Bericht im Kreistag:Der lange Weg zur Integration

Claudia Baubkus

Claudia Baubkus ist als Leiterin des Jobcenters auch für etwa tausend anerkannte Flüchtlinge im Landkreis zuständig.

(Foto: Günther Reger)

Das Bildungsniveau vieler Asylbewerber reicht nicht für den Einstieg in den Arbeitsmarkt. Nach Worten der Jobcenter-Chefin kann es in Einzelfällen bis zu zehn Jahre dauern, bis sie den Ansprüchen an Facharbeiter genügen

Von Gerhard Eisenkolb, Fürstenfeldbruck

Was für ein schwieriger, langer Weg die Integration von Flüchtlingen ins Berufsleben ist, das hat Claudia Baubkus kürzlich den Kreisräten zu verdeutlichen versucht. Die Leiterin des Jobcenters in Fürstenfeldbruck gab in der Sitzung einen Überblick zur Lage von Flüchtlingen im Landkreis und zu deren Chancen auf dem Arbeitsmarkt. "Es kommen Menschen, und wir wollen Fachkräfte", sagte Baubkus. Aufgrund des relativ niedrigen Bildungsniveaus des überwiegenden Teils der Schutzsuchenden, seien diese aber erst die Fachkräfte von übermorgen. Es werde acht bis zehn Jahre dauern, bis viele Flüchtlinge so weit integriert seien, dass sie den Anforderungen der Arbeitgeber entsprächen. Die Chefin des Jobcenters sprach deshalb auch von einem Langlauf und keinem Spurt.

Laut Baubkus besteht die größte Herausforderung darin, die Schutzbedürftigen mit Bleiberecht zu integrieren. Vom Tag ihrer Anerkennung an ist das Jobcenter für die Flüchtlinge mit Bleiberecht zuständig. Von den insgesamt etwa 2500 Asylbewerbern im Landkreis sind das zurzeit etwa 1000. Deren Beschäftigungsfähigkeit steige mit einem deutschen Bildungsabschluss und guten Deutschkenntnissen, sagte die Referentin. Das treffe aber nur auf 20 bis 30 Prozent der Menschen zu. 50 Prozent sprächen überhaupt kein Deutsch. 20 Prozent könnten in Deutsch nur Angaben zur eigenen Person machen, was nicht bedeute, dass eine echte Verständigung möglich wäre.

Ernüchternd waren auch die Fakten die Baubkus zum Bildungsniveau präsentierte. Nach ihren Angaben haben 16 Prozent der Flüchtlinge überhaupt keinen Schulabschluss, acht Prozent geben an, ein Abitur oder Fachabitur gemacht zu haben und nur fünf Prozent verfügen über einen Bachelor oder Master. Die vom Jobcenter betreuten Flüchtlinge stammen aus 29 Ländern, der überwiegende Teil kommt aus Syrien, Irak, Iran, Eritrea und Somalia. Aus den von der Leiterin des Jobcenters genannten fünf Herkunftsländern gehen 345 Personen einer sozialversicherungspflichtigen Arbeit nach. Insgesamt 1540 Flüchtlingen, mitgezählt werden Angehörige, gewährt das Jobcenter eine staatliche Hilfe. 1090 gelten als erwerbsfähig, sie sind also berechtigt, Hartz-IV-Mittel zu beziehen. Was das kosten kann, erläuterte Baubkus am Beispiel einer Familie mit vier Kindern. Diese könne inklusive Miete und Kindergeld 3200 Euro im Monat erhalten.

Landrat Thomas Karmasin (CSU) wollte wissen, ob denn nicht wenigstens unter den Syrern Menschen zu finden sind, die sofort an einen Arbeitsplatz zu vermitteln seien. Die seien schon längst weg, lautete die Antwort. Laut Baubkus sind unter den Flüchtlingen die Syrer die Gebildetsten und am besten Ausgebildeten, bei Somaliern sei das Bildungsniveau dagegen am niedrigsten. Peter Falk (SPD) fragte, wie der Landkreis unterstützend eingreifen könne. In diesem Zusammenhang wies Baubkus darauf hin, dass die Menschen integriert werden wollen und für diesen Zweck ein "großer Geldtopf" zur Verfügung stehe. Die Unterstützung der Flüchtlinge entspreche der von Deutschen oder EU-Ausländern. Karmasin wies auf Hemmnisse zur Aufnahme einer Ausbildung hin, so werden beispielsweise für die Aufnahme einer Ausbildung Sprachkenntnisse mit dem Niveau B 2 gefordert. Und der Landrat erinnerte noch daran, dass ein Teil der Flüchtlinge unter ihrem Bildungsniveau arbeite, um schnell möglichst viel Geld zu verdienen. Zum Arbeitsverbot für Menschen aus sicheren Herkunftsländern merkte Karmasin an, diese Personen sollten in ihre Heimat zurückkehren.

Baubkus berichtete noch darüber, dass die Mitarbeiter im Jobcenter die Kompetenzen der Menschen mit Bleiberecht genau prüfen, um darauf aufzubauen. Angetan zeigte sie sich von den vielen Ehrenamtlichen, die den Geflüchteten helfen, bürokratische Hürden zu nehmen.

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