Ausstellung:Reduzierte Fotografie

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Eine Ausstellung im Landratsamt fordert den vom Bilderüberfluss des Netzes geprägten Betrachter zum Nachdenken heraus

Von Florian J. Haamann, Fürstenfeldbruck

Mit den sozialen Netzwerken sind Fotografien zur Massenware geworden. Quasi im Sekundentakt tauchen sie allerorts vor dem Auge des Nutzers auf und treiben ihn permanent an die Grenzen der visuellen Aufnahmefähigkeit. Durch die Massenproduktion, in der Quantität und Spektakel vor Qualität gehen, geht zudem zusehens die Anerkennung für die Leistung des Fotografen verloren, der immer weniger Künstler und immer mehr Produzent ist. Einen ganz bewussten Gegenpol zu diesem Trend setzt nun der Foto- und Filmclub Fürstenfeldbruck mit seiner aktuellen Ausstellung auf der Galerie des Landratsamts. 35 ausgewählte Schwarz-Weiß-Bilder sind dort zu sehen.

Rainald Reb wirft einen Blick "nach oben". (Foto: Rainald Reb/Fotoclub FFB)

Es ist ein klares Statement für die Kunst, das die Mitglieder des Vereins damit abgeben, der Versuch einer Trenddurchbrechung. Trotz ihrer motivischen Komplexität sind die Fotografien Ausdruck der Reduktion und Vereinfachung. Wo Farbe fehlt, muss das Auge (sowohl des Fotografen als auch des Betrachters) genauer hinschauen, um das Sehenswürdige zu entdecken. Schon bei der Aufnahme muss der Fotograf versuchen, die Farbigkeit wegzudenken, den Blick auf Form, Kontrast, Schatten zu konzentrieren. Die Bilder sind mehr Gestaltung als Inszenierung.

Annett Rost zeigt einen Wald "Im Nebel". (Foto: Annett Rost/Fotoclub FFB)

Die für die Ausstellung ausgewählten Fotos decken alle Bereiche ab, in denen die Schwarz-Weiß-Technik glänzen kann: Architektur, Industrie, Porträt (Mensch und Tier), Landschaft. Ludwig Abele etwa hat für "Außer Betrieb" eine stillgelegte Produktionshalle eingefangen. Die Fenster sind teils zerbrochen, teils verdreckt, das Backsteingemäuer bröckelt. Von der Decke hängt ein großer, massiver Transporthaken. Die stillgelegte Maschine ist mit einer Patina überzogen, die dunkle Farbe abgeplatzt. Es sind Zeugen einer vergangenen Zeit, die hier noch einmal in Pose gesetzt werden, ein melancholisches Abschiedsfoto.

Robert Hoiss hat einen stolzen Weißkopfseeadler fotografisch eingefangen. (Foto: Robert Hoiss/Fotoclub FFB)

Das Leben dagegen hält Alexandr Umanskyi mit "Alter Mann" fest. Die Reduktion auf Schwarz und Weiß lässt das von einem anstrengenden, arbeitsreichen Leben erzählende Gesicht noch intensiver wirken, den langen Bart noch strahlender. Skeptisch, aber nicht ablehnend schaut der Mann mit großen Augen nach links aus dem Bild. Nicht weniger eindrücklich ist der Weißkopfseeadler von Robert Hoiss. Jede Feder ist bis ins letzte Detail erkennbar, ebenso die Musterung in den wachsamen Augen des Tieres. Kein Hintergrund oder sonstiges Detail lenkt von der Betrachtung des Tieres ab.

In den gezeigten Architekturaufnahmen werden die abgelichteten Motive, die selbst ja schon Kunstwerke sind, zu Bausteinen, aus denen die Fotografen etwas ganz Eigenständiges machen. So wie Rainald Reb in "Nach oben". Vom Erdgeschoss aus richtet sich der Blick in ein Treppenhaus. Spiralartig läuft das Geländer von außen nach innen, führt den Blick des Betrachters zu einem kleinen Punkt an der Decke. Überhaupt nicht mehr erkennbar ist das Motiv in Helga Zaunriths "Bahnhof Liege". Fenster, Metallträger, Streben, Licht und Schatten werden dabei zu Puzzleteilen eines geometrischen Gebildes, in dem sich der Blick ständig neu orientieren muss, um überhaupt ein Gefühl für Dimension und Anordnung zu bekommen.

Und so fordert jede dieser technisch und gestalterisch hervorragenden Aufnahmen den Betrachter aufs Neue heraus, ihre Geschichte zu erkunden. Somit gelingt also genau das, was die Kuratoren wollten: den Blick und das Gefühl für die Fotografie zu schärfen.

Ausstellung "Schwarzweiß" des Film- und Fotoclubs Fürstenfeldbruck, Galerie im Landratsamt, zu sehen bis 12. April

© SZ vom 28.03.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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