Brauchtum:Hoch hinaus

GERMERING: Maibaum Aufstellen

Brauchtum mit Bier: Maibaumaufstellen macht durstig, die Helfer ebenso wie die Besucher.

(Foto: Johannes Simon)

Am Montag werden neue Maibäume aufgestellt. Vielerorts ist das mittlerweile eine Ganztagsveranstaltung

Von Heike A. Batzer, Fürstenfeldbruck

Sie hatten ihren Baum eigens unter das Vordach einer Lagerhalle gehängt und befestigt - und dennoch ist er ihnen abhanden gekommen. Maibaumdiebe aus mehreren Dörfern rund um Egling hatten sich zusammengetan und den im Mittelstettener Ortsteil Vogach aufbewahrten Baum im Schutz der Dunkelheit abtransportiert. Erst am 1. Mai wird er zurückkommen, kurz bevor er von 9.30 Uhr an aufgestellt werden soll. Herrichten werden ihn die Vogacher zwischenzeitlich im Exil, so ist das mit den Dieben abgesprochen. Die Auslöse, die die Vogacher bezahlen müssen, ist ebenfalls ausgehandelt: 175 Liter, ausgeschenkt als Bier oder Goaßn-Mass, dazu 50 Portionen Rollbraten mit Spätzle, auszuzahlen im Form eines Extrafestes.

Das Vogacher Exemplar ist wohl das einzige geblieben, das in diesem Jahr im Landkreis stibitzt wurde. An mehr als einem Dutzend Orten und Ortsteilen werden am Montag, 1. Mai, neue Maibäume aufgestellt. Schon die Vorarbeiten dafür sind enorm: Der Baum wird aus dem Wald geholt, geschmückt und tage- und nächtelang bewacht. Und so erinnert Türkenfelds zweiter Bürgermeister Emanuel Staffler daran, dass "unzählige Arbeitsstunden nötig sind, um sowohl den Maibaum wie auch die zum Aufrichten des Baumes notwendigen Gerätschaften vorzubereiten". Erstmalig soll im Landkreis im Jahr 1707 in Emmering ein Maibaum aufgestellt worden sein. Der Brauch hält sich seit nunmehr 300 Jahren. "Man identifiziert sich mit seinem Baum und seinem Ortsteil", sagt Benjamin Krois, der im Fürstenfeldbrucker Stadtteil Puch Sprecher des Maibaumvereins ist. Schließlich habe man viel Zeit investiert und "jeder ist persönlich froh, wenn er schön wird und wenn nix passiert."

In Puch kümmert sich der 2005 gegründete Maibaumverein alle drei Jahre um das Aufstellen. Mittelstetten leistet sich sogar jedes Jahr einen neuen Baum. "Es ist ein Naturbaum", erklärt Bürgermeister Andreas Spörl, "und die verrotten schneller". Andernorts - wie in Puch oder Türkenfeld - erhalten die Bäume einen Farbanstrich, zumeist in bayerischem Weiß-Blau. Er gilt als schöner und haltbarer.

Immer häufiger wird das Maibaumaufstellen zur Ganztagsveranstaltung. Eine Stunde, bevor starke Männer um 9.30 Uhr damit beginnen, den Baum in die Höhe zu hieven, gibt es in Puch Weißwürste, mittags dann Schmankerl vom Grill. Später, nach der Begleitmusik der Brucker Stadtkapelle, spielt eine Partyband an der Bar auf. Bei schlechtem Wetter wird ein Zelt aufgebaut. Auch die Türkenfelder laden rund um den Maibaum zum Verzehr der "Türkenfelder Bratwurst" ein sowie zu Kaffee und Kuchen und den Klängen der örtlichen Blaskapelle am Nachmittag. Etabliert hat sich auch dort eine Maibaum-Bar.

Der Geschäftstüchtigkeit am 1. Mai sind keine Grenzen gesetzt. Und so will die Burschenschaft Unterpfaffenhofen, die um 11.30 Uhr in Germering an der Salzstraße einen neuen Baum aufstellen wird, Brauchtumsliebhabern erstmals die Gelegenheit geben, unterschiedlich große Stücke des Vorgängermodells zu ersteigern. In Türkenfeld stand seit fast einem Dreivierteljahr ohnehin kein Maibaum mehr. Weil sie kein Geld für eine notwendige gutachterliche Standfestigkeitsprüfung ausgeben wollten, haben ihn die Feuerwehrmänner vorzeitig abgesägt und Teile gegen Spenden abgegeben. Manchmal greift auch die Natur in die Lebensdauer eines Maibaums ein, 2003 zum Beispiel, als jener in Puch vom Blitz zerstört wurde. Manchmal sind es auch bloß die Nachbarn. Einen spektakulären Klau organisierten vor drei Jahren die Unterbrunner Burschen, die im letzten Dienstmonat des damaligen Brucker Oberbürgermeisters Sepp Kellerer den Baum aus dem umzäunten Gelände des Fliegerhorstes stahlen. Den Puchern war ihr Baum einmal sogar unmittelbar nach dem Fällen im Wald gestohlen worden. "Das ist gegen die Spielregeln", sagt Krois. Eine Auslöse gab's deshalb nicht. "Wir haben einfach einen neuen umgeschnitten."

Maibaumaufstellen am Montag, 1. Mai, in Alling-Holzhausen, Althegnenberg, Gernlinden, Günzlhofen, Jesenwang, Luttenwang, Mittelstetten, Nassenhausen, Olching, Puch, Türkenfeld, Unterpfaffenhofen, Vogach, Wenigmünchen.

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