Bürgermeisterkandidaten in Eichenau:Neu bauen und verdichten

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In einem Punkt sind sich die Bürgermeisterkandidaten Dirk Flechsig (CSU) und Peter Münster (FDP) einig. Es fehlt in Eichenau an preiswerten Wohnungen. Doch ob die Lösung im Norden der Gemeinde liegen könnte, da gehen die Meinungen der Bewerber auseinander

Interview von Erich C. Setzwein, Eichenau

Als eine der zentralen Herausforderungen für die Gemeinde Eichenau in den kommenden Jahren sehen die Bürgermeisterkandidaten Dirk Flechsig (CSU) und Peter Münster (FDP) die Wohnungsproblematik an. Dafür könnte sich in Zusammenarbeit mit Nachbarkommunen sogar eine Lösung abzeichnen. Im SZ-Interview erklären Flechsig und Münster, welche Ansätze sie dabei verfolgen.

Wenn Sie jetzt einen Moment mal nicht daran denken, dass Sie Bürgermeisterkandidaten in einer Stichwahl sind, sondern einfach nur Eichenauer Wähler: Welcher Punkt im Wahlprogramm des anderen hat Ihnen am meisten imponiert?

Münster: Ich denke, die soziale Komponente war eine, die mir sehr am Herzen liegt und bei der ich durchaus nachvollziehen kann, dass man sie noch stärker in den Vordergrund stellen kann, als ich es bisher getan habe.

Flechsig: Mir fällt jetzt spontan nichts ein, was mir imponiert hätte. Zum Überlegen hat mich allerdings der Koordinator fürs Gewerbe gebracht, der Wirtschaftsförderer. Das ist eine Überlegung, ob das weiterhin der Bürgermeister übernehmen sollte, ob man externen Sachverstand dazuholen sollte oder ob man jemanden anstellt. Ich bin dann doch eher für den externen Sachverstand.

Dirk Flechsig (links) und Peter Münster verstehen sich gut. Am 3. Juli treten sie als Bürgermeisterkandidaten in der Stichwahl gegeneinander an. (Foto: Carmen Voxbrunner)

Und bei welcher Forderung des anderen würden Sie sofort vehement widersprechen?

Flechsig: Die massive Bebauung im Norden der Gemeinde und die flächendeckende Nachverdichtung innerhalb des Ortes.

Münster: Das, hatte ich eigentlich angenommen, sei dein Punkt. Ich würde die flächendeckende Nachverdichtung konsequent ablehnen.

Flechsig: Bei mir gibt es die flächendeckende Nachverdichtung gar nicht. Wir haben in unseren Bebauungsplänen genügend Möglichkeiten, um auf den Grundstücken zu verdichten. 250 Quadratmeter für ein Doppelhaus und 400 Quadratmeter für ein Einzelhaus sind aus meiner Sicht genügend verdichtet für eine Gartenstadt. Wir können sicher darüber reden, mit der Baugenossenschaft Eichenau oder der Wohnbaugenossenschaft München West über Verdichtung zu reden, wenn sich da etwas nachhaltig entwickeln kann. Vor allem, weil ich dann auch sehe, dass der Erlös aus der Nachverdichtung nicht in einen privaten Geldbeutel fließt, sondern dass es zu sozialverträglichen Mieten am Markt kommt.

Münster: Ich halte eine Nachverdichtung ausschließlich im Bereich der Hauptstraße und der angrenzenden Grundstücke für möglich. Der Bebauungsplan B 16 ließe das in bestimmten Fällen heute schon zu. Ich denke, wir werden in Zukunft eine ganze Reihe von Wohnungen für Senioren benötigen. Und auch behindertengerechte Wohnungen, die sich auch durchaus in der Nähe der Hauptstraße befinden sollten, um die Wege nicht allzu weit werden zu lassen. Das ist eines der Themen, das sehr, sehr viele Menschen im Ort bewegt, die ganz gerne ihre Häuser übergeben und eine Wohnung in Eichenau beziehen würden, um bleiben zu können. Das könnte eine ganze Reihe von Problemen lösen.

Nördlich des Bahnhofs Eichenau liegen die Grundstücke auf Emmeringer Flur. Wie sich Eichenau dort entwickeln könnte, ist ungeklärt. (Foto: Carmen Voxbrunner)

Sie beide propagieren beim Thema Wohnen, dass man über den Tellerrand hinaussehen sollte, dass Eichenau die Kooperation mit anderen Kommunen beim Thema Wohnungsbau suchen solle. Wie stehen Sie zur Gründung einer interkommunalen Wohnbaugesellschaft oder eines Zweckverbandes für sozialen Wohnungsbau, dem sich nach und nach mehr Städte und Kommunen anschließen könnten?

Münster: Ich halte es technisch für schwierig. Ich habe als Aufsichtsratsvorsitzender der Baugenossenschaft Eichenau seinerzeit mit Puchheim, als es noch nicht Stadt war, entsprechende Gespräche geführt. Es geht da nicht vorrangig um sozialen Wohnungsbau. Wir haben genügend Wohnungen, aber nicht viele, die preiswert sind. Es hat sich als sehr schwer herausgestellt, weil die Vorstellungen Puchheims doch sehr unterschiedlich waren. Auf der einen Seite haben wir die Kapitalbildung, die notwendigerweise erfolgen muss. Auf der anderen Seite aber die Bereitschaft, das Ganze gemeinsam zu gestalten. Insofern will ich nicht vorn vorne herein ablehnen, dass es sinnvoll sein kann, darüber nachzudenken, aber ich halte es für keine einfache Angelegenheit.

Flechsig: Es sollte keine Denkverbote geben, was die Wohngenossenschaften betrifft oder die Gründung von kommunalen Baugesellschaften. Ich habe im Gemeinderat damals dagegen gestimmt, als der Antrag für eine kommunale Wohnbaugesellschaft kam, weil wir in Eichenau gut aufgestellt sind. Wir haben die Wohnbaugenossenschaft München West und wir sind als Gemeinde bei der Baugenossenschaft Eichenau Mitglied. Wir haben zwei aktive Baugenossenschaften im Ort, die diese Aufgabe erfüllen können. Die haben das auch im Kreuz. Die Wohnbaugenossenschaft München West ist eine der potentesten Baugenossenschaften in ganz Deutschland, und die Baugenossenschaft Eichenau steht, wenn ich richtig informiert bin, auch ganz ordentlich da. Das heißt, mit denen müssen wir das schaffen. Die Gemeinde hat ja die Gelder gar nicht, um in Wohnbau zu investieren. Wir haben die Grundstücke nicht, wir reden im Norden über Grundstücke, die in Emmering liegen und die momentan noch der Uni Weihenstephan gehören. Und ob das dann dort kostengünstiger Wohnungsbau werden könnte, steht noch in den Sternen.

Die Zukunft Eichenaus, heißt es seit Jahren, liege im Norden. Das war stets auf das Gewerbegebiet bezogen, das dort entstehen könnte. Jetzt haben Sie, Herr Münster, im Wahlkampf eine Wohnbebauung nördlich der S-Bahn ins Spiel gebracht. Eine Idee, die vom Bund Naturschutz und den Grünen abgelehnt wird.

Münster: Das sind zwei Bereiche, die Sie ansprechen. Ich bedaure es sehr, dass es uns 2009 nicht gelungen ist, das Gewerbegebiet mit einem Technologie-Anwenderzentrum voranzutreiben. Auch der Versuch, Unterstützung vom Freistaat zu erhalten, ist daran gescheitert, dass es dieser kategorisch abgelehnt hat. Er war der Meinung, in Oberbayern bedürfe es keiner Förderung. Obwohl der Landkreis Fürstenfeldbruck weit und breit der wirtschaftsschwächste ist. Das ist eine Tatsache. Beim Thema Bebauung im Norden bedarf es einer gewissen Überzeugungsarbeit. Das war in der Regionalplanung einmal vorgesehen, und es war übrigens die Regionalplanung, die seinerzeit von einer Einwohnerzahl von 15 000 gesprochen hat. Ich habe schon vor Jahren Gespräche mit der Nachbargemeinde Emmering angeregt. Dieses Gespräch ist zuerst zu führen, bevor wir intern im Gemeinderat über dieses Thema sprechen.

Wie sehen Sie diese Problematik, Herr Flechsig?

Flechsig: Wir haben nur zwei Gewerbegebiete. Das im Süden mit 160 000 Quadratmetern und das im Norden mit 32 000 Quadratmetern. Wenn wir im Flächennutzungsplan den Fehler machen würden, das Gewerbegebiet im Norden aufzugeben, würden wir unsere Einnahmesituation arg beschneiden. Deshalb mein dringender Rat, unbedingt daran festzuhalten und das auf Sicht umsetzen. Das gilt auch für die Neuansiedlung auf dem Aldi-Grundstücke.

Und Wohnen im Norden?

Flechsig: Es ist ja derzeit Emmeringer Flur. Wir hätten die ganze Infrastruktur zu erstellen. Wenn es in Eichenauer Hand wäre, hätten wir es selbst in der Hand. Wenn wir mit Emmering zusammenarbeiten müssten, ist die Frage, ob wir eine Steueraufteilung hinbekommen oder schaffen wir nur die Infrastruktur und haben den Verkehr während die Einnahmen dann die Gemeinde Emmering hat. Da wäre ich als Bürgermeister nicht sehr begeistert.

Wobei es erfolgreiche Modelle interkommunaler Zusammenarbeit bereits gibt.

Flechsig: Man muss sehen, dass sich irgendwann an dieser Stelle irgendwas entwickelt. Wir haben jetzt angeregt, im Regionalplan eine Wohnbaufläche vorzusehen. Wie groß die ist, kann man heute noch nicht sagen. Dazu kommt die ganze Überschwemmungsproblematik. Und jetzt komme ich auf die unsägliche Südwestumgehung von Olching. Diese Straße wird als Damm wirken. Das heißt, das Wasser staut sich zurück. Das ist dann in dem neuen Wohnbereich ein noch viel größeres Thema. Denn bisher ist dort das Wasser einfach weiter geflossen. Die Fläche im Norden ist ja gar nicht so groß, als dass dort 1500 Leute Platz hätten. Ich kann mir nicht vorstellen, dass man da mehr als drei Stockwerke hoch bauen dürfte. Das wäre auch für die Landschaft nicht verträglich.

Münster: Völlig d'accord. Es dürfte nicht höher werden als auf der anderen Seite der Bahn. Zur Dammwirkung der Südwestumgehung möchte ich sagen, der Verwaltungsgerichtshof hat festgestellt, dass keine Planungsmängel vorlagen. Ich bin mir sicher, dass die aktuellen Hochwasserplanungen ein Rolle spielen werden und nicht einfach ein Damm errichtet wird. Es werden Durchflussmöglichkeiten geschaffen werden, und ich hoffe schon, dass die Dammwirkung keine allzu große sein wird. Gleichwohl wird eine gewisse Dammwirkung in Richtung Westen bleiben.

Herr Münster, Herr Flechsig, vielen Dank für das Gespräch und alles Gute für die Stichwahl. Sagen Sie bitte möglichst noch in einem Satz, warum sie gewählt werden wollen.

Münster: Weil ich gerne Impulse für die Gemeinde geben möchte, und das ist die Chance, die der Bürgermeister hat, und weil es mir Spaß machen würde, die Verwaltung zu leiten und so weiterzuentwickeln, wie ich mir das vorstelle.

Flechsig: Ich habe gemerkt, dass man auf kommunalpolitischer Ebene sehr viel bewegen kann, das hat mich motiviert, mich für diesen Job zu bewerben, ich bin pragmatisch und zielorientiert, und deshalb möchte ich gerne diese Herausforderung annehmen.

© SZ vom 25.06.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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