Benefiztheater:Tintenfisch und Gürteltier bei der Paartherapie

Benefiztheater: Natürlich dürfen beim Weihnachtsauftritt Christbaum und rote Mütze nicht fehlen.

Natürlich dürfen beim Weihnachtsauftritt Christbaum und rote Mütze nicht fehlen.

(Foto: Carmen Voxbrunner)

Die Impro-Gruppe des Viscardi-Gymnasiums liefert eine gelungene Weihnachtsshow und sammelt für die Umwelt

Von Carolin Werthmann, Fürstenfeldbruck

Sebastian Laux ist ein Tintenfisch und weiß nichts davon. Seine Gummiarme sind für seine Partnerin Lena Böhme das Schlimmste. Schlimmer noch als die Tatsache, dass er zu viele davon hat. Am liebsten würde sie Sushi daraus machen. Sagt sie. Laux und Böhme spielen die Szene einer Paartherapie in der Rolle von Tieren. Das Problem: Sie kennen nur die Rolle des anderen. Das Ziel: Den Spielpartner durch ein wüstes Krisengespräch auf die Spur zu bringen, wer oder was er ist. Ein durchaus tiefsinnigeres Spektakel, als man zunächst denken mag - und nur eine von vielen gelungenen Darbietungen des Abends.

Die Improvisationstheatergruppe "Impro Macchiato" des Viscardi-Gymnasiums Fürstenfeldbruck hat Mitschülerinnen und Mitschüler und deren Familien und Freunde zur traditionellen Weihnachtsvorstellung geladen. Etwa 130 Gäste füllen das Foyer, bedienen sich an Ausschank und Snack-Bar, um in gemütlicher Atmosphäre dem zweistündigen Theater zuzusehen - wobei "zusehen" nicht ganz das trifft, was sie tun. Beim Improvisationstheater ist das Publikum vor der Bühne mindestens so wichtig wie die Schauspieler auf der Bühne. Sie geben Stichworte, beschreiben Eigenschaften imaginärer Charaktere - und freuen sich über die Schokobons, die ihnen Spielleiter Claus Hilgers - tagsüber Physik- und Mathelehrer, abends Entertainer - für jeden originellen Zuruf zuwirft. Leicht passiert es also, dass die eine Szene im Himmel, im Keller oder im OP-Saal spielt, während in der anderen eine Darstellerin mit "Baumkletterzwang" geplagt ist, ein einsamer Single in einem Blind-Date an eine Serienkillerin gerät und sich am Ende für einen Busch namens Peter entscheidet - oder Tintenfische und Gürteltiere aufeinanderprallen und sich zur Paartherapie gezwungen fühlen.

"Impro Macchiato" organisiert mehrmals im Jahr Bühnenprogramm im Schulfoyer, aber im Dezember stehen die Vorstellungen stets unter dem Motto "Theater spielen und Gutes tun." Die Gruppe sammelt Spenden für einen guten Zweck. 2019 kommen alle Einnahmen dem World Wide Fund for Nature (WWF) zugute. Auch der Adventskalender für gute Werke der Süddeutschen Zeitung wurde schon von der Gruppe unterstützt. Spielerin Lena Böhme hatte die Umwelt- und Naturschutzorganisation vorgeschlagen. Vor allem das WWF-Projekt "Stopp die Plastikflut" habe die 14-Jährige und ihre Kolleginnen und Kollegen aufhorchen lassen, erzählt sie in der Pause. Sie trägt eine rote Weihnachtsmütze, in der Hand hält sie ein Sandwich. Käse. Sie ist Vegetarierin. "Ich identifiziere mich sehr mit der Fridays for Future-Bewegung und den Protesten gegen Klimawandel und Umweltverschmutzung. Wir möchten mit den Spenden gern einen Teil dazu beitragen und darauf aufmerksam machen." So haftet an der Therapie-Szene mit dem Tintenfisch trotz aller Komik eine unbequeme Wahrheit. Denn vielleicht wird es ihn bald nicht mehr geben, diesen Tintenfisch mit seinen zwar ungelenken, aber dadurch nicht minder liebenswürdigen Gummiarmen, vielleicht wird jeder Versuch, seine Beziehung zu den Menschen um ihn herum zu retten, vergeblich. Womöglich wird in den Meeren irgendwann mehr Plastikmüll treiben als Fische, Weich- und Säugetiere darin leben werden.

436 Euro und 75 Cent werden am Ende des Abends zusammengekommen sein. Die Marke von rund 600 Euro, die im vergangenen Jahr gesammelt wurde, konnte die Gruppe damit zwar nicht toppen, Spielleiter Hilgers ist dennoch zufrieden.

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