Blüte im Herbst:Umstrittenes Greening

Lesezeit: 1 min

Zwischenfrüchte sind im Herbst auf vielen Feldern zu sehen. Die Biodiversität erhöhen sie kaum. (Foto: Jakob Berr)

Zwischenfrüchte bringen kaum etwas für die Artenvielfalt

Von Ingrid Hügenell, Fürstenfeldbruck

Momentan kann man im Landkreis immer wieder Felder sehen, auf denen es gelb, weiß und lila blüht. Jetzt, im Herbst? Was da blüht, sind meist Ölrettich, Alexandrinerklee, Ramtillkraut und Sonnenblumen. Es sind Zwischenfrüchte, die Landwirte im Rahmen des Greenings nach der Ernte der Hauptfrucht gesät haben. Mit dem 2015 eingeführten Greening-Programm der Europäischen Union soll die konventionelle Landwirtschaft ökologischer werden. Zehn Maßnahmen sind dazu vorgesehen. Konventionelle Betriebe erhalten die vollen Direktzahlungen nur noch, wenn sie Greening-Maßnahmen vorweisen können.

Durch ökologische Vorrangflächen (ÖVF) soll dem Artenschwund in der Agrarlandschaft entgegen gewirkt werden. Mögliche Maßnahmen sind die Anlage von Brachflächen und Randstreifen an Gewässern und Wäldern. Mit Abstand am beliebtesten ist laut Bayerischem Bauernverband jedoch der Anbau von Zwischenfrüchten. Sie bringen auf den Feldern einige Vorteile. Ölrettich etwa, der große, tief reichende Wurzeln ausbildet, lockert die Erde. Leguminosen wie der Alexanderinerklee reichern den Boden mit Stickstoff an. Insgesamt vermindert die Bedeckung des Bodens im Winter Erosion durch Niederschläge und Wind. Die Zwischenfrüchte müssen bis 15. Februar stehen bleiben, danach kann der Landwirt wieder Getreide, Mais oder sonstige Feldfrüchte anbauen. Einer europäischen Studie von 2018 zufolge hat das Greening kaum positiv auf die Artenvielfalt gewirkt. Ausgerechnet die in Bayern beliebten Zwischenfrüchte schneiden nach Untersuchungen internationaler Wissenschaftler besonders schlecht ab.

Der Agrarwissenschaftler Sebastian Lakner hält laut der Bayerischen Akademie für Naturschutz und Landschaftspflege diese Entwicklung für einen "ökologischen Irrweg" und für "Verschwendung von Steuergeldern": "Die Landwirte bekommen im Rahmen des Greenings je nach Berechnungsmethode zirka 800 Euro pro Hektar für ÖVF-Maßnahmen, obwohl der Großteil dieser Flächen nicht dem Artenschutz zugutekommt." Dagegen bringe eine typische Umweltmaßnahme auf Ackerland nur 500 bis 700 Euro pro Hektar ein, im Grünland sind die Prämien noch etwas niedriger.

"Da wird also eine unspezifische Maßnahme, die für die Biodiversität irrelevant ist, deutlich höher honoriert als eine aufwendige Maßnahme wie etwa der gezielte Schutz von Rebhühnern auf dem Acker", kritisiert er.

© SZ vom 19.10.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: