Süddeutsche Zeitung

Bürgermeister Schäfer hatte recht:Korrekte Entscheidung

Gemeinderat Gröbenzell durfte tagen

Von Ariane Lindenbach, Gröbenzell

Die Mitteilung des bayerischen Innenministeriums zur Aufrechterhaltung öffentlicher Sitzungen in den Kommunen könnte eine Art späte Genugtuung für Martin Schäfer sein, wenn der Bürgermeister von Gröbenzell nicht derzeit genug im Kopf hätte mit der Organisation der Stichwahl am Sonntag und dem Managen der Kommune in Zeiten der Corona-Krise. Das Schreiben bestätigt, dass Schäfers Handeln absolut korrekt war und den Bestimmungen entsprach. Dennoch musste er die Gemeinderatssitzung am vorigen Donnerstag mangels genügend anwesenden Gemeinderäten spontan absetzen: Das Gremium war nicht beschlussfähig. Vielleicht wäre der Abend anders verlaufen, wenn das Thema nicht am Donnerstagvormittag sehr kritisch und mit wenig echten Fakten in den sozialen Medien diskutiert worden wäre.

Es ist 9.17 Uhr am Donnerstag, etwas mehr als zehn Stunden vor Beginn der Gemeinderatssitzung, die an jenem Abend den Nachtragshaushalt verabschieden soll. Christian Huster fragt in der Facebook-Gruppe "Du kommst aus Gröbenzell, wenn...", ob "unser Bürgermeister" die geplante Sitzung "wirklich durchziehen" wolle. Der Post endet mit dem Ausspruch: "Ohne Verantwortungsbewusstsein!!!" Es folgen bemerkenswert viele Kommentare, 126 insgesamt. Die meisten kritisieren das Festhalten an dem Termin und machen dafür allein den Bürgermeister von der Unabhängigen Wählergemeinschaft Gröbenzell (UWG) dafür verantwortlich.

Die erste Reaktion kommt 30 Minuten später von der langjährigen CSU-Fraktionsvorsitzenden Brigitte Böttger. Der Tenor: Sie habe schon vor Tagen aus Rücksicht auf ältere Gremiumsmitglieder sowie angesichts der offiziellen Empfehlungen um Verschiebung und Verlegung in die Turnhalle gebeten. Von andern Usern folgen Beispiele aus Kommunen, die ihre Sitzungen abgesagt oder in Turnhallen verlegt haben. Die meisten kritisieren mehr oder weniger offen den Bürgermeister. Unter den Schreibern sind einige erkennbar Anhänger oder Mitglieder der CSU, ein paar wenige Grüne-Sympathisanten und ein UWG-Mitglied. Wird die Diskussion die Stichwahl beeinflussen? Und ist das womöglich gewollt?

Seit Samstag jedenfalls steht auf der Homepage der Gemeinde eine ausführliche Erläuterung mit dem Verlauf der Pandemie sowie sämtlichen Paragrafen, die die Gemeinderatssitzungen regeln und die in dieser besonderen Situation zur Anwendung kamen. Dort ist zu lesen, was Schäfer auch gegenüber der SZ berichtet. Dass er nämlich alle Gemeinderatsmitglieder über ihr Kommen befragt und betont habe, dass die Tagesordnung auf das Nötigste beschränkt werde - der Nachtragshaushalt musste verabschiedet werden. Zudem: "Wenn jemand Angst hat, braucht er nicht zu kommen". Wie Schäfer betont, konnten in dem geräumigen Saal die Sicherheitsabstände eingehalten werden, Zuhörer seien ohnehin nicht gekommen. Da trotz seiner Vorab-Abfrage nicht die notwendige Zahl an Gemeinderäten kam, musste er die Sitzung absagen. Mit den Empfehlungen aus dem Innenministerium zu der Ausnahmesituation durch das Coronavirus ist nun klar: Auch derzeit müssen Gemeinderäte öffentlich tagen.

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Quelle:
SZ vom 25.03.2020
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