Barrieren:Wenn die Yuccapalme im Weg steht

Sonja Schlünder

Wohnberatung ist immer auch Sozialberatung: Sonja Schlünder von der Diakonie Fürstenfeldbruck.

(Foto: Günther Reger)

Die Diakonie Fürstenfeldbruck gibt Tipps, wie Barrieren im Haus verschwinden können. Manchmal führt schon das Umstellen einer Topfpflanze zu einem kleinen Erfolg

Von Gerhard Eisenkolb, Fürstenfeldbruck

Sonja Schlünder macht bei der Diakonie in Fürstenfeldbruck die Wohnberatung für Senioren sowie für Menschen mit Behinderungen und Mobilitätseinschränkungen. Sie gibt unter anderem Tipps, wie sich das unmittelbare Lebensumfeld auch mit einfachen Maßnahmen so umgestalten lässt, dass ältere Menschen länger in ihrem gewohnten Zuhause bleiben können.

Es sind, sagt Schlünder, oft Kleinigkeiten, die das Leben erleichtern. Zum Beispiel eine mechanische Aufstehhilfe für die Sitzfläche des Sessels, Handläufe im Flur, Haltegriffe im Bad und in der Toilette, kleine, leicht zu montierende Überbrückungshilfen für Türschwellen, ein elektrischer Lattenrost im Bett, der es erleichtert, hochzukommen, ein Sitzmöglichkeit im Bad oder ein Sitzbrett zum Duschen für die Badewanne. Die Diakoniemitarbeiterin rät, bei einer Wohnungssanierung rechtzeitig für später vorzusorgen und zu berücksichtigen, was im Alter nützlich sein kann. Und sie hält es für sinnvoll, die Hindernisse schrittweise zu beseitigen, dann lassen sich die Kosten besser verteilen und die Umstellung ist nicht ganz so groß.

So stehe die Grünpflanze oder Yuccapalme auf einer Treppe fast immer in dem Bereich, in dem die Stufen am breitestens sind und man am besten laufen könnte. Weil die Wohnung schon immer so eingerichtet war, fehlt oft die Sensibilität oder der distanzierte Blick für das, was stört. Zudem löst es Unbehagen aus, sich mit Dingen zu befassen, die notwendig werden, weil die Kraft nachlässt. Mit zunehmendem Alter werden genügend Bewegungsfreiheit und Laufwege wichtig. Und dass man sich wirklich nur an den Dingen abstützt und festhält, die dafür gedacht sind. Was jemand braucht, hängt immer auch vom jeweiligen individuellen Bedarf ab. So ist ein Teppich zwar einerseits eine Stolperfall, aber auch ein lieb gewordenes Erinnerungsstück, sagt die Sozialpädagogin. Da gilt es abzuwägen.

Die Wohnberatung ist ein Schwerpunkt der Arbeit der Diakonie in Fürstenfeldbruck. Bei ihren Gesprächen geht es Schlünder um weit mehr als nur um die Umsetzung von DIN-Normen zur Barrierefreiheit. "Eine Wohnberatung ist immer auch eine Sozialberatung", sagt sie. So können bei Bedarf andere Dienste beigezogen werden. Zwar steht zuerst die konkrete Frage im Vordergrund, wie es Senioren, Pflegebedürftigen oder Menschen mit einer Behinderung ermöglicht werden kann, weiter in ihrer Wohnung zu bleiben. Hier geht um viele Kleinigkeiten. Diskutiert wird aber auch über Umbauten wie den Einbau einer bodengleichen Dusche, für die es Zuschüsse gibt, zum Beispiel von der Pflegekasse. Spätestens wenn Entscheidungen zu treffen sind, berücksichtigt die Wohnberaterin, wie es den Betroffenen dabei geht, wie groß deren Belastbarkeit ist und was sie mittragen wollen. Aus deren Blickwinkel sind oft individuelle, unkonventionelle Lösungen besser als Standards.

Senioren sind oft sehr empfindlich, geht es doch um Eingriffe in ihren persönlichen Bereich und den Abschied von liebgewonnenen Gewohnheiten. Auch das löst Unbehangen aus und belastet, wie die Herausforderung, sich mit den Mängeln des eigenen Körpers oder den Folgen des Älterwerdens zu befassen. Oft wird das so lange verdrängt, bis der Leidensdruck unerträglich wird. "Eigentlich gibt es für alles und für jedes Problem eine Lösung", meint die Wohnberaterin. Ihre eigentliche Aufgabe besteht darin herauszufinden, wie belastbar ihr Gegenüber ist und was im konkreten Fall sinnvoll ist und ob Aufwand und Nutzen noch in einem vertretbaren Verhältnis stehen.

Thilo Wimmer, der Integrationsbeauftragte der Caritas in Fürstenfeldbruck, ist überzeugt, dass schwellenloses, also barrierefreies Bauen in den meisten Fällen keine Mehrkosten nach sich zieht. Dazu genüge es häufig, genau hinzusehen, das sei in erste Linie eine Frage des Bewusstseins, nicht der Kosten. Nur wenn das nachträglich geschieht, kann es teuer werden.

Wimmer bedauert es, dass Barrierefreiheit leider noch zu häufig anderen Dingen zum Opfer fällt. Zudem hat Barrierefreiheit für Wimmer nicht nur mit dem Bauen zu tun. Inklusion erfordere auch gemischte Wohnformen von Menschen in unterschiedlichen Lebensphasen und mit unterschiedlichen Bedürfnissen, die sich gegenseitig helfen.

Die Wohnberatung der Diakonie in Fürstenfeldbruck (Buchenauer Straße 38) hilft, wenn es darum geht, die Wohnsituation für ältere Menschen und Menschen mit Behinderung zu verbessern. Sprechzeiten sind jeweils dienstags zwischen 15 und 18 Uhr sowie donnerstags zwischen 9 und 12 Uhr. Informiert wird auch über technische Hilfen, Zuschüsse und Finanzierungsmöglichkeiten. Die Beratung ist kostenfrei.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: