Ausstellung in Gröbenzell:Pionier moderner christlicher Kunst

Die Galerie im Bürgerhaus zeigt eine großartige Retrospektive mit Grafiken und Gemälden von Walter Habdank.

Angelika Steer

Einen umfassenden Einblick in das Werk des Malers und Grafikers Walter Habdank gewährt derzeit eine großartige Ausstellung in der Galerie des Gröbenzeller Bürgerhauses, die von der Gemeinde in Zusammenarbeit mit der Galerie Habdank zusammengestellt wurde. Keine leichte Aufgabe, schließlich hat der in Schweinfurt geborene Künstler, der viele Jahre in Berg am Starnberger See lebte, in fünf Jahrzehnten künstlerischer Schaffenszeit ein gewaltiges Œuvre hinterlassen.

Walter Habdank gilt heute als einer der führenden Künstler der christlichen Kunst des 20. Jahrhunderts. Er war der Erfinder der Corporate Identity des Collegium Augustinum. Für deren Wohnstifte, Krankenhäuser und Kirchen kreierte er unzählige Wandbilder, Mosaike und Glasfenster und entwickelte zudem die sogenannte Augustina-Schrift. Reproduktionen seiner Holzschnitte zur 1995 veröffentlichten "Habdank-Bibel" wurden tausendfach anlässlich christlicher Großveranstaltungen verteilt.

Doch seine gegenständliche Kunst im Zeitalter der Abstraktion wurde von vielen Seiten auch vehement abgelehnt. Bereits als junger Student glaubte Walter Habdank erkannt zu haben, dass "das ganze abstrakte Arbeiten ein gehaltloses Geplätscher ist". Der Künstler blieb seiner Linie treu, sonst wären der Nachwelt so eindrucksvolle und ergreifende Arbeiten wie "Hiob", "Noah" und "Gefangener" - um nur einige zu nennen - vorenthalten geblieben.

Die Darstellung des Menschen in Extremsituationen steht bei Walter Habdank eindeutig im Vordergrund. Landschaft kommt in seinen Holzschnitten nicht vor, sie wird höchstens in glatten, horizontalen Streifen angedeutet. Sein "Gefangener zu Psalm 88" besticht durch die starke Betonung der Hände und der Augen, ein "Markenzeichen" des Künstlers. Der Protagonist sitzt zusammengepfercht in einem Holzkäfig, Knie und Füße befinden sich außerhalb der Gitterstäbe, die knotigen und mageren Hände hat er in Abwehrhaltung vor sein Gesicht gehoben.

Der Körper ist stark verdreht, einen Fuß hat der Künstler in Aufsicht abgebildet, obwohl die Extremität rein anatomisch gesehen in der Untersicht zu sehen sein müsste. Der Käfig ist nach vorne hin offen, eigentlich könnte sich der Gefangene trotz seiner Fesseln daraus befreien. Doch er hat sich seinem Schicksal bereits ergeben.

So wie Hiob, den Walter Habdank unter anderem in einem Ölgemälde verewigte. Nackt und wehrlos kauert der vom Leben schwer Gebeutelte inmitten einer kahlen Landschaft. Die riesigen Hände hält er über seinen Kopf, um die Schläge von oben abzuwehren. Der Blick ist starr. Der von Geschwüren gezeichnete Körper hebt sich von der unwirtlichen Umgebung nur aufgrund der starken Betonung der Umrisskonturen ab. Denn Habdank bildet Hiob und Landschaft in einheitlichen Farben - dunkles blau, schwarz, braun und orange Reflexlichter - und einheitlicher Pinselführung ab.

Eine lebenslange Hinwendung zum Geheimnisvollen und Unheimlichen zeigt sich im großformatigen Gemälde "Schausteller". Der Künstler, der seine Freunde oft selbst mit bühnenreifen Auftritten als Clown oder Narr unterhielt, stellt seine drei Protagonisten in kühlen Pastellfarben, die er glatt auf die Leinwand aufgetragen hat, dar. Eine rätselhafte Truppe, bestehend aus einem Pierrot mit Saxophon, einem stark geschminkten Narren und einer Figur, die eine schnabelförmige rote Mütze trägt. Diese lässt nur ein Auge frei, so dass das Haupt des Dargestellten zum Vogelkopf mutiert. Seine Hände sind gefesselt, das Ende des Seiles hält die hinter ihm stehende Figur. Die Gruppe blickt ins Leere.

Bizarres Vogelgetier bevölkert auch das frühe Triptychon "Der verlorene Sohn". Eine düstere Lithografie, in der nicht die glückliche Heimkehr des Protagonisten im Mittelpunkt steht, sondern seine Verzweiflung auf seinem Weg durch die Fremde. Bösartige Vogelgestalten dienen hier als Versinnbildlichung des Diabolischen. In späteren Jahren wandelte Walter Habdank diese Untiere ebenso wie seine Menschen-Unholde zu belustigenden Mischwesen um, die mehr amüsieren als verängstigen.

Gänzlich positiv ist schließlich die Figur des "Noah", den der Künstler in einem Farbholzschnitt und einem nahezu identischen Aquarell dargestellt hat. Freudig empfängt Noah die Taube, die einen blühenden Zweig im Schnabel hält. Die Arche wird nicht dargestellt, wiederum drücken Hände und Augen alles Wesentliche aus. Das Chamäleon hat Walter Habdank zu seinem Wappentier erhoben. Seiner Meinung nach "ein Geschöpf voller Lebenstüchtigkeit, Intelligenz und Vielfarbigkeit, ausgestattet mit einer schlagfertigen Zunge". Eine gute Wahl des so vielseitigen und wandelbaren Ausnahmekünstlers.

Walter Habdank; Retrospektive in der Galerie des Gröbenzeller Bürgerhauses; geöffnet Montag bis Donnerstag von 17 bis 20 Uhr, Freitag und Samstag von 10 bis 12 und von 17 bis 20 Uhr und Sonntag und Feiertag von 11 bis 13 und von 17 bis 20 Uhr; bis 13. Juni.

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