Ausstellung "Viceversa":Das Konkrete im Unkonkreten

Eine Ausstellung im Kom zeigt, wie sich Fotografie mit den Mitteln der Malerei und abstrakte Malerei mit den Mitteln der Fotografie annähern können.

Von Florian J. Haamann

"Viceversa" heißt die aktuelle Ausstellung im Olchinger Kom. Viceversa - im umgekehrten Wechsel, andersherum, umgekehrt also. Es ist eine ganz treffende Bezeichnung für das Zusammenspiel der beiden ausstellenden Künstler, Esther Balázs und Johannes Simon. Die beiden kennen sich seit mehr als zwanzig Jahren und haben zwar, wie Simon in seiner Eröffnungsrede erklärte, nie im physischen Sinne miteinander gearbeitet, sind aber trotzdem durch gemeinsame Kanäle und gemeinsame Ideen miteinander verbunden. Diese Verbundenheit ihrer Werke präsentieren sie jetzt also in einer gemeinsamen Ausstellung.

Esther Balázs, hat von 1993 bis 1997 freie Malerei an der Akademie der Bildenden Künste in Nürnberg studiert. Simon studierte von 1984 bis 1987 Malerei und Grafik an der Akademie der Bildenden Künste in München. Seit 1992 ist er auch als Fotograf tätig, unter anderem für die Süddeutsche Zeitung. Und so zeigt er in der Ausstellung Fotografien, die alle im Dunstkreis des Landkreises entstanden sind. Seine Bilder erinnern in ihrer Nüchternheit und ihrem dokumentarischen Charakter an die Fotografie der Düsseldorfer Becher-Schule. Balázs stellt dem ihre Werke entgegen, die wiederum an die Farbfeldmalerei eines Mark Rothko erinnert. In gewisser Weise abstrakt, aber dennoch nicht kühl und rein handwerklich, sondern von einer warmen Emotionalität.

Da ist etwa ein Bild, in dessen unterer Hälfte ein schmaler grüner Streifen gemalt ist, der dann in ein mal kräftiges, mal zartes Blau übergeht. Unweigerlich bekommt man das Gefühl, auf einen Abschnitt der bretonischen Küste zu blicken, mit ihren saftigen Wiesen, die fast ohne Übergang direkt in die kristallklare See übergehen. Vielleicht ist es aber auch ein Motiv der ebenso geschaffenen irischen Küste. Was naheliegt, lebte Balázs doch von 1997 bis 2002 im irischen West Cork, einer Gegend mit wild-romantischen Landstrichen. Gleich daneben hängt ein ähnliches Bild. Nur dass dort der grüne Streifen das Bild dominiert, dessen Farbverlauf sich von sattem Grasgrün zu einem ganz leichten Grünton entwickelt. Den Bildabschluss bildet wieder ein schmaler blauer Streifen. Dieses Mal wirkt das Gemälde wie der Blick auf eine volle Sommerwiese, auf die man als Betrachter vom Rand eines Wanderweges blickt.

Ergänzt werden diese beiden Bilder durch eine Fotografie Simons. Darauf zu sehen eine Landschaft, die am unteren Bildrand durch eine Betonmauer - wahrscheinlich eine Straßenbegrenzung - begrenzt wird, an die sich ein Zaun anschließt. Es ist eine Winterlandschaft, man sieht eine durchbrochene Schneedecke und viel braunes, vertrocknetes Gras.

An dieser, wie auch an den anderen Kombinationen der Ausstellung, wird das Viceversa -Thema deutlich. Balázs arbeitet mit abstrakten Formen, die im Kopf des Betrachters automatisch gegenständliche Motive hervorrufen, während umgekehrt die Bilder Simons zwar eine konkrete Szene zeigen, die sich durch ihre Funktionslosigkeit in der konkreten Situation allerdings auf mehr oder weniger geometrische Figuren reduziert und damit ins Abstrakte abgleitet.

Sehr schön wird das auch an einer weiteren Stelle der Ausstellung deutlich. Eine Fotografie Simons zeigt ein schwarzes Fenster mit geschlossener grauer Jalousie daneben. Dazu stellt Balázs drei jeweils einfarbige Quadrate: dunkelblau, türkis und mint-türkis. Betrachtet man das Ensemble aus der Entfernung wirkt es, als ob sowohl die Fotografie, als auch die Malereien die selbe Szene zeigen, und je länger man darauf schaut, desto mehr verschwimmt die Konkretheit der Fotografie und desto konkreter werden die Farbquadrate. Es empfiehlt sich daher, sich die Werke erst bei einem Rundgang durch den Raum im Detail anzuschauen und sich danach direkt in die Mitte des Raumes zu stellen, um von dort aus zu beobachten, wie die sich die Kunstwerke bei längerer Betrachtung immer ähnlicher werden. Und schließlich versteht man, was diese ominösen gemeinsamen Kanäle sind, die die beiden Künstler verbinden.

Die Ausstellung "Viceversa" im Kom Olching ist noch am Samstag, 2. November, von 11 bis 17 Uhr und am Sonntag, 3. November, von 10.30 bis 17 Uhr zu sehen. Der Eintritt ist frei.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: