Brucker Zeitgespräche:Zankapfel Journalismus

Zeitgespräch Gnadenkirche

"Brucker Zeitgespräch" mit Alexander Filipovic, Professor für Medienethik in München.

(Foto: Günther Reger)

Eine kontroverse Diskussion in Bruck über die Rolle der Presse

Von Katharina Knaut, Fürstenfeldbruck

"Es wird geschrieben, was die Politik vorgibt", beendet eine Frau im Publikum ihr kurzes Plädoyer. Im Raum erhebt sich ein Murmeln der Zustimmung. Herausfordernd blickt sie zu dem Referenten Alexander Filipović , der im Zuge der Brucker Zeitgespräche im Gemeindezentrum der Gnadenkirche einen Vortrag hält. Einen Abend lang spricht der Professor für Medienethik an der Hochschule für Philosophie in München über die Begriffe Fake News, Lügenpresse und das schwindende Vertrauen in die Medien. Ein Thema, bei dem die Meinungen auseinandergehen. Eine gute Stunde lang diskutieren die rund 40 Anwesenden über Social Bots, Datenspeicherung, die Glaubwürdigkeit der Berichterstattung sowie das Verhältnis zwischen Politik und Medien.

Vor allem letzteres Thema nimmt einen großen Teil der Diskussion ein. Auf die Anmerkung der Frau aus dem Publikum antwortet Filipović mit einem Kopfschütteln. Man habe viel aufgedeckt in letzter Zeit, erklärt er. Und laut Studien sei der Journalismus qualitativ besser als früher. Er spricht von den Medien als vierte Gewalt, die man brauche, um die Mächtigen zu kontrollieren. Eine Ansicht, die die Frau nicht teilt. "Es sind nicht die Medien, die die Mächtigen kontrollieren, sondern umgekehrt," sagt sie. Als Beispiel führt sie die Berichterstattung über Obama und Schulz an, die sie als Kampagnenjournalismus bezeichnet. "Mittlerweile verlasse ich mich nicht mehr darauf, was die öffentlich-rechtlichen Sender sagen."

Eine Einstellung, die einige Menschen in Deutschland teilen, wie aus Filipovićs Vortrag hervorgeht. Als Referenz bezieht er sich auf eine Studie des Allensbacher Instituts aus dem Jahr 2017, die sich mit der Glaubwürdigkeit von Medien beschäftigt. Danach stufen die Befragten vor allem die Berichterstattung über Flüchtlinge, Putin und größere Bauprojekte als wenig glaubwürdig ein. Die Regionalberichterstattung wird hingegen als vertrauenswürdig bewertet. Demnach ist das Vertrauen in die Medien auch themenabhängig. "Vor allem durch die Berichterstattung über die Ukraine haben die Medien an Glaubwürdigkeit verloren", führt Filipović aus. Dabei sei professioneller Journalismus im Zeitalter von Facebook, Twitter und ähnlichen Plattformen umso wichtiger. Die neuen Technologien bieten zwar einerseits eine große Chance, die öffentliche Kommunikation zu bereichern, da beinahe jeder an ihr teilhaben kann, oft werden die Plattformen jedoch zur Beeinflussung der Menschen missbraucht. Das habe man an der amerikanischen Präsidentschaftswahl sehen können. "Man macht sich manipulierbar durch Filterblasen, Polarisierung und Datenspeicherung."

"Wozu haben wir denn unsere Politiker?", schimpft eine Frau im Publikum. "Die müssen uns doch schützen. Die Politik macht nichts." Ganz so einfach sei es nicht, meint der Filipović. Er sei zwar ebenfalls der Meinung, dass die Politik vor allem in der Datenspeicherung mehr machen könne. "Aber es sind die Verbraucher, die entsprechende Geräte kaufen und damit ihr Einverständnis geben." Mit Politik könne man das nicht einfangen, höchstens mit einer Änderung im Konsumverhalten. Ähnlich sei es mit dem Erhalt von professionellen Nachrichten und qualitativ hochwertiger Berichterstattung. "Viele Medienhäuser sind in den vergangenen Jahren ausgedünnt, auch aufgrund des Internets. Wenn man professionellen Journalismus verlangt, dann muss man auch bereit sein, dafür zu bezahlen."

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: