Buchdrucker und Kupferstecher:Käfer-Alarm im Fichtenwald

Der Klimawandel hilft den Schädlingen und schwächt die Bäume. Försterin Anita Ottmann erklärt, was zu tun ist

Von Ingrid Hügenell, Mammendorf

35 Milliliter Buchdrucker, zwei Milliliter Nordischer Borkenkäfer, sechs Milliliter Kupferstecher - die Waldbesitzer haben noch etwas Zeit, um im Wald nach Bäumen zu suchen, die von Borkenkäfern befallen sind, sagt Anita Ottmann, Leiterin des Forstreviers Fürstenfeldbruck. Die kleinen Käfer - 40 Buchdrucker ergeben einen Milliliter - gehören zu den gefürchtetsten Schädlingen im Wald. Weil das Wetter im Mai kalt und feucht war, haben sie sich heuer noch nicht sehr weit entwickelt. Dennoch bleiben die Käfer eine große Gefahr für die Fichten, nicht nur im Landkreis. Wegen des Klimawandels werden die Sommer heißer und trockener. Das sind gute Lebensbedingungen für die Käfer, doch die Fichten leiden darunter. Mit ihren flachen Wurzeln erreichen sie das Wasser in tieferen Bodenschichten nicht. Die Bäume geraten in Stress, für die Käfer ein gefundenes Fressen.

Nach Ansicht von Ottmann sind die Tage der Fichte vor allem an den schlechteren Standorten im Landkreis gezählt. Der Borkenkäfer befalle jetzt schon Bäume, die erst 30 Jahre alt seien, sagt sie. Bisher waren erst 50-jährige Fichten bedroht. Die Försterin kontrolliert einmal pro Woche drei Käferfallen, die am Rand eines Waldstücks bei Mammendorf aufgestellt sind - eine für jede Art. Eine zweite Stelle mit Fallen befindet sich am Ortsrand von Oberschweinbach. Sie sind mit den artspezifischen Pheromonen der Käfer bestückt, Sexualduftstoffen, die die Tiere anlocken. Je mehr Käfer in der Falle sitzen, umso höher ist das Risiko, dass die Fichtenwälder von ihnen heimgesucht werden. Weil die Tiere so klein sind, werden sie gemessen, nicht gezählt. 35 Milliliter, das sind 1400 Tiere - die Gefahr ist noch nicht sehr hoch.

Buchdrucker und Kupferstecher: Anita Ottmann hat eine Käferfalle geleert.

Anita Ottmann hat eine Käferfalle geleert.

(Foto: Ingrid Hügenell)

Die erwachsenen Käfer bohren Löcher in die Rinde und legen ihre Eier hinein. Die Larven fressen sich unter der Rinde entlang und schädigen dabei die Leitungsbahnen, die die Bäume mit Wasser versorgen. Die Kupferstecher bohren die Äste der Baumkronen an. Stark befallene Bäume verdursten. Wenn die Nadeln erst rot, dann braun werden, ist es zu spät. Um zu verhindern, dass die Käfer sich weiter ausbreiten, müssen befallene Bäume gefällt und entrindet werden. Die Rinde muss anschließend verbrannt oder so gelagert werden, dass Larven und Käfer getötet werden.

Um den Befall zu erkennen, kontrollieren Förster und Waldbesitzer Rinde und Boden auf Bohrmehl. Wird es entdeckt, heißt es schnell handeln. Was genau wann zu tun ist, vermittelt das Forstamt privaten Waldbesitzern bei zwei Fortbildungen an diesem und kommenden Dienstag.

Ottmann zufolge gibt es immer mehr Waldbesitzer, die keine Bauern sind, auch eine Folge des Höfesterbens. Die Nachkommen ehemaliger Landwirte kennen sich oft nicht so gut aus und könnten Käferbefall eher übersehen, sagt Ottmann - mit bösen Folgen für die Nachbarn. "Die Leute sind zur Bekämpfung verpflichtet", erklärt sie. Viele halten sich auch daran, doch gerade eben hat die Försterin zusammen mit der Unteren Naturschutzbehörde im Landratsamt eine Ersatzvornahme eingeleitet. Ein Waldbesitzer hatte trotz wiederholte Aufforderung seine Käferbäume nicht entfernt. Nun haben die Ämter einen Unternehmer in den betreffenden Wald geschickt, der die befallenen Fichten herausholt. "Ich verstehe die Leute nicht, die nichts machen", sagt Ottmann. "Die haben keinen Vorteil davon. Wenn der Waldbesitzer einen Unternehmer beauftragt und der die Bäume verkauft, bringt das einen Erlös. Draufgezahlt hat seit 15 Jahren keiner."

Seit dem Sturm Niklas 2015, bei dem viele Fichten umstürzten, und den darauffolgenden heißen und trockenen Sommern sei jedes Jahr ein Käferjahr gewesen, erklärt das Forstamt. Seit 2016 habe es immer drei Generationen Borkenkäfer pro Jahre gegeben, sagt Ottmann. "Ein Weibchen kann dann 100 000 Nachfahren haben." Deshalb müssen die Waldbesitzer ihre Bestände rechtzeitig kontrollieren und eingreifen, wenn es nötig ist. Langfristig hilft nur der Umbau zu Mischwäldern mit mehr Laubbäumen. Natürliche Feinde hat der Borkenkäfer auch: Spechte zum Beispiel, räuberische Käfer oder Erz- und Schlupfwespen, die ihre Eier in die Käferlarven legen. Gegen einen Massenbefall kommen sie aber nicht an. Dann muss im Wirtschaftswald der Mensch eingreifen.

Private Waldbesitzer können sich bei Exkursionen in den Wald von Förstern erklären lassen, wie man den Befall erkennt und was dann zu tun ist. Die erste findet am Dienstag, 25. Juni, von 17.30 Uhr an mit Försterin Anita Ottmann statt, Treffpunkt ist am Parkplatz des Amts für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten in Puch. Die zweite leitet Förster Michael Rampp aus Türkenfeld am Dienstag, 2. Juli, Beginn 18 Uhr. Treffpunkt ist die Willibaldskirche in Jesenwang. Anmelden muss man sich nicht, die Teilnahme ist kostenlos.

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