Süddeutsche Zeitung

Innung versammelt sich:Baubranche vor schwerem Jahr

Unternehmer sorgen sich wegen steigender Zinsen und Energiekosten. Doch Innungsobermeister Markus Krabacher ruft dazu auf, positiv zu denken. Nachwuchsmangel wird gravierender.

Von Karl-Wilhelm Götte, Fürstenfeldbruck

Noch wollen die Baufirmen im Landkreis Fürstenfeldbruck nicht klagen, denn das laufende Jahr hat gute Geschäfte gebracht. Doch die 28 Firmen der Bauinnung aus den Bereichen Hoch- und Tiefbau, Fliesen- und Estrichlegen, Stuckaturen und Straßenbau blicken mit einiger Sorge ins kommende Jahr. Auch bei ihnen werden die Energie- und Wirtschaftskrise sowie hohe Baukreditzinsen ankommen. Bei der jährlichen Mitgliederversammlung mit Weihnachtsessen in Gauting-Unterbrunn herrschte jedoch noch gute Laune, zumal der nächste gemeinsame Ausflug nach Budapest schon in der Planung ist.

"Die Lage verändert sich", sagte Innungsobermeister Markus Krabacher zur Einführung. Der Germeringer Bauunternehmer, seit Mai dieses Jahres Nachfolger des Allinger Bauunternehmers Thomas Vilgertshofer, hob für das kommende Jahr hervor, "dass unter anderen die Energiekosten schwer zu kalkulieren sind". Deshalb sei eine spürbare Zurückhaltung bei potenziellen Bauherren zu registrieren. Er rechne damit, dass es für den Baubereich "weniger werden wird". Dennoch solle man die Zukunft positiv sehen. "Bitte nicht negativ denken", mahnte Krabacher seine Kolleginnen und Kollegen und fügte hinzu: "Die Baufamilie wird zusammenhalten."

Thomas Schmid, der von der Landesgeschäftsstelle der Bayerischen Bauinnungen Oberbayern aus München gekommen war und vor allem über die aktuellen Tarifregelungen informierte, assistierte Krabacher beim Mutmachen. "Krise?", fragte er in die Runde. "Das Baugewerbe schafft es immer", sagte er. "Auch den Zinssprung, der Ihnen Kunden wegnimmt, werden Sie meistern."

Die abrupt gestiegenen Baukreditzinsen, die vor wenigen Monaten bei etwa einem Prozent lagen, sind jetzt bei vier Prozent angelangt. Diese Differenz macht für den Bauherrn beispielsweise bei einem 400 000-Euro-Kredit etwa tausend Euro Mehrbelastung pro Monat aus. Die höheren Zinsen sind momentan das Hauptproblem der Baubranche, weil ein Ende der Zinserhöhungen noch nicht abzusehen ist. Der nächste Zinsschritt wird am 15. Dezember bei der Tagung der Europäischen Zentralbank (EZB) erwartet.

Der fehlende Nachwuchs in der Baubranche ist seit Jahren ein Dauerthema. Kreishandwerksmeister Franz Höfelsauer konnte in seinem Grußwort keine Entwarnung geben. Im Gegenteil ist die Anzahl der Auszubildenden im Baubereich konstant niedrig. So waren es 2020 noch zwölf Maurer, die eine Ausbildung begannen, ein Jahr später neun und für 2022 meldete Höfelsauer vier Maurer-Azubis. Bei den Fliesenlegern sieht es nicht besser aus. Hier pendelt die Zahl der Auszubildenden jährlich zwischen drei und fünf. Immer weniger Schulabgänger und das fehlende Ansehen des Handwerks machte Höfelsauer weiterhin als Ursachen für die missliche Nachwuchslage aus.

Bäcker Höfelsauer ist ein entschiedener Anwalt des Handwerks, so auch bei dieser Versammlung. "Im deutschen Handwerk sind mit 13 Prozent aller Erwerbstätigen mehr Menschen beschäftigt als in allen DAX-Unternehmen zusammen", sagte er nicht zum ersten Mal. Besonders ärgerte ihn, dass in der Politik immer wieder von "handwerklichen Fehlern" gesprochen wird. Höfelsauer energisch: "Das Handwerk macht keine Fehler." Dafür gab es Beifall im Saal.

Auch bei der Verleihung des "Goldenen Meisterbriefs" an Heinz Bauernfeind, der in Alling seit Jahrzehnten das Estrichhandwerk betreibt und Fußböden legt, wurde applaudiert. Die Auszeichnung, verliehen von Obermeister Krabacher, bekam Bauernfeind für 35 Jahre Selbständigkeit. Thomas Glaser hielt wenig später eine Urkunde in Händen. Im Betrieb des Bauunternehmers aus Mittelstetten arbeitet der innungsbeste Auszubildende der vergangenen Freisprechungsfeier.

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