Puchheim:Vom Flaum zum Faden

Puchheim: Wie Fahrradfahren: Monika Unglert hat ein bisschen gebraucht, bis sie das Spinnen gelernt hat. Jetzt geht es von ganz allein und ist sehr meditativ.

Wie Fahrradfahren: Monika Unglert hat ein bisschen gebraucht, bis sie das Spinnen gelernt hat. Jetzt geht es von ganz allein und ist sehr meditativ.

(Foto: Carmen Voxbrunner)

Bei einem Kurs auf ihrem Bio-Hof in Puchheim will Monika Unglert vermitteln, wie Schafwolle verarbeitet wird - Erfahrungen am Spinnrad inklusive.

Von Ariane Lindenbach, Puchheim

Ein leises, rhythmisches Quietschen erfüllt die Spinnstube am Biolandhof Unglert in Puchheim. Monika Unglert sitzt am Spinnrad, mit dem rechten Fuß tritt sie regelmäßig das Pedal, mit der linken Hand zieht und zwirbelt sie gleichmäßig, unterstützt von ihrer Rechten, das flaumige Schafwoll-Vlies zum Spinnrad.

Dort, auf der Spule, wird das naturweiße, aufgewickelte Garn immer mehr. Bei manchen Gelegenheiten, etwa am Bauernhofmuseum Jexhof, hat die 63-jährige Biolandwirtin das alte Handwerk schon vorgeführt. Jetzt bietet sie mit der Solidargemeinschaft Brucker Land einen Kurs an: "Wolle: Vom Rohprodukt zum fertigen Faden". Die Teilnehmer sollen an einem Nachmittag erfahren, wie Schafwolle nach der Schur präpariert und schließlich gesponnen wird. Das Interesse scheint groß - auch der Bayerische Rundfunk hat sich mit einem Fernsehteam angekündigt.

Der Kurs am 19. April ist aus Platzgründen schon belegt; im Juli soll es einen weiteren geben. Das Interesse an dem alten Handwerk keimt der 63-Jährigen zufolge wieder auf. Seit der Kurs angekündigt wurde, haben sich einige Interessierte gemeldet, vor allem Frauen. Weil das Fernsehteam dabei sein wird, ist in der Spinnstube wenig Platz.

Auch einige Spinnenräder hat Monika Unglert seither geschenkt bekommen. Sie freut diese Entwicklung, weil sie Schafwolle für einen äußerst wertvollen und nachhaltigen Rohstoff hält, der noch viel mehr genutzt werden müsste.

Schafwolle hat thermoregulierende Eigenschaften, ist schmutz- und wasserabweisend

Puchheim: Kuschelig: Auch Hausschuhe aus Fell gibt es in der Spinnstube.

Kuschelig: Auch Hausschuhe aus Fell gibt es in der Spinnstube.

(Foto: Carmen Voxbrunner)
Puchheim: Wie Wärmepflaster, nur nachhaltiger: Die Wolle-Wickel mit hohem Lanolinanteil wärmen und entspannen schmerzende Körperteile.

Wie Wärmepflaster, nur nachhaltiger: Die Wolle-Wickel mit hohem Lanolinanteil wärmen und entspannen schmerzende Körperteile.

(Foto: Carmen Voxbrunner)

Schafwolle ist schmutz- und bis zu einem gewissen Grad wasserabweisend. Sie nimmt kaum Gerüche an und hat sogenannte thermoregulierende Eigenschaften: Bei Kälte wärmt sie, bei Hitze kühlt sie. Das liegt am Lanolin, dem natürlichen Wollwachs. In ihrer Spinnstube verkauft Unglert etliche Produkte ihrer Tiere: Hausschuhe, Socken, wärmende Woll-Wickel aus Schafwollvlies, verwendbar wie Wärmepflaster, mit einem hohen Lanolingehalt. Zudem gibt es Düngepellets - eine Mischung aus Schafwolle und Schafmist.

Die Rohwolle wird aufwändig gereinigt, gekämmt und in weiteren Schritten zu den sogenannten Flocken aufbereitet, die Monika Unglert verspinnt. Doch wirtschaftlich lohne sich das nicht, die Nachfrage sei nicht groß genug. Dafür sei die Konkurrenz aus Australien und Neuseeland mit ihren riesigen Schafherden umso größer.

750 Kilogramm Schafwolle fallen pro Jahr in Puchheim an, verarbeitet wird das meiste in Österreich

750 Kilogramm Schafwolle kommen pro Jahr von den 250 Tieren auf dem Biolandhof zusammen. Das meiste wird von der Solidargemeinschaft Werdenfelser Land abgenommen und weiterverarbeitet.

Gewaschen wird die Schafwolle aus Puchheim-Ort in einem Gebirgsbach bei Saalfeld in Österreich, vieles in Kooperation mit der Solidargemeinschaft gleich im Nachbarland weiterverarbeitet. Die fertigen Produkte kommen wieder in die Spinnstube auf dem Unglerthof. In Österreich, sagt die Puchheimerin, "da sind sie schon ein bisschen weiter". Der Stellenwert von Schafen und Erzeugnissen aus ihrer Wolle sei dort viel höher, weil man die Natur und naturnahe Nahrungsmittel mehr wertschätze, aber auch, weil die Herdentiere die Bergalmen vor dem Verbuschen bewahren. "Wenn die Almen verbuschen, kommen keine Touristen mehr."

Puchheim: Bio-Schafwoll-Düngepellets: Die Mischung aus Schafswolle und Dung lässt Pflanzen besser wachsen.

Bio-Schafwoll-Düngepellets: Die Mischung aus Schafswolle und Dung lässt Pflanzen besser wachsen.

(Foto: Carmen Voxbrunner)

Das Spinnen zu lernen, ist Unglert zufolge am Anfang nicht ganz einfach. "Die Verbindung vom Treten und Wolle loslassen, das dauert ein bisschen, das ist wie beim Fahrrad fahren." Aber wenn man es erst beherrsche, verlerne man es auch nicht mehr. Sie selbst besuchte zunächst, motiviert von ihrer Verwandschaft, einen VHS-Kurs, kam aber mit dem gleichzeitigen Treten und Ziehen in Anwesenheit der anderen Kursteilnehmer nicht zu Rande. Erst als sie es zu Hause öfter alleine probiert habe, habe sie es gelernt. Inzwischen empfindet sie das Spinnen als beruhigende, meditative Tätigkeit. Das leise, rhythmische Quietschen mag dazu beitragen.

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