Die Älteren erinnern sich noch: Sie hießen „Utopia“, „Rainbow“ oder „Palm Beach“ - Diskotheken im Landkreis Fürstenfeldbruck. Wer heute so alt ist wie Hans Schmölz, 57, der kennt sie noch und hat sie in seinen jungen Jahren auch noch selbst besucht. Die Disco, das war damals das Nachtleben junger Menschen. Mit Musik und Alkohol. Zusammen mit Gleichgesinnten und Gleichaltrigen. Und auf jeden Fall ohne die Alten. Es war Jugendkultur und ein Stück Freiheit.
Diskotheken oder Clubs, wie sie sich seit geraumer Zeit nennen, sind lange nicht mehr so in Mode, wie das vor Jahren und Jahrzehnten noch war. Im Gegenteil, es hat ein regelrechtes Clubsterben eingesetzt. Nun trifft es auch das „Buck Rogers“ in Fürstenfeldbruck. Am Samstag steigt die letzte Party. Motto: „Good bye, R.I.P. Buck Rogers“. Ruhe in Frieden. Es wird keinen Nachfolger geben.
„Die jungen Leute setzen andere Prioritäten“, sagt Christian Raatz, Betriebsleiter des Clubs und selbst erst 32 Jahre alt. Er ist schon ein bisschen wehmütig. Im Buck Rogers seien auch viele Freundschaften entstanden, sei es unter den Stammgästen oder von Mitarbeiter zu Mitarbeiter. „Ich werde es schon vermissen.“

Der Club überstand 15 Jahre. Entstanden ist die Idee eines eigenen Nachtclubs über die Red Lounge Partys, die Hans Schmölz, Klaus Hörhager und Viktor Fischer vier- bis sechsmal im Jahr veranstalteten, zunächst in der Bar im Amperpark Emmering, später in der Tenne des Veranstaltungsforums Fürstenfeld. Anfang 2010 eröffneten Schmölz und Hörhager dann eine feste Location für die Partygemeinde in einem ehemaligen Druckereigebäude im Fürstenfeldbrucker Gewerbegebiet Hasenheide. Das Buck Rogers war gegründet - mit drei Bars, drei Lounges, einem eigenen Lichtkonzept und großem Tanzbereich. 500 Leute dürfen eingelassen werden.
Ein bisschen abgelegen ist der Standort zwar, und vom Bahnhof aus ist es schon ein ordentlicher Fußmarsch dorthin. Doch fortan trafen sich die jungen Menschen aus Fürstenfeldbruck und Umgebung im „Buck“, wie sie es nannten. Doch im Laufe der Zeit veränderte sich das Ausgehverhalten der jungen Leute. Das habe schon vor der Corona-Zeit begonnen, erinnert sich Hans Schmölz, und durch die Corona-Phase und die Einschränkungen des Lockdowns seien die jungen Leute dann regelrecht „entwöhnt“ worden. Wer damals 18 Jahre alt war oder wurde und endlich als Erwachsener ausgehen durfte, der habe dieses Gefühl wegen Corona „gar nicht so richtig kennenlernen können“, sagt Schmölz. Danach kamen die Feierwütigen nie wieder zur Gänze zurück.
Die Anziehungskraft des Nachtlebens lässt nach
Die Gründe, warum die Anziehungskraft des öffentlichen Nachtlebens nachlässt, sind vielfältig und treffen Locations in Klein- wie auch in Großstädten. Auch Christian Raatz hält es für ein grundsätzliches Problem: „Die anderen tun sich genauso schwer.“ Kommen nicht genügend Besucher, rechnen sich die Clubs für ihre Betreiber nicht. Ein regelrechtes Clubsterben greift um sich: Erst kürzlich machte das „Pistolero“ in Bad Tölz dicht, an diesem Wochenende verabschiedet sich in Landshut auch der Club „Trixi Schneider“ mit seinen letzten Partys. Am 10. Mai schließt nach mehr als 40 Jahren in Aichach der Traditionsclub „m-eins“, das Augsburger „Ostwerk“ macht am 24. Mai zu. Für diesen Samstag, wenn das Buck Rogers zum letzten Tanz bittet, hat sich ein Team des TV-Senders 3sat angesagt. Das Clubsterben ruft Interesse hervor. Doch irgendwie scheint es zu spät zu sein.
Aber warum will niemand mehr in den Clubs abtanzen? Hat es mit dem riesigen Konkurrenzprogramm zu tun, aus dem die jungen Leute auswählen können? Es gebe mittlerweile große Festivals, auf denen seien dann alle bekannten DJs auf einmal zu sehen, sagt Hans Schmölz. Regionale Veranstaltungen könnten da nicht mithalten. Und wie vieles andere ist auch das Nachtleben teurer geworden. Für unmittelbare und regionale Konkurrenz um die Aufmerksamkeit der jungen Menschen sorgen zunehmend auch groß angelegte Burschenpartys in den umliegenden Dörfern, veranstaltet von örtlichen Burschenvereinen und durchgeführt von Ehrenamtlichen. Schmölz zufolge ist es schwierig für einen kommerziellen Anbieter, dagegenzuhalten.
Social Media und Streamingdienste statt abfeiern
„Früher hat man für das soziale Leben weggehen müssen“, erinnert sich der 57-Jährige. Heute sei das nicht mehr so. Und viele Jugendliche orientierten sich ohnehin anders: Sie verbrächten viel Zeit auf Social Media und mit Abo-Angeboten wie Netflix oder Spotify, sagt Christian Raatz. Argumente, die auch die Shell-Jugendstudie vom vergangenen Jahr bestätigt, die deutschlandweit mehr als 2500 Jugendliche im Alter von zwölf bis 25 Jahren befragte und zu dem Ergebnis kam, dass „die digitalen Möglichkeiten von den Jugendlichen weiterhin vielfältig und immer häufiger genutzt werden“.

Eine Abschiedsparty hatte das Buck Rogers schon einmal abgehalten. Im Jahr 2018 war das gewesen, danach eröffnete die Location unter dem neuen Namen „Alte Druckerei“ und mit neuem Konzept: mit Bühne, Livemusik. „Mehr in Richtung Kultur“ sollte es gehen, sagt Hans Schmölz. Doch dann kam Corona. Als soziales Miteinander danach wieder erlaubt wurde, machte der Club als Buck Rogers wieder seine Türen auf.
„Es waren spannende 15 Jahre“, resümiert Hans Schmölz. Und sie waren auch generationenübergreifend, wenn erst die eigenen Freunde und dann deren Kinder als Gäste in den Club kommen. „Es ist toll, dass ich das erleben durfte“, sagt Schmölz und erinnert daran, dass im Buck Rogers in der Vergangenheit auch szenebekannte Akteure live zu Gast waren, Fritz Kalkbrenner zum Beispiel, Milk & Sugar oder der ehemalige DJ Stefan Dabruck, der heute Manager von Robin Schulz ist. „Da waren wir gut aufgestellt“, sagt er durchaus zufrieden. Und dann habe sich noch eine einmalige Gelegenheit ergeben, als das Buck Rogers 2014 beim Elektromusikfestival „Nature one“ auf der ehemaligen Raketenbasis Pydna im Hunsrück einen eigenen Floor bespielen durfte. „Das war schon ganz was Besonderes“.