Landtag:Diätpläne fürs Parlament

Landtag: Ulrich Bode (links) und Martin Hagen (rechts) freuen sich im Kreise liberaler Freunde über die Resonanz auf das Volksbegehren.

Ulrich Bode (links) und Martin Hagen (rechts) freuen sich im Kreise liberaler Freunde über die Resonanz auf das Volksbegehren.

(Foto: Carmen Voxbrunner)

Bayerns FDP-Chef Martin Hagen wirbt in Germering für das Volksbegehren zur Verkleinerung des bayerischen Landtags. Die Abgeordneten aus den Fürstenfeldbrucker Stimmkreisen halten parteiübergreifend nichts davon.

Von Erich C. Setzwein, Germering

Landtag: Der bayerische Landtag hat in dieser Legislaturperiode 205 Abgeordnete, 25 mehr als in der Verfassung festgelegt.

Der bayerische Landtag hat in dieser Legislaturperiode 205 Abgeordnete, 25 mehr als in der Verfassung festgelegt.

(Foto: Matthias Balk/dpa)

Ein knappes Jahr vor der Landtagswahl in Bayern macht die FDP einen populär wirkenden Vorschlag: Warum nicht den Landtag verkleinern, weniger Stimmkreise mit weniger Abgeordneten und deutliche Einsparungen im Staatshaushalt? Fragen, die sich auch Bürgerinnen und Bürger in Bayern stellen, gönnt sich der Freistaat doch ein Parlament mit 180 in der Verfassung festgeschriebenen Abgeordneten. Und seit der letzten Wahl vor vier Jahren sind es wegen sogenannter Ausgleichs- und Überhangmandate sogar 205. Die FDP, seit 2018 mal wieder im Landtag, möchte aber keinen "XXL-Landtag", wie sie ihn bezeichnet, und befürchtet bei den kommenden Wahlen 220 oder 240 Abgeordnete, wie der Vorsitzende des Landesverbandes und der Fraktionsvorsitzende der FDP im bayerischen Landtag, Martin Hagen, diese Woche bei Parteiveranstaltungen in Puchheim und Germering vorrechnete. Hagen rührte sowohl in Puchheim auf der Straße als auch hernach bei einer Veranstaltung in Germering die Werbetrommel für das von der FDP initiierte Volksbegehren zur Verkleinerung des Landtags auf 160 Abgeordnete, für das derzeit Unterstützungsunterschriften gesammelt werden.

Landtag: Ulrich Bode (links) und Martin Hagen (rechts) freuen sich im Kreise liberaler Freunde über die Resonanz auf das Volksbegehren.

Ulrich Bode (links) und Martin Hagen (rechts) freuen sich im Kreise liberaler Freunde über die Resonanz auf das Volksbegehren.

(Foto: Carmen Voxbrunner)

Die Liberalen haben sich für ihr Volksbegehren, das in einen Volksentscheid münden und zu einer Verfassungsänderung führen soll, die Landesverbände des Bundes der Selbständigen und des Bundes der Steuerzahler mit ins Boot geholt. Die Verbände, berichtete Hagen, sammelten unabhängig von der FDP Unterschriften, mindestens 25000 müssten es sein, um ein Volksbegehren in Gang setzen zu können. Anders als bei einer Petition, müssten die Menschen, die sich dafür aussprechen, sich in eine Liste eintragen, digital sei das nicht möglich. Ein Zieldatum für die Unterschriftensammlung gibt es nicht: "Auch wenn wir 50000 haben, sammeln wir weiter." Sollte es dann zu einem Volksentscheid kommen, hätte Martin Hagen am liebsten, dass dieser aus Kostengründen an einem Wahltag stattfinden soll. "Wenn es schnell geht, zusammen mit der Landtagswahl im nächsten Jahr oder 2024 mit der Europawahl 2024." Auswirken würde sich eine Verfassungsänderung zur Verkleinerung des Landtags erst von 2028 an.

Landtag: CSU-Abgeordneter Benjamin Miskowitsch ist gegen ein ein größeres Parlament, aber auch gegen die Vergrößerung der Stimmkreise.

CSU-Abgeordneter Benjamin Miskowitsch ist gegen ein ein größeres Parlament, aber auch gegen die Vergrößerung der Stimmkreise.

(Foto: Leonhard Simon)

Die Argumente, die Hagen wie auch der frisch gekürte Landtagskandidat Ulrich Bode und die Puchheimer Ortsvorsitzende und Bezirkstagskandidatin Michaela Kuchinka bei ihren Gesprächen auf der Straße vorbringen, sind die Forderung nach einem schlanken Staat und die damit verbundene finanzielle Einsparung. Anderthalb Millionen Euro koste die Steuerzahler jeder Abgeordnete pro fünfjähriger Legislaturperiode, und weil die Parlamentarier nach zwei Amtszeiten auch Pensionsansprüche haben, seien danach auch noch die Rentenzahlungen fällig. Dass die Diäten der Abgeordneten auch bei den Bürgern ein Thema sind, hat Michaela Kuchinka am Puchheimer Infostand der FDP ziemlich schnell erfahren. Auch aus anderen Landkreisen um Fürstenfeldbruck herum wird Ähnliches berichtet. So erzählt Dachaus FDP-Kreisvorsitzender Frank Sommerfeld von Mitgliedern der Grünen Jugend, die fleißig am Stand der Liberalen für das Begehren unterschrieben hätten. Und auch aus dem Kreis Landsberg kann Kreisvorsitzende Birgit Kerckhoff Episoden von Infoständen in Ammerseegemeinden berichten.

Nur in Ausschüssen persönliche Begegnungen

Die FDP führt an - und stützt sich dabei auf zwei repräsentative Umfragen -, dass Anhänger der CSU und der Freien Wähler mehrheitlich für einen kleineren Landtag seien. Zumindest für sich kann das auch der CSU-Landtagsabgeordnete Benjamin Miskowitsch bestätigen, wie er auf Anfrage der SZ Fürstenfeldbruck sagte. Seit 2018 im Maximilianeum, ist der CSU-Stimmkreisabgeordnete aus Mammendorf erst kürzlich erneut als Direktkandidat im Stimmkreis Fürstenfeldbruck-Ost nominiert worden. Er sei grundsätzlich gegen einen übergroßen Landtag: "Nur mehr Köpfe machen nicht zwingend eine bessere Arbeit." Benjamin Miskowitsch räumt ein, dass er auch nicht alle seine Kolleginnen und Kollegen im Parlament persönlich kenne. Eine "echte Zusammenarbeit auf der persönlichen Ebene mit Sachbezug" finde lediglich in den Ausschüssen statt. Andere, mit denen man nicht im Ausschuss sei, "den kennt man nur sehr flüchtig".

Miskowitsch sieht die Ursachen für ein zahlenmäßig größeres Parlament auch bei denjenigen, die jetzt die Verkleinerung fordern. Ursächlich für den Aufwuchs durch Ausgleichs- und Überhangmandate sei unter anderem auch die FDP, die 2018 "gerade so über die Fünf-Prozent-Hürde gestolpert" sei. Miskowitsch hält nichts von einer Vergrößerung der Stimmkreise, wie sie wegen einer Reduzierung von Mandaten notwendig würde: "Ein völlig falsches Signal", so der CSU-Abgeordnete, gehe es doch "um Nähe zu den Bürgerinnen und Bürgern beziehungsweise deren Themen mit Landesbezug".

Landtag: Auvh die Grünen-Abgeordnete Gabriele Triebel hält nichts von einer Verkleinerung des Landtags.

Auvh die Grünen-Abgeordnete Gabriele Triebel hält nichts von einer Verkleinerung des Landtags.

(Foto: Carmen Voxbrunner)

Wie Miskowitsch ist auch Gabriele Triebel seit 2018 im bayerischen Parlament, als sie über die Grünen-Liste das Mandat im Stimmkreis Landsberg/Fürstenfeldbruck-West erhielt. Auch im kommenden Jahr will sie wieder Wahlkampf machen, um ein weiteres Mal in den Landtag zu kommen. Sie findet nicht, dass es zu viele Abgeordnete gibt und begründet das so: "Die Gefahr, dass der bayerische Landtag ein Wachstum wie der Bundestag erfährt, besteht definitiv nicht. Die Abgeordnetenzahl ist seit Jahren relativ stabil." Sollte die Zahl der Abgeordneten aber reduziert werden, so sieht Triebel eher die Gefahr, dass der ländliche Raum geschwächt würde. Das könne sie "auf keinen Fall befürworten". Die Grünen, so Triebel, sähen keine Notwendigkeit für dieses Volksbegehren.

Landtag: CSU-Abgeordneter Alex Dorow hält den Landtag für "ausgesprochen effektiv".

CSU-Abgeordneter Alex Dorow hält den Landtag für "ausgesprochen effektiv".

(Foto: Lukas Barth/lukasbarth.com)

Der Stimmkreisabgeordnete Alex Dorow (CSU) aus Landsberg sagt, das Wahlrecht habe sich bewährt. Ein "unmäßiges Aufblähen wie beim Bundestag" sei damit nicht möglich. Zur Initiative der FDP, die im Landtag damit mehrmals gescheitert ist und deshalb nun den Weg über das Volksbegehren gehen will, fällt Dorow ein, dass "ausgerechnet eine Partei, die nie eine Chance auf den Gewinn eines Direktmandates hat, jetzt die Reduzierung der Mandate fordert". Man könne sich auch fragen, wie eine solche Haltung zu der Erhöhung der Beamtenstellen in der von der FDP mitgetragenen Ampelregierung passe. "758 zusätzliche Beamtenstellen möchte man dort schaffen - Beamte wohlgemerkt, die im Gegensatz zu Abgeordneten nicht gewählt sind und ihre Besoldungsansprüche - auch im Gegensatz zu Abgeordneten - auf Lebenszeit behalten." Dorow, der zum dritten Mal im Stimmkreis Landsberg/Fürstenfeldbruck-West kandidiert, hält das bayerische Parlament für "ausgesprochen effektiv". In den Stimmkreisen hielten die Abgeordneten parteiübergreifend engen Kontakt zur Bevölkerung. Sollten sich die Stimmkreise vergrößern, sei dies weder sinnvoll noch diene es "einer erhöhten Akzeptanz der parlamentarische Demokratie beim Bürger".

Landtag: SPD-Landtagsabgeordneter Florian Ritter sorgt sich um den demokratischen Diskurs.

SPD-Landtagsabgeordneter Florian Ritter sorgt sich um den demokratischen Diskurs.

(Foto: Harry Wolfsbauer)

Ein solches Argument bringt auch Florian Ritter vor. Der SPD-Abgeordnete aus dem Münchner Westen ist seit 19 Jahren im Landtag und im Landkreis kein Unbekannter, war er doch der Bürgermeisterkandidat der SPD im Gröbenzeller Wahlkampf von 2014. Je größer die Stimmkreise würden, antwortete Ritter auf Anfrage, umso weiter würden Abgeordnete von den Wählern entfernt sein. Schon jetzt lebten in einem Stimmkreis zwischen 80000 und 120000 Menschen. "Demokratie bedeutet auch Diskurs und Austausch. Die FDP tut hier so, als sei der Aufwand für diesen Diskurs zwischen den Menschen zu hoch, und man könne um das Parlament eine Art Sommerschlussverkauf veranstalten. Aber viel teurer als die Demokratie ist es, keine zu haben."

Landtag: Franz Höfelsauer, CSU, wünscht sich einen schlankeren Staat und effektives Arbeiten.

Franz Höfelsauer, CSU, wünscht sich einen schlankeren Staat und effektives Arbeiten.

(Foto: Carmen Voxbrunner)

Im Gewerbeverband Fürstenfeldbruck, der dem Bund der Selbständigen in Bayern angehört, soll in der kommenden Woche über das Volksbegehren gesprochen werden. Vorsitzender Franz Höfelsauer sagt, dass man sich darüber absprechen werde, ob man sich an dem Volksbegehren beteilige wie der Landesverband. Seine private Meinung als Wähler sei, "dass sich die Parlamente insgesamt verkleinern sollten". Das gelte auch für den Bundestag. "Je mehr es werden, desto ineffizienter wird die Arbeit", sagt Höfelsauer und nennt als Beleg die Diskussion über die Energieversorgung, die in den vergangenen 20 Jahren verschleppt worden sei.

Zur SZ-Startseite

Pläne für den Notfall
:Szenarien für den Blackout

Was ist im Falle eines Stromausfalls zu tun? Die Städte und Gemeinden überlegen, wie sie sich im Ernstfall um ihre Bürger kümmern können.

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: