Süddeutsche Zeitung

Ausstellung:Kreuze, Herzen und Figuren

Die Olchingerin Gertraud Thümmel verschenkt ihre Kunstwerke

Von Katharina Knaut, Olching

Kaum etwas ist künstlerisch wohl so vielseitig auszudrücken wie eine Liebeserklärung. Sie kann in lyrischen Zeilen niedergeschrieben, in einem Prosatext festgehalten oder in Acryl auf einer Leinwand verewigt werden.

Die Olchinger Künstlerin Gertraud Thümmel hat für den Ausdruck ihrer Gefühle ein plastischeres Material gewählt. "Liebeserklärung in Ton" nennt sie die Ausstellung, die bis Sonntag, 10. November, im Pfarrsaal von St. Peter und Paul zu sehen ist. Die gläubige Künstlerin, die bereits in Pfarreien in München, Koblenz und Innsbruck ausstellte, gestaltete überwiegend religiöse Szenen, in denen aber auch Naturmotive eine Rolle spielen. "Es ist eine Liebeserklärung an Gott und das Leben", erklärt sie. Jeden Tag sei sie erstaunt über die Schönheit, die sie überall sehe.

Worte, die vor allem aus dem Mund Gertraud Thümmels bemerkenswert erscheinen. Denn sie erlebte, dass das Leben auch sehr hässliche Seiten annehmen kann: Ihr älterer Sohn Alexander stürzte 1998 von seinem Fahrrad und erlitt ein schweres Schädelhirntrauma. Eine linksseitige Wahrnehmungsstörung war die Folge. Zunächst konnte er mit der Beeinträchtigung noch eigenständig leben. Doch dann kam es 2007 zu einem zweiten Unfall, durch den sich sein Zustand verschärfte. Mittlerweile lebt Alexander in einer Einrichtung in Bad Tölz. Jahrelang hat Thümmel sich um ihn gekümmert. Um ihn und seinen Bruder Boris, der seit seiner Geburt an einer Spina Bifida leidet, einer Behinderung, bei der ein Teil des Rückenmarks freiliegt. Das schränke ihn motorisch ein, erklärt Thümmel, die für den Einsatz für ihre beiden Söhne 2017 die Bundesverdienstmedaille erhielt.

Ihr Glaube und ihre Religion haben ihr durch die schweren Zeiten geholfen. Von Gott fühlt sie sich verstanden. Er wisse, wie es sich anfühle, wenn der Sohn leide, erklärt sie. Thümmels Glaube ist das Hauptmotiv in ihrer Ausstellung. Dort zeigt die Künstlerin sowohl kleinere Gegenstände wie Kreuze, Herzen und Figuren. Daneben finden sich aber auch bunte Brunnen und größere Reliefarbeiten, auf denen religiöse Szenen abgebildet sind.

Besonders am Herzen liegt ihr dabei eine von ihr gefertigte Monstranz. Die Stelle, die für die Hostie vorgesehen ist, formte sie als hohle Hand, die einen Kopf bettet. Umgeben ist diese Szene von einer Reihe Kieselsteine aus der KZ-Gedenkstätte in Dachau. "Das soll zeigen, egal was geschieht, bei Gott ist man geborgen", erklärt Thümmel.

Den Umgang mit Ton erlernte sie in Südafrika. 1971 wanderten sie und ihr Mann in das fremde Land aus, Thümmel absolvierte dort sowohl das Staatsexamen in Englisch als auch ihre künstlerische Ausbildung. 1984 kehrte die gebürtige Tirolerin mit ihrer Familie nach Europa zurück. Seit über 30 Jahren lebt sie mittlerweile in Olching, gibt bis heute Englischkurse an der VHS. Hier begann sie auch mit ihren religiösen Arbeiten, die sie nach dem zweiten Unfall ihres Sohnes jedoch beendete.

Mit ihrem 70. Geburtstag in diesem Jahr sei in ihr dann aber der Wunsch gewachsen, ihre Arbeiten in einer Retrospektive noch einmal zu zeigen. Einige Werke wie die Monstranz will sie auch verschenken. Bisher habe sie sie im Keller gelagert, sagt Thümmel. Nun sollen sie einen Platz erhalten, an dem sie den Menschen Freude machen.

Die Familie hat zusammen mit Gott für Thümmel die größte Bedeutung. Besonders dankbar ist sie ihrem Mann, mit dem sie fast 50 Jahre verheiratet ist und dem sie eine ganz besondere Liebeserklärung widmet: Stets habe er sie in allem unterstützt, im Leben und auch in ihrer Kunst. Es sei nicht immer einfach gewesen, aber zusammen habe man alles leisten können, sagt Thümmel.

Die Ausstellung ist bis Sonntag, 10. November, im Pfarrheim St. Peter und Paul, Pfarrstraße 12, zu sehen.

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Quelle:
SZ vom 05.11.2019
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