Süddeutsche Zeitung

Ausbildungsberufe:Lehrstellen bleiben leer

325 Ausbildungsplätze sind im Landkreis noch nicht besetzt, obwohl das Ausbildungsjahr in wenigen Wochen beginnt. Das ist auch eine Folge der Corona-Pandemie

Von Heike A. Batzer, Fürstenfeldbruck

Die Folgen der Corona-Pandemie zeigen sich nun auch bei der Berufsausbildung. Im Landkreis sind noch 325 Lehrstellen nicht besetzt, obwohl das Ausbildungsjahr in wenigen Wochen beginnt. Dabei möchten viele Betriebe ausbilden, aber ihnen fehlen die Bewerberinnen und Bewerber. Im Handwerk ist die Lage sogar schlechter als im Vorjahr, das auch schon an der Pandemie gelitten hatte.

Im Vergleich zu 2020 seien die Bewerberzahlen um fast 20 Prozent zurückgegangen, zitiert der Regionalausschuss Fürstenfeldbruck der Industrie- und Handelskammer (IHK) Daten der Arbeitsagentur. Momentan sei nicht einmal die Hälfte der möglichen Ausbildungsverträge im Handwerk abgeschlossen, konkretisiert Kreishandwerksmeister Franz Höfelsauer. Damit sei die Ausgangssituation für die ausbildungswilligen Betriebe schlechter als im Vorjahr. Damals konnte das reale Leben nach dem längeren Lockdown vom Frühjahr im Juli wieder beginnen und von diesem Zeitpunkt an seien "die Ausbildungsverträge reingepurzelt", erinnert sich Höfelsauer. Am Ende seien im Landkreis sogar mehr Ausbildungsverträge für Handwerksberufe abgeschlossen worden als im Jahr 2019. Für das Jahr 2021 ist eine ähnliche Entwicklung bislang nicht abzusehen: "Im Juli kam fast nichts."

Der zuständigen Agentur für Arbeit in Weilheim zufolge waren Ende Juli im Landkreis Fürstenfeldbruck von ursprünglich 734 gemeldeten Ausbildungsstellen der Unternehmen noch 325 unbesetzt. Gleichzeitig haben 312 Buben und Mädchen noch keine Ausbildungsstelle. Für die nach wie vor von Corona-Beschränkungen besonders betroffenen Branchen wie Gastronomie, Tourismus oder Veranstaltungsgewerbe bleibt die Lage weiterhin sehr schwierig. Denn selbst wer Ausbildungsplätze anbiete, habe dort "mitunter große Probleme, überhaupt Bewerber zu finden", weiß Steinbauer. Im Handwerk tun sich Schreiner und Friseure etwas leichter als etwa Bäcker oder Metzger. Die leiden seit Jahren an Nachwuchsmangel, auch Kfz-Mechatroniker klagten mittlerweile darüber, sagt Höfelsauer.

Vielen jungen Leuten fehlten in den Lockdowns auch die Möglichkeiten, sich zu informieren. Wegen Corona waren in diesem wie im vergangenen Jahr fast alle Maßnahmen zur Berufsorientierung ausgefallen. Ausbildungsmessen, Schnupperpraktika und persönliche Bewerbungsgespräche fanden entweder gar nicht oder nur in sehr eingeschränkter Form statt. Auch die wichtige Bewerbungsphase im Frühjahr habe unter dem Lockdown gelitten, berichtet Steinbauer. Höfelsauer bestätigt das. Praktika durchzuführen und gleichzeitig auf anderthalb Meter Abstand zu achten, sei sehr schwierig, betont er: "Wie will man denn da was zeigen?"

Nun hoffen die betroffenen Branchen, dass sich dies bis zum Beginn des Ausbildungsjahres im September noch aufholen lässt. Schulabgänger haben daher gute Chancen, noch für 2021 einen geeigneten Ausbildungsplatz zu finden. Das gilt für die mehr als 300 Ausbildungsbetriebe aus Industrie, Handel und Dienstleistungen, die im Landkreis von der IHK betreut werden, ebenso wie für örtliche Handwerksbetriebe. 130 verschiedene Ausbildungsberufe biete das Handwerk, sagt Höfelsauer. Die einzelnen Innungen oder auch die Handwerkskammer stünden mit Informationen bereit. Die IHK bietet bundesweit unter www.ihk-lehrstellenboerse.de Möglichkeiten, sich einen Ausbildungs- oder Praktikumsplatz zu suchen.

Höfelsauer erinnert daran, dass sich Berufsausbildung und Studium nicht ausschließen müssten. So könne man nach einer Berufsausbildung an der Berufsoberschule Abitur machen, und der Meistertitel im Handwerk berechtige mittlerweile auch zu einem Hochschulstudium. Blieben die Ausbildungsplätze jedoch unbesetzt, werde sich das weiter auf den Fachkräftemangel auswirken. Und wenn es keine Facharbeiter gibt, "kriegt das auch jeder Bürger zu spüren", sagt Höfelsauer.

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SZ vom 04.08.2021
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