Süddeutsche Zeitung

Bühne:Vier Wände um jeden Preis

Die Komödie "Drei Morde, Küche, Bad" am Roßstall-Theater führt die Wohnungssuche ad absurdum - manchmal geht es gar um Leben und Tod

Von Ekaterina Kel, Germering

Wenn es etwas gibt, worüber sich alle einig sind, dann ist es die Rasanz, mit der das Wohnen teurer wird. Nicht nur in München oder Hamburg, auch direkt vor der eigenen Nase. In Puchheim beispielsweise, wo die Preise mittlerweile so hoch sind, dass manche Häuser lange leer stehen, weil sie selbst für Gutverdiener aus München zu teuer sind - so beobachtet es zumindest die Puchheimerin und Regisseurin Cecilia Gagliardi. Sie bringt deshalb ein Stück auf die Bühne des Roßstall-Theaters, das den Unmut und die Empörung über das teure Hausen aufgreift und auf die Spitze treibt.

"Drei Morde, Küche, Bad" lautet der Titel des Theaterstücks, in Anlehnung an eine gängige Anzeige auf dem Immobilienmarkt - nur, dass diese normalerweise mit "drei Zimmer" losgeht. Der Autor Carsten Golbeck gab seinem neusten Stück, das 2016 uraufgeführt wurde, den Untertitel "Gentrifizierungs-Farce". So war es auch der Witz des Autors, der Gagliardi dazu verleitete, ausgerechnet "Drei Morde, Küche, Bad" zu inszenieren. Darin fänden sich zwar viele Comedy- und Slapstick-Elemente, so die Regisseurin, aber es gehe noch darüber hinaus: Die Welt, die sich daraus entspinne, sei "ein kleines Universum für sich", sagt sie. "Die Dinge reichen ein wenig über die Realität hinaus."

Was das genau bedeutet, veranschaulicht Gagliardi mit einer Frage: "Wie weit sind Sie bereit, für eine Wohnung zu gehen?" Die Protagonisten des Stücks, Uwe und Irene, gespielt von Oliver Kübrich und Gagliardi selbst, loten die Antwort im Laufe des Stücks für sich aus. Die beiden sind seit langem ein Paar, zusammengekommen sind sie während der Unizeit in den Siebzigern, als es noch selbstverständlich war, links zu sein. Seitdem ist viel Zeit vergangen, Irene will sich am liebsten als Feng-Shui-Beraterin selbständig machen und Uwe hängt noch dem Geist des Marxismus nach. Dann kommt das, wovor es kaum eine Rettung gibt: Ihre alte Wohnung wird luxussaniert, die beiden erwartet eine saftige Mieterhöhung. Uwe und Irene begeben sich also auf die Suche nach einer Wohnung. Als sie endlich für eine marode zentrumsnahe Dreizimmerwohnung all ihr Erspartes auszugeben bereit sind, einen Vorkaufsvertrag abschließen und in die neuen eigenen vier Wände einziehen, nimmt die Geschichte eine überraschende Wendung.

Jana (Katja Lisa Engel) und Philipp (Julian Brodacz) treten auf den Plan. Das junge Pärchen hat einen noch teureren Vorkaufsvertrag abgeschlossen - für dieselbe Wohnung. Philipp plant schon den Luxusbau und erwartet sehnsüchtig Investoren aus Asien, als Irene und Uwe, die zuerst in der Wohnung waren, über eine Leiche stolpern. Und diese hat wiederum einen dritten Vorkaufsvertrag in der Tasche.

Ein verkappter Linker, eine schräge Esoterikerin, ein junges Pärchen mit Geltungsdrang und eine Leiche - eine Kombination, die den schwarzen Humor geradezu verlangt. Gagliardi, die Regisseurin und professionelle Sängerin, spickte die Inszenierung mit ein paar musikalischen Einlagen, die sie mit den Schauspielern erarbeitete. So werden sie in einer Szene vor dem Publikum zusammen rappen. Neben dem humoristischen Teil seien in dem Stück aber auch tiefsinnige Botschaften enthalten, sagt die Regisseurin. Es gehe um die Frage, wie man sich solidarisch verhalten könne. "Wenn wir es schon nicht hinkriegen, wie sollen es dann die Flüchtlinge schaffen?", lautet beispielsweise eine Überlegung von Irene. Eine Besonderheit der Inszenierung ist, dass Gagliardi selbst nicht nur Regie führt, sondern auch eine der vier Hauptrollen spielt. Sie habe zunächst die drei anderen Charaktere zusammen mit den Schauspielern erarbeitet, bevor sie sich selbst in ihre Rolle als Irene begab.

Bei der Besetzung hatte es anfänglich ein wenig Pech gegeben: Die Premiere war auf den 12. Januar angesetzt, kurzfristig war eine Umbesetzung nötig. Doch der 26-jährige Julian Brodacz aus München, der zum ersten Mal im Roßstall-Theater zu sehen sein wird, sei ein hervorragender Ersatz, so Gagliardi. "Ich finde ihn grandios", sagt sie, innerhalb von drei Wochen habe Brodacz sich die Rolle des Philipp angeeignet. Einer erfolgreichen Aufführung am Samstag stehe nichts mehr im Wege.

Komödie "Drei Morde, Küche, Bad" von Carsten Golbeck. Premiere am Samstag, 24. Februar, 20 Uhr, im Roßstall-Theater. Weitere Vorstellungen: Freitag, 2. und Samstag, 3. März, jeweils 20 Uhr, und Samstag, 10. März, 19 Uhr

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SZ vom 22.02.2018
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