Berufung:Mitfühlen, aber nicht mitleiden

Berufung: Sarah-Tabea Hallmann hat schon als Kind Beerdigungen organisiert - wenn die Katzen der Familie gestorben waren.

Sarah-Tabea Hallmann hat schon als Kind Beerdigungen organisiert - wenn die Katzen der Familie gestorben waren.

(Foto: Carmen Voxbrunner)

Sarah-Tabea Hallmann ist erst 21. Im Bestattungsunternehmen hat sie ihren Traumberuf gefunden

Von Ariane Lindenbach, Germering

Sarah-Tabea Hallmann hat schon früh gewusst, was sie einmal werden will. Als Kind war ihr sicher nicht klar, dass sie einmal eine der jüngsten Bestatterinnen Deutschlands sein würde, aber sie hatte schon früh ein Interesse am Tod. Die ungewöhnliche Neigung zeigte sich bei gestorbenen Haustieren. Während die ganze Familie - Hallmann hat fünf Geschwister - die toten Katzen ohne weiteren Aufwand entsorgen wollte, habe sie schon früh darauf bestanden, sie mit einer würdevollen Zeremonie zu verabschieden, berichtet sie. Nun ist Hallmann 21 Jahre alt und gelernte Bestatterin; seit zwei Jahren arbeitet sie für das Bestattungsunternehmen Hanrieder.

Zunächst habe sie doch wie ihre Mutter eine Ausbildung zur Hotelfachfrau machen wollen. Doch mit 14 machte sie ein Praktikum bei einem Bestatter. "Dann war ich sehr sicher", erzählt die junge Frau mit den langen blonden Haaren und der modernen Brille. Sie war in dem kleinen Dorf Blindheim in der Nähe von Dillingen an der Donau aufgewachsen. Da war es für ein Mädchen im Teenageralter gar nicht so einfach, die gewünschte Praktikumsstelle zu bekommen.

Schließlich klappte es bei Norbert Landrichinger Bestattungen. Nach einer Woche Schulpraktikum fragte sie der Chef, ob sie nicht noch zwei Wochen über die Ferien verlängern wolle. Hallmann blieb und begann ein gutes Jahr später ihre Ausbildung in dem Betrieb.

Drei Jahre danach war sie Bestattungsfachkraft, so lautet die offizielle Bezeichnung. Im Bestattungsunternehmen Landrichinger lernte Sarah-Tabea Hallmann "eher den hygienischen Aspekt", wie sie es ausdrückt. Sie hatte dort vor allem mit den Toten zu tun - von der Abholung bis zum Waschen, Ankleiden und gegebenenfalls Schminken. Ihr Chef habe sie nach und nach mit den Anforderungen dieses Beruf konfrontiert - von der Abholung "der Oma im Altenheim bis zum Suizid am Bahnhof", berichtet die 21-Jährige sachlich. "Das war nicht schön, um drei Uhr nachts am Bahnhof Leichen einsammeln."

Doch es gehört eben auch zu dem von ihr gewählten Beruf, und sie meistert alle Aufgaben mit der notwendigen, in ihrem Alter aber eher ungewöhnlichen Gelassenheit und Distanziertheit. Ihr Motto lautet: "Man darf mit den Angehörigen fühlen, aber nicht mit ihnen leiden." In der Berufsschule lernen angehende Bestattungsfachkräfte den Großteil der organisatorischen Arbeit. Im Todesfall müssen etliche Formalitäten erledigt werden. Die Bestattungsunternehmen übernehmen sie für die Angehörigen.

Das Standesamt muss informiert, eine Grabstelle organisiert und im Fall einer Feuerbestattung außerdem bei der Polizei eine Freigabe des Leichnams beantragt werden. Es gilt, einen Beerdigungstermin zu finden und alles Notwendige zu koordinieren, etwa Sterbebilder drucken lassen, Blumenschmuck bestellen oder die Abmeldung von Renten- und Krankenkasse veranlassen.

Seit Hallmann, die mit ihrem Freund in Augsburg lebt und liebend gerne in die Berge fährt, für das Bestattungsunternehmen Hanrieder mit Niederlassungen in und um München arbeitet, hat sich ihr Aufgabengebiet verlagert. Sie mache fast nur Beratungen.

Der Umgang mit Angehörigen liege ihr sehr, weil sie etwas Trost spenden und helfen könne, sagt sie. Und wegen der Vielfalt der Gespräche. "Die Beratungen sind komplett individuell. Es gibt Beratungsgespräche, da lacht man miteinander, und es gibt Beratungen, da wird nur geweint."

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: