Süddeutsche Zeitung

Bilder und Skulpturen:Annäherungen an eine Farbe

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Die Jahresausstellung der Künstlervereinigung beschäftigt sich mit dem Thema "Weiß"

Von Florian J. Haamann, Fürstenfeldbruck

In der Kunst steht das Weiße oft am Anfang der Arbeit. Die weiße Leinwand, der weiße Marmor- oder Kalksteinblock. Oder im übertragenen Sinne jedes andere unbearbeitete Material. Weiß ist der Ausgangspunkt, aus ihm entsteht Stück für Stück etwas, bis am Ende das Kunstwerk steht. Was aber, wenn es andersherum ist? Wenn Weiß auch Ende soll?

Dieser Aufgabe haben sich die Mitglieder der Künstlervereinigung Fürstenfeldbruck für ihre diesjährige Jahresausstellung angenommen, die nun in den Räumen der Fürstenfeldbrucker Sparkasse zu sehen ist.

Die Antworten, die die Künstler gefunden haben, sind interessant und teilweise durchaus überraschend. So arbeitet Ingrid Redlich-Pfund tatsächlich nur mit einem Weißton, dafür aber mit einer interessanten Technik. Der Blinddruck, eine Prägetechnik, ermöglicht es ihr, ganz ohne Farbe auszukommen und doch etwas zu zeigen. Mit einem Werkzeug stanzt sie ihre Motive vorsichtig in ein strapazierfähiges Büttenpapier. Das Ergebnis sind bis auf das Wesentliche abstrahierte Figuren, in diesem Fall zwei Liebespaare, die mehr angedeutet als ausgeführt sind. Und dennoch - oder gerade deswegen - wirken die beiden Paare ausdrucksstark und fast schon lebendig.

Eine philosophischen Ansatz dagegen hat Christine Helmerich mit ihrer Installation "Grillparty 2030" gewählt. Auf mehreren Tellerchen hat sie für den heutigen Betrachter eher unappetitliche Speisen angerichtet, etwa Heuschrecken und Grillen. Alle Speisen sind dabei komplett in weiß gehalten. In der Zukunft, so Helmerichs Dystopie, geht es den Menschen nicht mehr um Schönheit und Geschmack, sondern nur noch darum, mit dem Essen den Nährstoffbedarf zu decken, Effizienz statt Freude. Auch Farbigkeit wird dann keine Rolle mehr spielen, prophezeit das Werk, im Gegenteil. Mit der bewussten Reduktion der Farbigkeit auf das Weiße wird der Nahrung der Schein von Reinheit und Gesundheit verleihen, ein Gefühl der Lust wird bewusst unterdrückt.

Natürlich gibt es in der Ausstellung auch die Bilder und Skulpturen zu sehen, die das Thema erwarten lässt und die einfach auch dazu gehören: Landschaften, in diesem Fall natürlich verschneit, steinerne Skulpturen menschlicher Torsi und Tiere, wie etwa eine weiße Katze. Aber auch wenn diese Bilder von der Herangehensweise und ihren Motiven den Betrachter nicht unbedingt überraschen, so sind sie technisch doch wunderbar umgesetzt und zeigen die hohe Qualität, für die die Mitglieder der Künstlervereinigung Fürstenfeldbruck stehen.

Zu einer Ausstellung des Vereins gehört eines seit Jahren dazu: ein politisch überspitztes kritisches Werk von Friedo Niepmann. Und auch in diesem Jahr führt er diese Tradition fort. Passend zur Landtagswahl hat er ein großes Söder-Porträt gemalt. Blau auf weißen Grund. Der Ministerpräsident lehnt lässig an einem Kreuz, den linken Arm auf den Querbalken gestützt. Neben seinem Ellenbogen steht eine Mass. Die Hand zeigt dem Betrachter etwas versteckt den Stinkefinger. Mit der Rechten Hand streckt Söder wie eine Trophäe ein Kruzifix nach oben. Somit vereint die großformatige Zeichnung also so gut wie alles, was Söders Kritiker ihm so gerne vorwerfen.

Und so ist der Künstlervereinigung wieder eine interessante und abwechslungsreiche Werkschau gelungen, die dem Besucher verschiedene Geschichten erzählt, einigen Raum für Interpretation und eigene Gedanken lässt. Und es sind auch wieder zahlreiche Werke dabei, die vor allem den Betrachtern, die in der Kunst vor allem das Schöne sehen wollen, einiges zu entdecken bietet.

"Weiß", Jahresausstellung der Künstlervereinigung Fürstenfeldbruck. Eröffnung an diesem Donnerstag von 19 Uhr an in der Sparkasse Fürstenfeldbruck. Danach zu sehen bis 9. November zu den regulären Öffnungszeiten.

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Quelle:
SZ vom 11.10.2018
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