Bürgermeister contra Landratsamt:Geflüchteten droht Obdachlosigkeit

Asylunterkunft, Mammendorf, Augsburger Straße

Ende des Monats löst das Landratsamt die Unterkunft für Geflüchtete in der Augsburger Straße in Mammendorf auf.

(Foto: Carmen Voxbrunner)

In Mammendorf wird Ende des Monats eine Unterkunft für Asylbewerber geschlossen. Viele der 14 Bewohner wissen nicht, wo sie dann wohnen sollen. Das Landratsamt hält die Kommune für zuständig, die fühlt sich unfair behandelt

Von Ariane Lindenbach, Mammendorf

Die Angst vor der Obdachlosigkeit ist in Mammendorf gerade groß. Und vermutlich wird sie auch in anderen Kommunen demnächst weiter zunehmen. Zum Ende des Monats löst das Landratsamt die Unterkunft für Geflüchtete in der Augsburger Straße auf; viele der 14 Bewohner wissen noch nicht, wo sie dann unterkommen sollen. Die Asylhelfer bemängeln mangelnde Empathie, Bürgermeister Josef Heckl fühlt sich im Stich gelassen. Aber das Landratsamt verweist auf die Regierung von Oberbayern, die das entschieden habe. Mit der Folge, dass noch weitere kleine Unterkünfte im Lauf dieses Jahres geschlossen werden.

Günter Mairhörmann vom Helferkreis Asyl Mammendorf findet die ganze Situation "höchst problematisch". Für die 14 inzwischen größtenteils anerkannten Asylbewerber sei es "absolut aussichtslos" auf dem normalen Wohnungsmarkt etwas zu finden. Doch das Landratsamt forderte die Bewohner der Augsburger Straße Ende Januar - zwei Monate vor der Auflösung - schriftlich zum Auszug auf. "Sie sind daher angehalten, sich schnellstmöglich bayernweit um eine Wohnung zu bemühen, ansonsten droht Ihnen die Obdachlosigkeit." Es folgt die Aufforderung, alle persönlichen Gegenstände zu entfernen, andernfalls "werden diese durch das LRA FFB auf Ihre Kosten der Entsorgung zugeführt". Dieses Schreiben hat Mairhörmann angesichts der fehlenden Empathie sprachlos gemacht. "Die Art und Weise, wie das abgewickelt wird. Was mich am meisten geärgert hat, war dieser lapidare Tonfall", kritisiert er. Da fehle schlicht die Menschlichkeit. Aus dem Landratsamt heißt es dazu: "Hierbei handelt es sich um ein standardisierten Text, welcher lediglich den Sachverhalt der Verselbstständigungspflicht der Flüchtlinge wiederholt. Wir bemühen uns dabei wie bei allen Behördenschreiben, die Sach- und Rechtslage objektiv und präzise darzustellen." Die Schließung begründet ein Behördensprecher damit, dass die Regierung von Oberbayern entschieden habe, die Mietverträge kleinerer Objekten nicht mehr zu verlängern.

"Das stellt die Gemeinde vor große Herausforderungen", sagt der Bürgermeister. "Ich weiß nicht, wie wir in so kurzer Zeit 14 Leute unterbringen sollen." Die Gemeinde biete eine Wohnung an, die gerade renoviert werde", doch was mit den anderen Bewohnern aus der Augsburger Straße passieren soll, weiß Heckl drei Wochen vor dem Auszugstermin nicht. Die Verwaltungsgemeinschaft Mammendorf hat zwar eine Obdachlosenunterkunft mit sieben Plätzen angemietet. Aber die ist bereits belegt, ebenso die zusätzlichen Räume in Althegnenberg.

Heckl will nun das Gespräch mit dem Landrat suchen, wenn der wieder aus dem Urlaub zurück ist. Dabei geht es ihm nicht nur um die 14 jetzt Betroffenen in Mammendorf, sondern generell um die Frage der Zuständigkeiten: Schließlich habe die Regierung von Oberbayern die Geflüchteten verteilt. Und ausgerechnet jene Kommunen, die damals Unterkünfte zur Verfügung gestellt oder bei deren Suche geholfen hätten, würden nun bestraft.

Von Gesetzes wegen ist die Kommunen, in der Obdachloser zuletzt gemeldet war, für dessen Unterbringung zuständig. Die Geflüchteten indes wurden durch die Staatsregierung verteilt. Und nun sollen die Kosten auf die Kommunen abgeladen werden, kritisiert Heckl. Tatsächlich kommt der Bayerische Rechts- und Verwaltungsreport, einem Portal zum öffentlichen Recht und zur öffentlichen Verwaltung im Freistaat Bayern in dem Artikel "Aus der Fehlbelegung in die Obdachlosigkeit" vom Januar 2017 zu einem ähnlichen Schluss. "Gemeinden, die ihrer Unterstützungspflicht nach Art. 6 Abs. 2 AufnG, § 5 Abs. 3 DVAsyl besonders gewissenhaft nachgekommen sind und Landratsamt bzw. Regierung geeignete Unterkünfte verschafft haben, sind daher in ungleich höherem Maße betroffen, als die Gemeinden, die keine vergleichbaren Anstrengungen an den Tag gelegt haben."

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