Brauchtum:Sehnsucht nach Licht

Weit mehr als 1000 Schaulustige verfolgen an der Amper und auf dem Leonhardsplatz den Brucker Brauch des Luzienhäuschen-Schwimmens. Zuerst werden die 213 Bastelarbeiten gesegnet, dann übergeben Helfer der Wasserwacht die Miniaturbauten von Kindern den Fluten

Von Johanna Pfaffenzeller, Fürstenfeldbruck

Zum LuzienhäuschenSchwimmen haben sich am Dienstagabend weit mehr als 1000 Schaulustige auf den Leonhardsplatz an der Amper in Fürstenfeldbruck versammelt. Sie wollten am Luzientag miterleben, wie 213 der leuchtenden Häuschen den Fluten der Amper übergeben werden. So viele Exemplare hatten Kinder an der Grundschule Mitte und der Grundschule an der Philipp-Weiß-Straße in mehrwöchiger Arbeit gebastelt.

Neben einer provisorischen Bühne sind auf einem Labyrinth aus Tischen die bunten Luzienhäuschen der Kinder aufgestellt. "Meine ganze Familie hat mir beim Basteln geholfen", erklärt ein Mädchen aus der Grundschule Mitte. Fast zwei Monate haben sie zusammen gewerkt. Für Brigitta Klemenz vom Pfarrverband Fürstenfeldbruck ist die gemeinsame Arbeit ein schöner Teil der Tradition. "Die Kinder müssen auch lernen, ihre Häuschen, in die sie so viel Arbeit gesteckt haben, wieder herzugeben", sagt Kulturreferentin Klemenz. Bevor diese allerdings ihre erste und letzte Fahrt starten, werden sie bei einem kleinen ökumenischen Gottesdienst gesegnet.

Nach dem amtierenden Bürgermeister Erich Raff ergreift Klemenz das Wort. Sie erklärt, dass Luzia ihr Leben lang Arme unterstützt habe. Um beide Hände frei zu haben, trug sie einen Kerzenkranz auf dem Kopf, deswegen werde die Märtyrerin seit ihrem Tod vor etwa 1800 Jahren als Heilige des Lichts verehrt. Deshalb wiederum hätten die Brucker Bürger bei einer Hochwassergefahr die Heilige um Hilfe gebeten. Als der Wasserstand zurückging, setzten die Menschen Häuschen auf der Amper aus, um Luzia für den Beistand zu danken.

Pfarrer Niclas Willam-Singer von der Erlöserkirche vergleicht Luzia mit einem Zitat Jesu aus der Bibel. "Ich bin das Licht der Welt", steht dort geschrieben. Luzia, so der Pfarrer, solle das für die Menschen versinnbildlichen. "Wir alle tragen in uns die Sehnsucht nach Licht", erklärt er. "Luzia leuchtet voran zur Offenheit." Auch die fleißigen Bastler der Grundschulen haben einen Teil des Gottesdienstes mitgestaltet. Zusammen lesen sie Fürbitten vor und beten für Arme und Kranke. Anschließend kommt Bewegung in die Menge. Die Häuschen werden gesegnet, gemeinsam mit Raff und Willam-Singer zündet Klemenz mit dem Licht der Osterkerze die Kerzen in den Häuschen an. Dann übergeben die Kinder diese der Brucker Wasserwacht.

Die Schaulustigen drängen sich bereits an beiden Ufern sowie auf der Brücke und warten auf das erste Häuschen. Stromaufwärts sieht man ein Flackern, dann wird das ersten Häuschen mit Vorgarten und Blumen auf dem Dach den Fluten übergeben. Eines nach dem anderen setzt ein Vertreter der Wasserwacht alle Bauwerke in die Amper, als leuchtende Karawane passieren diese die Menge. Aus dem allgemeinen Gemurmel ertönen immer wieder Freudenschreie der Kinder, wenn sie ihr eigenes Häuschen schwimmen sehen. Die Häuschen, die schon auf den ersten Metern ans Ufer treiben, werden mit Stöcken zurück in die Mitte gestoßen.

Zuschauerin Petra Vögele genießt das leuchtende Schauspiel. Obwohl ihre Kinder längst nicht mehr mitmachen, kommt sie jedes Jahr wieder zur Amper. "Das Thema war früher sehr wichtig für Bruck. Die Amper war reißend und es gab viel Hochwasser", erklärt die Stadtführerin. Auch für die Umwelt sei das heute kein Problem mehr, da auf Plastik und Styropor verzichtet werde. "Das ist so eine schöne Tradition", findet die 59-Jährige. "Ich freue mich schon, wenn ich in ein paar Jahren mit meinem Enkel herkommen kann."

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: