Bauvorhaben in Germering:Briefzentrum bleibt umstritten

Das Vorhaben der Post nimmt im Bauausschuss eine weitere Hürde. Stadträte von Grünen und SPD erneuern aber ihre Kritik an der Größe des geplanten Gebäudes

Von Karl-Wilhelm Götte, Germering

Der umstrittene Bau eines Briefverteilzentrums der Deutschen Post in Germering mit voraussichtlich 1300 Arbeitsplätzen ist einen Schritt näher gerückt. Der Umwelt-, Planungs- und Bauausschuss des Stadtrates hat mit neun gegen fünf Stimmen den Bebauungsplanungsvorentwurf gebilligt, der jetzt dem Stadtrat zur Entscheidung vorgelegt wird. In der Diskussion sind erneut die Argumente pro und kontra des etwa 190 Meter langen und 140 Meter breiten Postgebäudes im Gewerbegebiet Germeringer Norden ausgetauscht worden. Da die Post alle Änderungswünsche des Stadtrates nach dessen Sitzung im Mai dieses Jahres eingearbeitet hat, kommt die Mehrheit für den Entwurf des Bebauungsplans nicht überraschend.

Vor der Abstimmung herrschte noch einige Unsicherheit bei den Vertretern und der Planerin der Post, hatte doch der Bauausschuss im April noch mit neun zu sechs gegen das Bauvorhaben gestimmt. Sechs Wochen später sprach sich der Stadtrat jedoch mit 22 zu 19 Stimmen grundsätzlich für den Postbau aus. "Wie ist denn die Lage?", fragte Landschaftsplanerin Andrea Gebhard schon im Aufzug des Rathauses erkennbar verunsichert. Doch dazu bestand kein Anlass. Denn diesmal haben sich alle sechs CSU-Mitglieder im Ausschuss hinter das Projekt gestellt. Dazu kamen die Voten von Centa Keßler (SPD), Franz Hermansdorfer (FWG/UBG) und Oberbürgermeister Andreas Haas (CSU) pro Postgebäude. Hadi Roidl und Angelika Kropp-Dürr (beide Grüne), Robert Baumgartner, Judith Braun (beide SPD) und Maximilian Streicher (ÖDP/Parteifreie) stimmten erneut dagegen.

Thomas Schlickenrieder, der Projektmanager der Post, hob hervor, dass die veränderte Planung des Gebäudes jetzt einen größeren Abstand zur Wohnbebauung am Bäckerweg beinhalte. Das Dach werde mit einem Aufbau von 20 Zentimetern vollständig begrünt und zu 50 Prozent mit Fotovoltaikmodulen bestückt. "Es entsteht eine Wiese auf dem Dach", frohlockte Schlickenrieder, diese werde zweimal im Jahr gemäht. Die Fotovoltaikanlage liefere 1,3 Megawattstunden Strom, was einem Stromverbrauch von 334 Haushalten entspreche. Zudem wird das Bürogebäude mit Ausnahme von Treppenhäusern und Böden komplett in Holzbauweise errichtet. Zwei Schallschutzwände - 16 Meter hoch und 18 Meter lang - sollen die Ladegeräusche an den Toren mindern. Der zusätzliche errechnete Verkehr zu den Spitzenstunden von drei bis sieben Prozent am B-2-Anschluss und dem Kreisel falle nicht ins Gewicht. Planerin Gebhard teilte mit, dass die artenrechtliche Prüfung keine Probleme mit Fledermäusen ergeben habe, einigen Pärchen von Feldlerchen würden neue Brutstätten verschafft werden. Die Ausgleichsflächen samt Dach sorgten für eine Übererfüllung der Kompensation. Zudem würde der Bauherr einen wasserdurchlässigen Asphalt verwenden und insgesamt 140 Bäume pflanzen; 35 Bäume sogar schon im 60 Zentimeter Stammumfang. Gebhard ist sicher: "Es ist ausgeglichen und es passt."

Grünen-Stadtrat Roidl ließ sich trotzdem nicht überzeugen und bedauerte, dass durch den Bau 6,6 Hektar Ackerfläche wegfielen. Alle umfangreichen Gutachten seien von der Post beauftragt worden, kritisierte er. "Die Stadt ist nicht mehr Herr des Verfahrens", sagte Roidl und fügte hinzu: "Alles ist nur noch abgenickt worden." Dem widersprach Oberbürgermeister Haas spürbar erregt. Sämtliche Anregungen aus dem Stadtrat seien eingearbeitet worden, sagte er und konterte Roidls Beitrag mit heftiger Stimme: "Dieser Einwurf ist mehr als befremdlich." Auch Roidls Parteikollegin Kropp-Dürr zweifelte die sechs Gutachten an und zog einen Vergleich zur Pharmaindustrie: "Dort sind die Gutachten auch so, um etwas durchzubringen." Sie behauptete, dass die Frischluftschneise am Poststandort "konterkariert wird", und forderte neuere Daten als das vorhandene Klimagutachten von 1992.

Haas ließ das vor der Abstimmung als Änderung in den Bebauungsplanentwurf einarbeiten. Gebhard sagte schon mal vorab voraus, dass es dort kühler werden würde. Baumgartner (SPD) beharrte auf seiner bisherigen Position: "Solch ein riesiges Gebäude braucht Germering nicht." Stadtrat Streicher meinte: "Die Braut ist schön verpackt, ich mag sie trotzdem nicht." Eva Kuchler und Franz Senninger stellten sich ausdrücklich hinter das Projekt. "Alle Auflagen werden übererfüllt", sagte Senninger. Auch Wolfgang Andre (CSU) zeigte sich "beeindruckt von der Planung mit Dachwiese und Kita" und verstand die "Nörgelei" von Roidl und Kropp-Dürr nicht. Roidls-Antrag auf Verschiebung der Abstimmung, weil die umfangreichen Gutachten noch nicht abschließend diskutiert werden konnten, bekam nur seine und die Stimme von Kropp-Dürr. Dann wurde das "Leuchtturmprojekt der Post", so Postmanager Schlickenrieder, mit neun zu fünf Stimmen befürwortet, der Bebauungsplanvorentwurf dem Stadtrat am 5. November zur Zustimmung empfohlen.

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