Ausstellung:Der Porträtist

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Zu seinem 85. Geburtstag zeigt der Brucker Maler Radu-Anton Maier in seiner Galerie eine interessante Ausstellung. Sie zeichnet seine künstlerische Auseinandersetzung mit dem menschlichen Gesicht nach. So werden die Geschichten verdeutlicht, die seine Bilder erzählen

Von Florian J. Haamann

Es ist eigentlich eine anachronistische Form, der der deutsch-rumänische Künstler Radu-Anton Maier sein Schaffen verschrieben hat: die Porträtmalerei. Schon seit dem Aufkommen der Fotografie hat sie stetig an Bedeutung verloren, spätestens die sozialen Netzwerke aber waren ihr Todesstoß. Von sich ein klassisches Porträt malen zu lassen, das ist höchstens noch Ausdruck einer verblassenden Großbürgerlichkeit oder mittelständischer Eichemassivwand-Ästhetik. Oder etwa nicht? Steht man vor den Porträts von Maier, verlieren alle gängigen Vorstellungen über dieses Genre ihre Bedeutung. Die Werke des 85-Jährigen sind so frisch und modern, sich beim Surrealismus eines Dalí bedienend, dass sie wie eine ganz eigene, neue Gattung wirken. In seiner Fürstenfeldbrucker Galerie zeigt Maier anlässlich seines 85. Geburtstags eine Ausstellung, in der Besucher ausschließlich Porträts sehen, die der Künstler in den vergangenen Jahrzehnten geschaffen hat.

Das Besondere an Maiers Porträts ist, dass es ihm nicht darum geht, die Gesichter möglichst getreu wiederzugeben, sondern durch sie Geschichten zu erzählen; sei es die des gezeigten Individuums oder gleich die einer ganzen Gesellschaft. So sind einige der Porträts nicht Darstellungen konkreter Menschen, sondern vielmehr Metaphern. So wie "Der Diktator" von 1981. Aus der Zeit also, als Maier seine Heimat schon lange verlassen hatte, weil unter er unter der kommunistischen Herrschaft nicht die Kunst machen konnte, die er machen wollte.

Die Darstellung von Gesichtern geht bei Radu-Anton Maier oft mit einer symbolischen Anreicherung der Gemälde einher. Für ihn typisch sind die surrealistische Anmutung und die spezielle Airbrush-Technik, mit der er arbeitet. (Foto: Günther Reger)

In Rottönen gehalten, lässt sich "Der Diktator" durchaus als Abrechnung mit dem kommunistischen System verstehen. Das fratzenhafte Gesicht des "Diktators" zerfällt oder vielmehr verwelkt, es gibt keine Augen, nichts Individuelles. Dafür aber viel Symbolik: eine rote Ampel, einen roten Magneten, der alles an sich zieht, Stop-Schilder, am oberen Bildrand eine verborgene Sichel und ein Hammer. "Das was ich erlebt habe, ist eine Leidensgeschichte. Ich musste viel erdulden. Wir leben in einer repressiven Epoche", erklärt Maier die Entstehung des Bildes. Die symbolistisch-surrealen Bilder im ersten Teil der Ausstellung können somit allesamt auch als Befreiung des Künstlers vom unter den Kommunisten geforderten Realismus verstanden werden.

Es sind Gemälde, wie man sie von Radu-Anton Maier aus früheren Ausstellungen kennt. Doch die aktuelle Werkschau zeigt mit einigen frühen Bildern auch eine andere, bisher in Fürstenfeldbruck so noch nicht gezeigte Seite des Künstlers. Diese Bilder zeigen, dass er auch die akademische Kunst beherrscht. Es sind eindrucksvolle, ausdrucksstarke Arbeiten, teilweise Selbstporträts, teilweise Darstellungen von Freunden und Bekannten. Von der fein ausgearbeiteten Bleistiftzeichnung bis hin zum Ölgemälde.

Maier ist 1934 in Klausenburg geboren. (Foto: Günther Reger)

Angefangen hat Maier mit kleinformatigen, vom Kubismus geprägten Zeichnungen und Ölbildern während seines Studiums von 1952 an am Klausenburger "Institut für bildende Künste Ion Andreescu". Zwölf Semester lang studierte er dort bei international bekannten Professoren wie Petre Abrudan, Aurel Ciupe, Theodor Harsia oder Alexander Mohi. Nach seinem Abschluss war Maier viele Jahre lang Assistent verschiedener Professoren. Zum Bruch mit dem kommunistischen System kam es 1963. Damals wurde sein 42 Quadratmeter großes Fresko im Foyer des Bukarester "Cinema Republica" über Nacht abgedeckt. Es enthalte "dekadente Elemente", lautete die Begründung der kommunistischen Parteiführung. Maier wendete sich ab, im Jahr 1967 gelang ihm die Ausreise. Er ließ sich in München nieder. Dort begann er dann, das zu malen, was er malen möchte, mit seiner ganz eigenen Technik, seinen Motiven und seinen Geschichten.

Ausstellung "Von Angesicht zu Angesicht. Porträts von und mit Radu-Anton Maier", Galerie Raduart, Ledererstraße 12, Fürstenfeldbruck. Zu sehen bis 10. August. Geöffnet mittwochs und freitags von 14 bis 17 Uhr sowie samstags von 11 bis 13 Uhr. Weitere Informationen online unter www.raduart.de/radus-portraets.

© SZ vom 22.06.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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