Ausgrabungen an der Hasenheide:Villa aus der Römerzeit

Archäologen entdecken in der nördlichen Hasenheide Funde aus dem Jahr 50 nach Christus - einer erst wenig erforschten Epoche.

Peter Bierl

Sollte es Asterix und Obelix gegeben haben, waren sie entweder Idealisten oder Spinner, weil sie isoliert in ihrem Dorf verharrten. "Die meisten Kelten übernahmen die Vorzüge der römischen Zivilisation, die Art der Landwirtschaft und Rechtssicherheit", betont Archäologe Mauritz Thannabaur. Deren Erträge beim Anbau waren höher, das Vieh war größer, es gab Heizungen, Badehäuser, sauberes Wasser. Thannabaur und sein Team graben im Auftrag des Landesamts für Denkmalschutz seit Wochen die Reste einer römischen Villa Rustica in der nördlichen Hasenheide aus. Kürzlich präsentierten sie ihre Funde.

Römische Villa

Eine Archäologin bei Vermessungen der Anlage, auf der die römische Villa gestanden hat.

(Foto: Günther Reger)

Es muss ein sehr stattlicher Hof gewesen sein: Das Haupthaus der Villa hatte eine Grundfläche von 400 Quadratmetern plus eine umlaufende, drei Meter breite Veranda, die weitere 200 Quadratmeter bedeckte. Die Baumstämme dieser Holzkonstruktion aus Eiche, Tanne oder Esche waren etwa 60 Zentimeter dick und zerfielen im Kiesboden zu Humus. Die Holzarten sind für Experten wie Thannabaur, Chef der privaten Münchner Grabungsfirma Ardi, ein Beleg dafür, dass es in der Antike in Südbayern wärmer war als heute, im Durchschnitt etwa um drei Grad. Dass es später kälter wurde, könnte die so genannte Völkerwanderung mit ausgelöst haben.

Die Archäologen haben in der Hasenheide auch eine Grube entdeckt, in der vielleicht Vorräte gelagert wurden, sowie zwei Brunnen. Die Römer bauten Brunnen so, dass sie einen hölzernen Kasten zimmerten und anfingen zu graben, so dass der Kasten langsam in die Tiefe rutschte und oben Bretter nachgelegt wurden.

Laut Thannabaur zapften die Römer die zweite Grundwasserschicht an, die ergiebiger und sauberer war als die erste. Er vermutet, dass es sich bei den Bewohnern des Gutshofs um einen Veteranen der römischen Armee oder romanisierte Kelten handelte, die Getreide für das nahe Augsburg anbauten. Während Thannabaur redet, bergen seine Mitarbeiter zwei riesige Nägel aus Metall, die wohl einst den Dachstuhl hielten.

Gefunden haben die Fachleute zudem Reste keltischer und römischer Keramik. Besonders schön sind die Terra-Sigilata-Stücke, die der Hausherr einst vom Rhein oder aus Südgallien importierte; sie ziert ein Relief mit kunstvoll geformten Tieren und Menschen. Hinzu kamen zwei Kleiderspangen sowie ein Spachtel, den die Dame des Hauses wohl für das Anrühren von Kosmetika verwendete.

Das Besondere an dem Fund im künftigen Gewerbegebiet ist, dass es sich um ein Gebäude aus der Zeit um 50 nach Christus handelt, also der frühen Zeit der römischen Besiedlung, die wenig erforscht ist. "Wir befinden uns quasi an der vordersten Front der Wissenschaft, denn es klafft eine Forschungslücke zwischen der Zeit um 50 vor bis 50 nach Christus", sagt Thannabaur.

Man wisse zwar von den römischen Städten und Militärlagern aus der Frühzeit, aber nichts über die ländlichen Siedlungen. Zudem handelt es sich um einen Holzbau, von denen bisher nur zwei im Raum München entdeckt wurden. Erst später errichteten die Römer steinerne Gutshöfe, wie jenen bei Lindach, der nur ein paar hundert Meter entfernt liegt. Die hölzerne Villa in der Hasenheide wurde um 120 nach Christus aufgegeben, die Villa bei Lindach um 100 nach Christus gebaut.

Der dritte wichtige Aspekt ist, dass in der Hasenheide keltische und römische Relikte zusammen gefunden wurden. Über die Bedeutung mag Thannabaur nicht spekulieren, bevor die Funde nicht genauer untersucht sind. In Kürze soll die Grabung fertig sein, im Herbst wird eine Wiese nördlich davon untersucht.

Was zu einem Gutshof noch fehlt, sind die Reste eines Badehauses, die damals aus Ziegeln gemauert und beheizt waren. Vielleicht stand dieses Gebäude auch südlich des Areals, wo jetzt schon ein Gewerbebau steht. Dass diese Parzelle nicht untersucht worden ist, findet Thannabaur "unglaublich", zumal dem Landesamt lange bekannt gewesen sei, dass sich daneben ein Bodendenkmal, wohl aus der Keltenzeit, befindet. Ob solcher Nachlässigkeit möchte man sagen: Die spinnen, die Neuzeitlichen!

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