Billiges Geld für Bruck:Profitieren von der Euro-Krise

Weil Kommunen als sichere Schuldner gelten, zahlt Fürstenfeldbruck erstmals für einen Kredit keine Zinsen mehr.

Gerhard Eisenkolb

Erstmals erhält die Kreisstadt in diesem Jahr einen Bankkredit über 1,14 Millionen Euro mit einer Laufzeit von zehn Jahren, für den sie überhaupt keine Zinsen mehr bezahlen muss. Zudem hat Stadtkämmerer Johann Kronauer zum Jahreswechsel ein Darlehen über 1,8 Millionen Euro umgeschuldet, dessen Zinssatz nur noch bei 1,6 Prozent liegt, allerdings werden die Konditionen alle sechs Monate neu vereinbart. Für Kassenkredite mit einer Laufzeit von einem halben Jahr, zahlt Kronauer zurzeit nur 0,5 bis 0,6 Prozent Zinsen. Neben dem Staat, der am Montag erstmals Bundesanleihen zu Negativzinsen platzieren konnte, profitieren also auch die Kommunen von der Krise am Kapitalmarkt. Dieses Phänomen bezeichnet der Brucker Sparkassenchef Klaus Knörr jedoch als "Anlagenotstand". Da Kommunalkredite wegen der Staatshaftung für Banken mit keinem Risiko verbunden sind, müssen sie nicht mit Eigenkapital unterlegt werden. Deshalb gibt es laut Knörr einen Wettbewerb der Anleger um solche "sicheren Schuldner". In einer solchen Situation bestehe das Problem der Sparkasse darin, überhaupt noch zum Zug zu kommen. Die Linie seines Hauses beschreibt der Sparkassenchef folgendermaßen: "Wir wollen die Kommunen bestmöglich bedienen, aber nicht jenseits der bankbetriebswirtschaftlichen Vernunft." Konditionen mit einer Verzinsung von null Prozent lägen jenseits des Marktes. Gebe es trotzdem solche Angebote, sei dieses Verhalten nur noch mit der Angst der Anleger zu begründen. Für Sparkassenkredite mit einer Laufzeit von einem Jahr müssen Städte und Gemeinden zurzeit nur noch rund 0,9 Prozent Zinsen berappen. Für Darlehen, die erst in zehn Jahren fällig werden, liegt der Zinssatz zwischen 2,5 und 2,7 Prozent. Trotz dieser günstigen Konditionen ist laut Knörr der Finanzbedarf der Landkreiskommunen "rückläufig". Das billige Geld seines Hauses sei bei Kämmerern nicht sonderlich gefragt, weil die Haushaltskonsolidierung Vorrang vor der Ausweitung der Verschuldung hat oder weil die Kommunalaufsicht einfach keine weiteren Kredite mehr genehmigt. Ähnliche Konditionen wie die Sparkasse bietet auch die Volksbank Fürstenfeldbruck den Städten und Gemeinden. Laut Knörr sind Kommunalkredite für die Sparkasse zurzeit ein "Nullsummenspiel". Es sei damit nichts mehr zu verdienen. Das Geld werde zu den Selbstkosten weitergereicht, die sich aus der Verzinsung der Kundeneinlagen ergäben. Die Volksbank will laut deren Chef Walter Müller auch mit den "sehr knapp kalkulierten Kommunaldarlehen" noch einen kleinen Gewinn machen. Sonst sei dieser Geschäftszweig "uninteressant". Günstige Konditionen sollten nicht dazu verführen, Schulden zu machen. Müller hält die Kapitalmarktkrise zudem nicht für eine Banken-, sondern für eine Staatsschuldenkrise. Deshalb sei Deutschland auch nicht der "Musterknabe der EU". Günther Gaillinger, der Kämmerer von Germering, schließt nicht mehr aus, dass bei einem Anhalten des Trends demnächst mehr Banken zinslose Kommunalkredite mit einer kurzen Laufzeit anbieten könnten. Das sei aber noch kein Grund, sich in Schulden zu stürzen. Niedrige Zinsen sollten nur für solche Investitionen willkommen sein, die sowieso getätigt würden. Das infolge der geringen Zinsen gesparte Geld sollte laut Gaillinger in eine höhere Tilgungsrate fließen. Den kostenlosen Kredit erhält Fürstenfeldbruck über ein Sonderprogramm der Bayerischen Landesbodenkreditanstalt. Das Geld fließt in den energetischen Umbau der Schule Mitte, womit auch der besonders günstige Zins begründet wird. Der Umbau soll rund zehn Millionen Euro kosten. (Kommentar)

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