Atomdebatte:CSU-Bürgermeister für raschen Ausstieg

Lesezeit: 2 min

CSU-Landesgruppenchefin Hasselfeldt erntet Widerspruch: Die alten Atomkraftwerke sollen abgeschaltet bleiben, fordern die Mandatsträger.

Stefan Salger

Im Landkreis stellen sich Bürgermeister der CSU gegen Gerda Hasselfeldt. Während die jüngst zur CSU-Landesgruppenchefin aufgestiegene Wahlkreisabgeordnete eine "ergebnisoffene Prüfung" der sieben ältesten deutschen Atommeiler befürwortet und auch nicht ausschließen will, dass das 32 Jahre alte Kraftwerk Isar 1 danach doch noch bis 2019 ans Netz geht, lehnen Brucks Oberbürgermeister Sepp Kellerer sowie sein Maisacher Kollege Hans Seidl (beide CSU) dies nachdrücklich ab.

Auch nach dem Abschalten des Kernkraftwerks Isar 1 muss der Reaktor gekühlt werden. Foto: Armin Weigel dpa (Foto: dpa)

Kellerer und Seidl sind sich einig, dass die alten Reaktoren abgeschaltet bleiben sollen. "Die müssen weg", sagt Seidl, dessen Gemeinde 2010 auf 100 Prozent Ökostrom umgestiegen ist. Den Kommunalpolitikern geht es auch um die Glaubwürdigkeit der CSU. Man müsse endlich klar die Weichen stellen für den Ausstieg, bekräftigt Kellerer. Der Brucker OB hat, ebenso wie die Hälfte seiner Fraktion, Ende November eine Resolution verabschiedet, in der die von Union und FDP beschlossene Laufzeitverlängerung kritisiert wird. Damals schrieb er auch einen Brief an Hasselfeldt-ohne Wirkung. Der Ausstieg vom Ausstieg zeugte nach Kellerers Überzeugung von wenig politischem Fingerspitzengefühl und ist für Produzenten regenerativer Energien wie die Stadtwerke "ein Schlag ins Gesicht".

Eigentlich würden die beiden CSU-Bürgermeister damit auf der neuen Linie von Umweltminister Markus Söder (CSU) liegen. Dessen Wandlung vom Saulus zum Paulus aber nehmen ihm viele in der Partei nicht ab. Seit in Japan mehrere Kernreaktoren in Folge des Erdbebens außer Kontrolle sind, fordert Söder das Abschalten des Atomkraftwerks Isar1. Noch im August hatte er in einem Brief an den Dachauer Oberbürgermeister Peter Bürgel (CSU) beteuert, Isar I sei sicher, ein schwerer Unfall "praktisch ausgeschlossen". Ein halbes Jahr später erklärt der gleiche Minister: "Isar 1 ist der einzige bayerische Reaktor, der gegen den Absturz eines großen Verkehrsflugzeuges nicht ausreichend gesichert ist." Ergo: Abschalten!

Söders Parteifreund Thomas Karmasin hat schon viel erlebt in seiner Partei. Eine neue Sicherheitslage für Isar 1 kann der CSU-Kreisvorsitzende aber nicht erkennen. "Komischerweise", so der Landrat, sei davon vor 14 Tagen noch nicht die Rede gewesen. Wer für ein konsequentes Abschalten von Isar 1 plädiere, müsse das schon besser begründen. Ein kaum verhohlener Seitenhieb Richtung Söder. Karmasin ist dem Hasselfeldt-Lager zuzurechnen, auch wenn für ihn die Atomkraft langfristig allein schon wegen der ungeklärten Endlagerung "nicht haltbar" ist. Eine ergebnisoffene Überprüfung aber sei "vernünftig". Frederik Röder, Allings CSU-Bürgermeister ist zwar auch für eine "sehr, sehr genaue Prüfung". Er persönlich aber würde Isar 1 nicht mehr in Betrieb nehmen.

Politiker wie der Brucker CSU-Fraktionsvorsitzende Herwig Bahner räumen ein, dass die Partei zurzeit das Bild eines Hühnerhaufens abgebe. Zu schnell würden Meinungen über den Haufen geworfen und Entscheidungen, die eigentlich auf Basis nüchterner technischer Abwägungen erfolgen sollten, übers Knie gebrochen. Bahner, der im Stadtrat gegen die Resolution gestimmt hatte, hält nichts von der Debatte über ein paar Jahre mehr oder weniger. Seien Atomkraftwerke nicht sicher, dann müssten den Betreibern eben sofort angemessene Auflagen gemacht werden. Wenn die Kosten dadurch stiegen, erledige sich die Sache schon aus wirtschaftlichen Gründen. Wo sich Kellerer, Seidl, Karmasin und Bahner immerhin einig sind: Wer den Ausstieg fordert, muss Worten auch Taten folgen lassen. Dann dürfe man sich auch nicht gegen jedes Windrad wehren und müsse bereit sein, mehr für Energie zu zahlen, sagt Karmasin: "Irgendeinen Tod muss man da sterben." Seidl räumt ein, dass seine Partei bislang zu wenig Aufklärung betrieben habe.

© SZ vom 23.03.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: