Bildung:Das Ende des Doppellebens

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Kleiner Kreis: Die Absolventen der Berufsschule plus haben mit ihren Abiturprüfungen begonnen - auf Abstand und mit Maske. (Foto: Carmen Voxbrunner)

Als erster Jahrgang machen 13 junge Männer und Frauen an der Berufsschule neben ihrer Berufsausbildung auch das Fachabitur

Von Heike A. Batzer, Fürstenfeldbruck

Gleich mehrere Ausbildungen haben 13 junge Leute aus Fürstenfeldbruck und Umgebung in den vergangenen drei Jahren zeitgleich absolviert. Neben ihrer Berufsausbildung und dem damit verbundenen obligatorischen Besuch des Unterrichts an der Berufsschule waren sie für ein Abendschulprogramm eingeschrieben, das sich Berufsschule plus nennt und mit dem sie zusätzlich zu ihrem Ausbildungsabschluss auch die Fachhochschulreife erreichen können. Bevor sie freilich alle Zeugnisse in der Tasche haben, müssen sie nun noch ihre Fachabiturprüfungen in den Fächern Deutsch, Englisch und Mathematik ablegen. Diese begannen am Montag mit der Prüfung in Deutsch. Für die Berufsschule Fürstenfeldbruck ist es der erste Jahrgang dieser Doppelausbildung, der nun vor dem Abschluss steht.

Zwei junge Frauen und elf junge Männer haben durchgehalten über die drei Jahre. Die beiden Frauen wurden als medizinische Fachangestellte und Krankenpflegerin ausgebildet, die jungen Männer vor allem in technischen Berufen. Das Plus-Zusatzprogramm gilt als anspruchsvoll und richtet sich an leistungsstarke Bewerber, die sich zutrauen, parallel zu ihrer Ausbildung in Betrieb und Berufsschule abends und an Wochenenden auch noch für das Fachabitur zu lernen. Der Zusatzunterricht fand jeweils dienstags und donnerstags zwischen 17 und 20.15 Uhr an der Berufsschule statt. Ein ganzer Tag im Betrieb oder im normalen Berufsschulunterricht steckte ihnen da schon in den Knochen. Wie anspruchsvoll das Programm ist, zeigte sich auch an der Entwicklung der Schülerzahlen. Begonnen hatten vor drei Jahren 40 Bewerberinnen und Bewerber, zu den Abiprüfungen treten nun nur 13 davon an. Die meisten sind noch im ersten Halbjahr ausgestiegen, als sie erkannten, dass sie dem Zeitaufwand und den Anforderungen, die ein solches Doppelleben als Auszubildender und Abiturient mit sich bringt, nicht gewachsen sind.

Umso mehr freut sich Christoph Vögerl, Lehrer und Koordinator der Berufsschule plus, "dass es 13 Leute gepackt haben. Das macht mich auch stolz". Jene, die durchhielten, hätten die Mehrfachbelastung als "erträglich" erlebt und sich daran gewöhnt, sei ihm berichtet worden. Die Absolventen könnten künftig ebenso wie Absolventen der Fachoberschule (FOS) ein Studium an einer Fachhochschule beginnen, hätten zudem aber noch "eine Berufsausbildung im Gepäck", sagt Vögerl. Handwerk, Industrie und Handel erhoffen sich dadurch, dem Fachkräftemangel begegnen zu können und junge Menschen zurückzugewinnen, die zumeist der akademischen Bildung den Vorzug geben gegenüber der beruflichen Bildung.

Die Berufsschule Fürstenfeldbruck bietet den Plus-Zweig seit drei Jahren an. In den nachfolgenden Plus-Jahrgängen befinden sich derzeit 15 Schüler (zehnte Klasse) und acht Schüler (elfte Klasse). Für das kommende Schuljahr können sich Interessenten bereits anmelden. Voraussetzungen sind ein mittlerer Bildungsabschluss mit einem Notendurchschnitt von mindestens 3,5 in den Fächern Deutsch, Englisch und Mathematik oder der Nachweis, in die Oberstufe des Gymnasiums aufrücken zu dürfen. Die aktuellen Prüflinge sollen dann am 22. Juli im Rahmen einer kleinen Feier in der Aula des neuen Berufsschulgebäudes an der Hans-Sachs-Straße verabschiedet werden.

© SZ vom 29.06.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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