Ausstellung:Besondere Einblicke

Im Landratsamt sind Kunstwerke von Beschäftigten der Brucker Werkstatt der Caritas zu sehen. Sie vermitteln einen direkten und emotionalen Zugang in die Gedankenwelt ihrer Schöpfer

Von Florian J. Haamann, Fürstenfeldbruck

Es sind emotionale und außergewöhnlich direkte Gemälde, die aktuell auf der Galerie des Landratsamtes zu sehen sind. Und jedes von ihnen erzählt eine besondere Geschichte. Oder besser gesagt, sie alle sind das Ergebnis besonderer Geschichten. Denn die Künstler, die hier ihre Bilder öffentlich in der Ausstellung "Einblicke" präsentieren, sind Teilnehmer eines Kurses der Brucker Werkstatt der Caritas. Die Einrichtung hilft Menschen mit Beeinträchtigungen bei der Teilhabe und der Eingliederung ins Arbeitsleben. 200 Arbeits- und Berufsbildungsplätze stehen dafür bereit. Der Kurs "Bilderwerkstatt", an dem 23 Beschäftige einmal wöchentlich teilnehmen, wird von zwei Kunsttherapeutinnen, Hanne Kircher und Hanna Strahl, geleitet.

Eine der Geschichten, die es in der Ausstellung zu entdecken gibt, steckt im Gemälde "Die grüne Schlange" von M. Schonath. Die Vornamen der Künstler sind in der ganzen Ausstellung abgekürzt. Es zeigt eine rote Farbfläche, auf zwei Dritteln der Fläche ist das Rot einer Schicht aus Blau- bis Grüntönen übermalt. Doch die Geschichte steckt nicht im Sichtbaren. Denn der Künstler ist Autist, malt seit vielen Jahren in dem Kurs. Bis zu diesem Bild aber nur mit Blautönen. Für Autisten sei das eine Farbe, mit der sie sich wohlfühlen, eine Art Schutzfarbe, erklärt die Kursleiterin Hanna Strahl. Einmal habe sie versucht, dem Künstler Orange anzubieten. Da sei er sehr unruhig geworden, habe es abgelehnt. Deswegen sei es außergewöhnlich und ein großer Fortschritt, dass er von sich aus auf einmal angefangen habe, in Rot zu malen.

Der Titel dieses Gemäldes zeigt auch die Vorgehensweise der Kursleiterinnen. Zu Beginn jeder Stunde wird ein Text vorgelesen, in diesem Fall das gleichnamige Gedicht von Goethe. Manchmal gibt es auch Musik oder bekannte Werke der Kunstgeschichte. Dann unterhält man sich über das Gehörte oder Gesehene, bevor die Künstler anfangen zu malen. "Wichtig ist uns, dass wir den Teilnehmern ernste und anspruchsvolle Texte vorlesen und nicht etwa Kinderbücher", betont Strahl. Das kann dann durchaus auch mal Hesse oder eben Goethe sein.

Besonders ist an den gezeigten Werken auch ihre Unmittelbarkeit. Man sieht den Bildern an, dass sie ganz ohne Hemmungen gemalt worden sind. Das bestätigt auch Kursleiterin Hanna Strahl: "Unsere Teilnehmer haben keine Angst vor der weißen Leinwand. Da wird nicht groß überlegt, was und wie, sondern sie fangen einfach an." Die Geschwindigkeit, mit der die Werke entstehen, sei dabei ganz individuell. Manche Teilnehmer malen eben ein Bild pro Termin, andere gleich zehn. Deshalb sei es auch schwer gefallen, die Motive für die Ausstellung auszuwählen. Mehr als 400 Bilder haben die beiden Kursleiterinnen dafür gesichtet und mit jedem Teilnehmer maximal zwei Werke ausgesucht.

Herausgekommen ist dabei eine abwechslungsreiche und sehenswerte Mischung aus abstrakten und teilweise figürlichen Darstellungen, die auch gut die besonderen Vorgehensweisen der einzelnen Teilnehmer zeigt. Die beiden Bilder von D. Katic etwa zeigen, dass er immer mit dem gleichen Grundgerüst arbeitet, das er dann in jedem Bild variiert. Im Zentrum steht eine sonnen- oder kometenartige Figur, um die er einen Rahmen malt. Sehr reduziert geht es auf den Bildern von B. Mayr zu. Sie zeigt zwei Bilder, beide mit dem Titel "Das Märchen vom Mond". Darauf zu sehen sind einmal mehrere Menschen und einmal eine Katze, dazu ein Gebäude, ein paar Pflanzen, Wolken, die Sonne.

"Die Werke sind einfach sehr wahrhaftig und ehrlich", fasst es die Kursleiterin zusammen. Ihr sei es ein großes Anliegen, die Ergebnisse dieser intensiven Arbeit auch für die Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Deshalb versucht sie, möglichst oft Ausstellungsmöglichkeiten zu organisieren. Ihr großer Wunsch ist es, die Werke ihrer Teilnehmer einmal im ganz großen Rahmen zeigen zu können, etwa im Haus der Kunst in München.

Ausstellung "Einblicke", Landratsamt Fürstenfeldbruck, zu sehen bis 19. Dezember

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