Verkehrspolitik:Regionalzüge fahren weiter an den Bahnhöfen vorbei

Verkehrspolitik: Es fährt kein Zug nach nirgendwo: Am Bahnhof Althegnenberg wünschen sich die Fahrgäste, dass der Regionalzug öfter halten würde.

Es fährt kein Zug nach nirgendwo: Am Bahnhof Althegnenberg wünschen sich die Fahrgäste, dass der Regionalzug öfter halten würde.

(Foto: Carmen Voxbrunner)

Althegnenberg, Haspelmoor und Mammendorf wünschen sich seit Jahrzehnten eine bessere Anbindung an den Schienenverkehr. Die Antwort des Verkehrsministeriums auf entsprechende Forderungen aus dem Landkreis lautet: Dies geht nicht und das auch nicht.

Von Heike A. Batzer, Althegnenberg

Man schrieb noch ein anderes Jahrtausend, als das Versprechen gegeben wurde: 1998 wurde den Gemeinden Althegnenberg, Haspelmoor und Mammendorf im Nordwesten des Landkreises zugesagt, dass stündlich ein Regionalzug auf der Strecke zwischen München und Augsburg an ihren Bahnhöfen halten würde. Das ist 24 Jahre her, aber noch immer gibt es keinen Stundentakt- obwohl die Menschen dort auf den Regionalzug angewiesen sind, weil die S-Bahn nur in Mammendorf, nicht aber in Althegnenberg und Haspelmoor hält. Empört reagierten deshalb die Kreispolitiker im Energie-, Umwelt- und Planungsausschuss des Kreistags auf eine Antwort aus dem Verkehrsministerium, die keinerlei Zuversicht verbreitet.

Die Kreisräte sind empört darüber, wie sie von der Landespolitik abgespeist werden

In den betroffenen Gemeinden arbeitet sich seit Jahrzehnten bereits ein eigener Verkehrsausschuss daran ab, Verbesserungen für die Fahrgäste zu erreichen. Weil befürchtet wird, dass sich das Angebot sogar verschlechtern könnte, wenn die zweite Stammstrecke erst einmal in Betrieb geht, formulierte der Kreistag Fürstenfeldbruck im vorigen Dezember mit einstimmigem Votum eine Liste mit Forderungen an Staatsregierung und Landtag, was den Schienenverkehr an den drei Bahnhöfen angeht. Über die Antwort, die Christian Bernreiter (CSU), seit einem Dreivierteljahr bayerischer Verkehrsminister, Mitte Juni geschickt hatte, herrschte nun im Energie-, Umwelt- und Planungsausschuss des Kreistags regelrechte Empörung. "Das ist an Ignoranz kaum zu überbieten", schimpfte Andreas Birzele (Grüne), der selbst aus dem Althegnenberger Ortsteil Hörbach kommt und sich im nächsten Jahr um ein Landtagsmandat bewirbt. Der jüngste Bauboom sei am Ministerium offenbar vorbeigegangen, sagte er zur Antwort des Ministers, der darin auf eine Verkehrserhebung aus dem Jahr 2015 verwiesen und diese immer "noch aktuell" genannt hatte. Auch UBV-Kreisrat Jakob Drexler nannte es nicht hinnehmbar, dass das Ministerium "alle unsere acht Vorschläge ablehnt".

Minister Bernreiter verweist mehrfach auf Fahrgastzahlen, die sieben Jahre alt sind

Auch in der Kreisverwaltung hatte man offenbar nicht mit einer derart herben Abfuhr gerechnet und spricht von einer "überraschenderweise doch recht rigorosen Sichtweise des Ministeriums". Jede Antwort zu den acht Punkten, die der Kreistag formuliert hatte, wurde vom Referat Öffentlicher Personennahverkehr (ÖPNV) im Fürstenfeldbrucker Landratsamt regelrecht seziert. "Tatsächlich ist es grundsätzlich wenig überraschend, wenn dort, wo es ein besseres Angebot gibt, auch mehr Fahrgäste mitfahren als dort, wo deutlich weniger Zu- und Ausstiege möglich sind", heißt es beispielsweise zur Aussage Bernreiters, wonach es für Verbesserungen an den drei Bahnhöfen keine Kapazitäten gebe und die Ein- und Aussteigerzahlen an den ebenfalls an der Linie liegenden Bahnhöfen im Landkreis Aichach-Friedberg (Kissing, Mering, Sankt Afra) eben höher seien als an den Bahnhöfen im Landkreis Fürstenfeldbruck. Deshalb werde "den Bahnhöfen westlich von Mering Priorität bei den Zughalten eingeräumt", schrieb Bernreiter unmissverständlich in seiner Antwort an seinen CSU-Parteikollegen, den Fürstenfeldbrucker Landrat Thomas Karmasin.

Eine kleine Verbesserung aber gibt es nun doch: Mit dem Fahrplanwechsel zum 11. Dezember wird es in der morgendlichen Hauptverkehrszeit einen zusätzlichen Regionalzughalt in Althegnenberg und Mammendorf geben. Zudem wird der Regionalzug, der um 20.35 Uhr am Münchner Hauptbahnhof losfährt und in Althegnenberg und Haspelmoor hält, dann auch in Mammendorf halten. Diese Information hatten Alfred Beheim, Geschäftsführer des Verkehrsausschusses der Gemeinden im nordwestlichen Landkreis, die beiden Bürgermeister von Hattenhofen und Althegnenberg, Franz Robeller und Rainer Spicker, und der CSU-Landtagsabgeordnete Benjamin Miskowitsch vorige Woche von einem Termin bei Verkehrsminister Bernreiter mitgebracht. Dass die Streiter für Verbesserungen an den drei Bahnhöfen sich schon über kleinste Errungenschaften freuen, machte Beheim mit der Aussage deutlich, wonach "wir jedem Semmelbrösel hinterherjagen". Für die Unterstützung durch die Kreispolitiker ist Beheim, der schon seit 24 Jahren für eine Verbesserung an den drei Bahnhöfen kämpft, deshalb dankbar: "Es ist toll, wie der Kreistag dahinter steht."

Verkehrspolitik: Nur wer Treppen gehen kann, kommt in Haspelmoor von einer Seite des Bahnhofs auf die andere.

Nur wer Treppen gehen kann, kommt in Haspelmoor von einer Seite des Bahnhofs auf die andere.

(Foto: Carmen Voxbrunner)

Beim schon lange geforderten barrierefreien Zugang zum Bahnhof Haspelmoor verweist das Ministerium auf die Zuständigkeit der DB Station & Service und darauf, dass es auch an diesem Bahnhof zu wenige Fahrgäste gebe, um ihn mittelfristig umbauen zu können. Der Bund finanziere Maßnahmen zum barrierefreien Ausbau von Bahnhöfen grundsätzlich "erst ab einer Fahrgastfrequenz von mindestens 1000 Ein- und Aussteigern von Tag", schreibt Bernreiter. Die Nachfrage in Haspelmoor aber liege "weit unter diesem Schwellenwert". Nach Einschätzung der Staatsregierung sei deshalb kurzfristig kein barrierefreier Ausbau des Bahnhofs Haspelmoor zu erwarten. Allenfalls strebe der Freistaat nach Fertigstellung der zweiten Stammstrecke eine barrierefreie Erschließung des Bahnsteigs an.

Am Bahnhof Haspelmoor gibt es keine Möglichkeit, barrierefrei auf die andere Seite zu gelangen

So müssen Fahrgäste, die in der einen Ortshälfte von Haspelmoor wohnen und auf Rollator oder Rollstuhl angewiesen sind, weiterhin mit dem Bus nach Mammendorf fahren und mit einer anderen Linie zurück, wenn sie in die andere Ortshälfte von Haspelmoor möchten. Warum? Weil es am Bahnhof keine Möglichkeit gibt, barrierefrei auf die andere Seite zu gelangen. Es gibt nur eine Unterführung mit Treppenzugang. In den Sitzungsunterlagen für die Kreisräte erinnerte die Verwaltung deshalb noch einmal an eine vollmundige Aussage von Bernreiters Vorgängerin Kerstin Schreyer vom Jahresanfang: "Auch 2022 schieben wir beim barrierefreien Ausbau der bayerischen Stationen weiter kräftig an!"

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