Autonomie bis 2030 in Gefahr:Unvollständige Energiewende

Gutachter bezweifeln, dass der Landkreis sein Klimaschutzziel bis 2030 schaffen wird

Karl-Wilhelm Götte

Solardach und Kirchturm

Der Landkreis Fürstenfeldbruck möchte bis 2030 den gesamten Energiebedarf aus erneuerbaren Energien selbst produzieren

(Foto: Johannes Simon)

- Der Landkreis wird sein im Jahr 2000 formuliertes Klimaschutzziel möglicherweise nicht erreichen. Davon gehen Gutachter aus, die das Ziel, den Landkreis bis 2030 völlig mit erneuerbaren Energien zu versorgen, als unrealistisch ansehen. Bei der Vorlage des innerhalb eines Jahres erarbeiteten Klimaschutzkonzepts am vergangenen Freitag empfahlen die Berater, die Stelle eines Klimaschutzmanagers zu schaffen.

Nur Strom könne bis 2030 zu hundert Prozent mit Sonne, Wasser, Wind und anderen alternativen Energieträgern bereitgestellt werden, so die Gutachter, die an die Technische Universität München angegliedert sind. Schon die Wärmeversorgung allein aus erneuerbaren Energien zu bestreiten, halten die Wissenschaftler für schwer machbar. Den Verkehr ganz auf Alternativen zum Öl umzustellen, betrachten die Berater bis 2030 als unrealistisch. Um die gesetzte Zielmarke 2030 zu erreichen und von den klimaschädlichen 1,4 Millionen Tonnen CO2-Ausstoß, den der Landkreis jährlich produziert, herunterzukommen, setzen die Experten vor allem auf Energieeinsparung. "Die hat eine Schlüsselrolle", erläuterte Berater Mark Michaeli. Die Frage aus dem Publikum, wie viele, besonders ältere Hauseigentümer eine umfassende energieeffiziente Sanierung bezahlen könnten, blieb unbeantwortet. Michaeli sprach sich bei den sogenannten "Startmaßnahmen" erst einmal dafür aus, eine Klimaschutzleitstelle einzurichten, die von einem Klimaschutzmanager geführt wird. Diese sollte zunächst öffentliche Gebäude und Straßen ins Visier nehmen. Als eine Sofortmaßnahme empfahl er, sich um die Kfz-Zulassungsstelle in der Brucker Hasenheide zu kümmern. Mit einem Maßnahmenpaket aus energetischer Sanierung und dem Einsatz erneuerbarer Energien bei Strom- und Wärmeerzeugung hält Michaeli eine 80-prozentige CO2-Reduktion für erreichbar. Als weiteres "Leuchtturmprojekt", über das die Bevölkerung zunächst diskutieren sollte, betrachtet er die "Optimierung der Straßenbeleuchtung". Potenzial gäbe es vor allem auf dem Radweg von Maisach nach Gernlinden und an der Olchinger Hauptstraße.

Der Autoverkehr, besonders im dünn besiedelten Westen des Landkreises, treibt den Kohlendioxid-Ausstoß beträchtlich in die Höhe. "Der Verkehr hat einen Anteil von 30 Prozent", erklärte der zweite Gutachter, Gebhard Wulfhorst. Nach wie vor werde die Verkehrsmittelwahl vom Auto bestimmt. 45 Prozent benutzten das Auto, nur elf Prozent öffentliche Nahverkehrsmittel wie Bus und Bahn. 16 Prozent aller Wege werden immerhin zu Fuß erledigt, 14 Prozent mit dem Fahrrad. Wulfhorst sah noch viel Potenzial beim Fahrradfahren, dessen Anteil in München beispielsweise bei 17 Prozent liege. Für den Landkreis schlug er "Radschnellwege" als Vorrangrouten vor.

"Pessimismus ist kein Motor zum Wandel", konterte Landrat Thomas Karmasin die Einschätzung der Gutachter und fügte kämpferisch hinzu: "Die Energiewende im Landkreis - das wollen wir." Alexa Zierl, seit hundert Tagen neue Vorsitzende von Ziel 21, dem Trägerverein der Energiewende im Landkreis, stimmte Karmasin zu: "Es gibt keinen Grund, vom 100-Prozent-Ziel abzurücken." Gehe man auf 2040, würde zehn Jahre lang nichts passieren. Es gelte, hinsichtlich des Klimaschutzes Bewusstseinsbildung auf allen Ebenen zu betreiben.

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