Kommentar:Sieg der Vorsicht

Badeinseln können Spaß machen, doch Spaß darf nicht sein. Das Urteil des Bundesgerichtshofes zeigt, wie lebensfern Richter sein können

Von Andreas Ostermeier

Das sind schlechte Nachrichten für die Badefreunde. Etliche Kommunen in diesem und in anderen Landkreisen räumen Badeinseln, Sprungtürme oder Stege weg, um möglichen Regressansprüchen oder Gerichtsverhandlungen zu entgehen. Wieder einmal siegen Vorsichtsmaßnahmen über den Spaß, in diesem Fall den Spaß am Baden. Ihrer Aufsichtspflicht nachkommen könnten Kommunen nur, wenn sie Bademeister für jedes Gewässer im Ortsbereich einstellten. Doch so viele Bademeister gibt es nicht, weder für die Anzahl der Gewässer noch für die notwendige Länge der Arbeit. Denn ein See wie beispielsweise das Pucher Meer lässt sich eben abends nicht so einfach zusperren wie ein Freibad.

Der Fall zeigt, wie lebensfern Gerichte bisweilen urteilen. Passiert nämlich an einer Einrichtung der Kommune, beispielsweise einer Badeinsel, ein Unfall, dann muss nach einem Urteil des Bundesgerichtshofs die Kommune, die die Einrichtung installiert hat, beweisen, dass der Unfall und seine Folgen auch unabhängig von der Einrichtung ebenso passiert wären. Das ist kurzgefasst der Inhalt der sogenannten Beweislastumkehr, die das Gericht in derartigen Fällen vorschreibt. Da die geforderte Beweisführung jedoch so gut wie unmöglich ist, entfernen Kommunen ihre Einrichtungen vorsichtshalber. Eine Überlegung wie die, dass eine Badeinsel Schwimmern auch die Gelegenheit zu einer Pause bieten kann, spielt dabei keine Rolle, ebenso wenig wie die, dass sich so mancher Badende sicherer fühlt, wenn er eine solche Plattform in seiner Nähe weiß.

Sprungtürme oder Wasserrutschen wird es also bald nur noch dort geben, wo ein Bademeister Aufsicht führt. Die Bemühungen von Lokalpolitikern, auch an anderen Gewässern Attraktionen für die Badegäste zu schaffen, sind offensichtlich gescheitert. Politiker, die eher die Risiken sehen, bauen deshalb die geschaffenen Einrichtungen ab, Politiker, die darauf vertrauen, dass in der Regel nichts passiert, lassen die Einrichtungen stehen. Die Ausstattung von Seen kann aber nicht Sache der persönlichen Risikobewertung von Bürgermeistern sein. Nun sind Landes- und Bundespolitiker gefragt, Rechtssicherheit zugunsten der Kommunen zu schaffen. Denn das Sonnen auf einem Steg, das Ausruhen auf einer Badeinsel oder das Hechten von einem Sprungturm gehören doch wie der Sonnenschein zu einem gelungenen Tag am See.

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