Was einst dem Buben die Carrera-Rennbahn war dem Mädchen die Barbie-Puppe. Beides sind in jedem Fall Spielzeugklassiker, die heutzutage eines gemeinsam haben: Sie sind begehrte Sammelobjekte und zufällig Hauptattraktion zweier großer Börsen, die im Namen den geografischen Umgriff „südbayerisch“ tragen und die binnen zweier Wochen im Landkreis Fürstenfeldbruck zu sehen waren beziehungsweise sind. Trafen sich unlängst die Fans der Miniatur-Flitzer in der Germeringer Stadthalle, kommen die Liebhaber von „Fashion-Dolls & Action-Figuren“ an diesem Sonntag im Mehrzwecksaal des Gröbenzeller Freizeitzentrums zusammen.
In beiden Fällen sind es ausschließlich Sammler, die einerseits anbieten, andererseits selbst nach fehlenden Exponaten suchen. Doch während mit der Carrera-Rennbahn fast nur ältere Männer ihr Kindheitshobby frönen, ist die Barbie bis heute beliebtes Spielzeug geblieben und sind die Börsen-Teilnehmer im Alter wie Geschlecht unterschiedlich. Das sagt zumindest Organisatorin Uschi Nagel, die von einem „Boom“ spricht und 40 Verkaufende erwartet, davon sei ein Viertel männlich.

Nagel gehört dabei zu jenem Sammlertypus, der sein Hobby aus einer Kindheitserinnerung heraus begann. Die Gröbenzellerin hat ihre erste Barbie mit neun erhalten. Das war 1974 und die zweifelsohne berühmteste Puppe der Welt, geboren Anfang der Sechzigerjahre in den USA, war auch in Deutschland aus fast keinem Mädchenzimmer mehr wegzudenken: damals eine Blondine mit weiblichen Formen und Wimpern, im Maßstab 1:6. Die Gröbenzellerin kann sich erinnern, dass die „vollbusige Puppe“ nicht alle Eltern für ihre Töchter kaufen wollten, weil sie in der Figur ein „Sexsymbol“ gesehen hätten.
Die Tante aus Amerika
Nagel durfte indes mit Barbies spielen. Aber wie das so ist, gibt es als Kind immer Wünsche, die unerfüllt bleiben. Ein solcher war offenbar das Barbie-Modell einer Freundin, das diese von einer Tante aus Amerika geschenkt bekommen hatte, welches es aber in Europa nicht zu kaufen gab. Irgendwie hat das ihr wohl keine Ruhe gelassen. Zur Jahrtausendwende kam Ebay auf und bei der inzwischen längst erwachsenen Frau zündete der Gedanke, „es wäre doch toll diese Barbie zu finden“.
Ihr Wunsch erfüllte sich schließlich und geweckt war eine Sammelleidenschaft bis zum heutigen Tage. Auf 500 bis 600 schätzt sie die Zahl der Barbies, die sie bei sich zu Hause in Regalen gewissermaßen dauerausgestellt hat. Genau kann sie die Zahl nicht sagen. Aber: „In dem Moment, wo Du weißt, wie viele Du hast, ist die Sammlung fertig.“ Also geht es weiter. Und ein Ende ist ja auch vom Hersteller Mattel nicht in Sicht.

Die Puppe ist ja stetiger Veränderung unterworfen, orientierte sie sich von Anfang an an aktuellen Modetrends und ist daher immer eine Verkörperung des jeweiligen Zeitgeistes: „Anhand der Barbie kann man immer sehen, in welcher Zeit wir sind“, sagt die Gröbenzellerin. Ein paar Beispiele: 20 Jahre lang war Barbie grundsätzlich blond. Erst 1991 gab es dann wieder andere Haarfarben. Hispanische und afroamerikanische Versionen kamen dazu, seit 2016 gibt es die Modepuppe mit verschiedenen Körpern in dick, groß und klein. Kritisiert wurde das Plastikgeschöpf im Laufe der Zeit von vielerlei Seiten: Wissenschaftler bemängelten etwa die Körpermaße, mit denen ein Mensch nicht lebensfähig sei. Feministinnen stießen sich an dem traditionellen Frauenbild, das die Puppe zementiere.

Germering:Mit den Flitzern in die Jahre gekommen
Die südbayerische Rennbahnbörse in Germering zieht viele Aussteller und Interessenten an, die das Hobby bereits seit vielen Jahrzehnten betreiben. Der Grundstein dafür wird meist in der Kindheit gelegt.
Was Barbie im Laufe ihres Lebens alles durchgemacht hat und wie sie von ihren Schöpfern immer wieder verändert wurde, das ist sicherlich auf der Börse in Gröbenzell wunderbar zu studieren. Hauptobjekt wird laut Nagel natürlich Barbie sein, aus markenschutzrechtlichen Gründen dürfe man die Veranstaltung aber nicht nach ihr benennen. Deshalb der Begiff „Fashion dolls“. Auf ein Viertel der angebotenen Exponate schätzt die Organisatorin Actionfiguren, die von Big-Jim, Power Rangers und Star-Wars-Figuren bis hin natürlich zu Ken reichen, Barbies Freund, zur Heirat haben es die Hersteller bekanntlich bis heute nicht kommen lassen.
Hannah Montana kostet 299 Euro
Wer auf der Börse fündig werden will, sollte aber durchaus ein wenig Geld mitnehmen. Alte Vintage-Barbies haben ihren Preis. Im Internet zu finden sind da etwa Hannah Montana zu 299 oder Ken Brünet aus Japan zu 250 Euro. Und nicht nur diese historischen Perlen benötigen dann der Pflege. Denn Barbies bestehen aus Plastik und sind daher dessen Alterungserscheinungen unterworfen. Vor allem bei den älteren Puppen gibt es Probleme, weil das Material ausbleicht, vergilbt oder Öl absondert.

„Manche Puppen fangen an zu schwitzen“, erzählt Nagel von einem Phänomen des Alterungsprozesses. Deshalb: „Wie bei jedem alten Spielzeug ist die Lagerung ein Thema.“ Barbies sollten vor Feuchtigkeit geschützt sein. Und was der Zahn der Zeit nicht schafft, richtet der Mensch an. Die Gröbenzellerin ist auch so etwas wie eine Barbie-Doktorin, repariert kaputte Puppen. Zieht dann schon mal zwei Tage lang neue Haare ein, wenn diese ihr abgeschnitten worden sind, was Nagel im Übrigen eine „Unart“ findet.
Abgebissene Daumen
Und noch mehr schmerzt sie es, wenn Barbies an Händen und Füßen Bissspuren aufweisen oder ihnen gleich die Daumen abgebissen worden sind. Das geschah dann sicherlich, als die Puppe noch Spielzeug war und nicht begehrtes Schauobjekt für Vitrine oder Regal. Eine Sammlerin wie Uschi Nagel sieht da auf Barbie mit anderen, noch sorgsameren Augen und einem sehr empfindsamen Herzen.

„Fashion-Dolls & Action-Figuren Börse“, Sonntag, 23. März, Mehrzweckhalle im Freizeitzentrum Gröbenzell, Wildmoosstraße 36, geöffnet 10 bis 16 Uhr. Der Eintritt beträgt fünf Euro.