Was ebenso nicht gelungen sei, sei ein Gesetz zur Umsetzung der sogenannten „Istanbul-Konvention“, die einen besseren Schutz von Frauen vor häuslicher Gewalt und ein härteres Vorgehen gegen die Täter sicherstellen will.
Am Beispiel der Kindergelderhöhung macht der Finanzpolitiker Schrodi deutlich, warum auch sein Fachbereich frauenpolitisch wichtig sei. So stärke es die Gleichberechtigung, wenn der Partner, der weniger Geld verdiene, mehr finanziellen Spielraum habe. Zudem betont er, Frauen die gleichen Chancen auf dem Arbeitsmarkt zu ermöglichen, beuge nicht der Altersarmut vor, sondern sei auch ein wichtiges Mittel, um etwas gegen den Fachkräftemangel zu tun. „Wir brauchen die Expertise gut ausgebildeter Frauen“, so sein Appell.