Auf Antrag der SPD:Gröbenzeller Nachspiel

Martin Schafer UWG

Bürgermeister Martin Schäfer (UWG) soll kritische Nachfragen der Gemeinderäte beantworten.

(Foto: Günther Reger)

Der Gemeinderat diskutiert über eine mutmaßliche Beleidigung und die Reaktion des Bürgermeisters

Von Ariane Lindenbach, Gröbenzell

Wie konnte es passieren, dass in der Januarsitzung des Gemeinderats eine den Gemeinderat Ingo Priebsch (Grüne) persönlich beleidigende Wortmeldung des blinden Gröbenzellers - und bei der letzten Kommunalwahl Kandidaten der UWG - Dieter M. Dürr vorgelesen wurde? Und das, obwohl dem Bürgermeister und zumindest einem Mitglied der Rathausverwaltung der Inhalt im Vorfeld bekannt war. Der ungewöhnliche Vorfall hatte in der jüngsten Sitzung ein Nachspiel.

Die SPD-Fraktion hatte um Aufklärung gebeten und die UWG darin auch aufgefordert, sich von Dürr zu distanzieren. Dieser war laut SPD-Antrag "nach der Kommunalwahl durch zahlreiche Äußerungen aus dem Formenkreis der Coronaleugnung wie auch Posts aus dem rechten Umfeld der AFD hervorgetreten."

Bürgermeister Martin Schäfer (UWG) erklärt am Donnerstagabend, dass er sehr kurzfristig vom Inhalt des Beitrags erfahren habe, nämlich erst in der Nacht vor der Januarsitzung. Zu diesem Zeitpunkt hatte er Dürr bereits zugesagt, dass seine Wortmeldung vorgelesen werde. Diese Entscheidung begründet er mit Dürrs Sehbehinderung - auch das sei Barrierefreiheit für ihn. Und auch mit der Pandemie, da Dürr sonst einen Begleiter zum Vorlesen benötigt hätte und das eine weitere Person in der Dreifachturnhalle bedeutet hätte. Wie Schäfer weiter berichtet, habe er am Donnerstag vor der Sitzung mit Dürr gesprochen, um ihn dazu zu bewegen, den Text zu verändern. Dazu war der aber nicht bereit. Also wählte der Bürgermeister einen Kompromiss: Er distanzierte sich vom Inhalt und ließ diesen vom berufsmäßigen Gemeinderat und Bauamtsleiter Markus Groß vorlesen, der sich Schäfer zufolge dafür angeboten hatte. Wie der Bürgermeister betont, habe er gleich am Montag die Rechtsaufsicht im Landratsamt befragt. Die konnte keinen Verstoß feststellen. "Es tut mir leid, wie es gelaufen ist", sagt er noch. Und räumt ein: "Ich hätte es vielleicht anders regeln können, wenn ich es vorher gewusst hätte."

Peter Falk, der als SPD-Fraktionschef mit dem Antrag das Thema erneut in den Gemeinderat brachte, unterstreicht mit Blick auf Dürrs Einschränkung, dass "jemand, der körperbehindert ist, keine andere Behandlung erfahren darf als ein anderer", zumal er als ehemaliger UWG-Kandidat sicher in der Lage sei, vor Menschen zu sprechen. Offenbar missfällt Falk der Vorfall und er hätte sich damals mehr Handlung und Haltung von Schäfer erwartet. Da Dürr regelmäßig rechte Inhalte in den sozialen Medien like, fragt er, wie die UWG dazu stehe. "Ich glaube, von der Zeit her sind wir noch nicht so weit", erwidert Schäfer. Und dass die nächste Kommunalwahl erst in fünf Jahren ist und es somit jetzt zu früh sei, über Kandidaten nachzudenken.

"Ein ziemlich schäbiges Ablenkungsmanöver" nennt Martin Runge (Grüne) die Anfrage Schäfers bei der Rechtsaufsicht. Wie der Zweite Bürgermeister ausführt, habe Schäfer damit den Fokus auf die rein formale Kritik gerichtet, etwa dass der Vorfall länger gedauert hat als die 15 Minuten, die für die aktuelle Viertelstunde offiziell zur Verfügung stehen, und dass der Beitrag kein aktuelles kommunalpolitisches Thema betraf. Die wirklich wichtigen Fragen, nämlich wie der Bürgermeister damit umgeht, wenn ein Gemeinderat beleidigt wird oder es in den eigenen Reihen Menschen mit rechten Tendenzen gibt, blieben offen.

Karin Spangenberg (UWG) moniert indes, dass Priebsch Dürr "richtiggehend bedroht" hätte und fragt: "Wann hat ein Bürger überhaupt die Möglichkeit, sich gegen einen Gemeinderat zu wehren?" Priebsch, der in der Januarsitzung gefehlt hatte, widerspricht: "Das habe ich nicht getan und nicht gesagt." Thomas Eichlers (CSU) Antrag auf Ende der Debatte, da es sich um einen persönlichen Streit handle, wird mit 13:16 abgelehnt. "Eine private Fehde gehört absolut nicht hierhin", finden auch Brigitte Böttger und Michael Schweyer (beide CSU). Und Dritter Bürgermeister Gregor von Uckermann (SPD) betont die Bedeutung von Zivilcourage und einer klaren Haltung gegen Coronaleugner und rechte Tendenzen. Gerade in diesen aufgeheizten Zeiten müsse jeder Einzelne, aber noch viel mehr ein Gremium wie der Gemeinderat eindeutig Stellung beziehen. "Das hat auch etwas damit zu tun, wie man mit solchen Leuten in den eigenen Reihen umgeht."

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