Bakterien:Gefahr aus dem Duschkopf

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In mehr als 60 Wohnhäusern im Landkreis liegt die Legionellen-Konzentration über dem Grenzwert

Von Ariane Lindenbach, Fürstenfeldbruck

"Legionellen-Befall": Einen so überschriebenen Aushang müssen immer mehr Landkreisbewohner in ihrem Treppenhaus lesen. Denn ein Drittel der seit 2012 meldepflichtigen Anlagen in Wohnhäusern hatte nach Angaben des Gesundheitsamtes den Grenzwert überschritten. Inzwischen hat sich der Befall deutlich minimiert, oft genügen einfache Maßnahmen. Dennoch kommen die Bakterien, die schwere Lungenentzündungen auslösen können, so häufig vor, dass die Behörde einen eigenen "Legionellen-Berater" abgestellt hat. Es wird überlegt, diese Aufgabe durch eine weitere Halb-Tages-Stelle zu verstärken. Dennoch relativiert der Leiter des Gesundheitsamtes, Rudolf Summer, das Risiko: "Wenn Sie sehr gesund sind, macht Ihnen das gar nichts." Die größte Gefahr, etwa an einer Lungenentzündung zu erkranken, bestehe beim Duschen.

2012 wurde die Trinkwasserverordnung geändert. Seither müssen Wohnhäuser mit drei und mehr Einheiten einmal im Jahr ihre Wasserleitungen auf Legionellen-Befall überprüfen lassen. Die Meldepflicht an das Gesundheitsamt beginnt bei einer Konzentration von mehr als 100 Legionellen pro 100 Milliliter Wasser. Im Landkreis gibt es rund 2100 solcher meldepflichtigen Anlagen in Wohnhäusern sowie 310 in öffentlichen Gebäuden. Bei Letzteren war die Legionellen-Konzentration in drei Fällen leicht erhöht, bei den Wohnhäusern lagen zunächst etwa 700, also ein Drittel, über dem Grenzwert. Inzwischen ist deren Zahl laut Legionellen-Berater Steffen Beckschulte aber auf 65 gesunken. Bei den anderen hätten meist schon "erste Maßnahmen" gereicht, beispielsweise die Temperatur für die Warmwasserbereitung von 45 auf 60 Grad zu erhöhen oder Leitungen durchzuspülen, insbesondere wenn dort längere Zeit Wasser steht.

Die Bakterien kommen zwar in geringer Menge auch in kaltem Wasser vor, doch um sich zu vermehren, brauchen sie Wärme. Wird das Wasser allerdings über einen Durchlauferhitzer erwärmt, besteht Summer zufolge kaum Gefahr. Die Zeit sei zu kurz, als dass sich die wenigen Bakterien im kalten Wasser auf dem Weg vom Durchlauferhitzer zur Entnahmestelle auf ein gefährliches Maß erhöhen könnten. Überhaupt gelte es, die Menschen aufzuklären und Ängste zu nehmen, ergänzt Beckschulte. "Die Leute kriegen Panik." Sobald sie von einer erhöhten Legionellen-Konzentration in ihrem Trinkwasser wüssten, weil besagter Aushang sie plötzlich auf das Problem aufmerksam mache, laufe sein Telefon heiß. "Vermieter, Mieter, Eigentümer rufen an", manche fragten nach dem weiteren Vorgehen, andere, ob sie mit dem Wasser noch Zähne putzen oder Säuglingsnahrung zubereiten dürfen, wieder andere ließen erst einmal ihrem Frust über den Vermieter freien Lauf.

Beckschulte, dessen offizielle Bezeichnung Sachbearbeiter für Legionellen im Referat Hygiene lautet, versucht in allen Fällen zu beruhigen und aufzuklären. So sei es etwa völlig unbedenklich, von Legionellen befallenes Wasser für ein Badewannenbad zu verwenden oder damit Kaffee zu kochen. Andererseits erhöhe man die Gefahr, die kontaminierten Wasseraerosole einzuatmen enorm, wenn man sehr heiß dusche und einen Duschvorhang benutze. Dann bildet sich nämlich auf kleinem Raum sehr viel vom gefährlichen Wasserdampf. Die Gefahr unter der Dusche beginnt jedoch erst ab einer Konzentration von 10 000 Legionellen pro 100 Milliliter Wasser. Erst dann empfiehlt das Amt den Hauseigentümern, auf das Duschen zu verzichten.

Für Summer changiert die Meldepflicht irgendwo zwischen einer sinnvollen Einrichtung zur Eindämmung von Lungenentzündungen und "einem massiven Investitionsprogramm für die Sanitärindustrie". Denn: "Eine Lungenentzündung durch Legionellen ist bei uns selten." Ein bis zwei Fälle würden pro Jahr gemeldet, heuer war es bislang einer. Allerdings sei die Dunkelziffer recht hoch. Hinzu kommt, dass bei einer solchen Lungenentzündung Penicillin und andere Antibiotika nicht wirken.

Im Landkreis registriert das Gesundheitsamt die Anlagen mit einer erhöhten Legionellen-Konzentration. Steffen Beckschulte berät in allen Fragen um das Thema. Er ist unter Telefon 08141/51 95 07 erreichbar.

© SZ vom 19.08.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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