Asylbewerberunterkunft:Visite ohne den Fachreferenten

Andreas Lohde (CSU)

"Wir haben den Eindruck, dass was passiert. Wir werden konstruktiv und kritisch dranbleiben."

Die Regierung von Oberbayern zeigt einer Gruppe von Politikern die Einrichtung am Fliegerhorst. Doch ausgerechnet Willi Dräxler wird nicht eingeladen

Von Ingrid Hügenell und Stefan Salger, Fürstenfeldbruck

Die Unterkunftsdependance Fürstenfeldbruck des sogenannten Ankerzentrums Manching ist mit fast tausend Bewohnern nicht nur sehr voll. Es ist dort auch zu wenig Platz für Angebote, wie es sie in der Hauptstelle in Manching gibt. Die drangvolle Enge, die den Bewohnern kaum Möglichkeiten bietet, sich zurückzuziehen oder auch in Ruhe Hausaufgaben zu machen, war eines der Themen bei einer Begehung der Unterkunft am Donnerstag.

Regierungspräsidentin Maria Els und Hedwig Göhner-Pentenrieder, die zuständige Bereichsleiterin der Regierung von Oberbayern, sprachen dort mit einer Gruppe von Bundes- und Landtagsabgeordneten sowie Fürstenfeldbrucker Stadträten. Zuvor war die Regierung, die die Einrichtung betreibt, sehr zögerlich mit Terminen gewesen.

Dabei waren die Bundestagsabgeordnete Beate Walter-Rosenheimer (Grüne) und der Fürstenfeldbrucker Stadtrat Andreas Lohde (CSU), nicht aber Fachreferent Willi Dräxler. Wie Lohde berichtet, wird ein Betreiber gesucht, der Angebote für die Betreuung der Kinder und für eine geregelte Tagesstruktur machen solle. Beides gebe es in Manching. "Da setzen wir ein Stück Hoffnung hinein." Allerdings habe sich auf eine erste Ausschreibung kein Sozialpädagoge gemeldet, sagt Walter-Rosenheimer. Nun werde die Bezahlung erhöht.

Lohde kritisiert, die hohe Belegungszahl lasse keinen Spielraum. Beispielsweise sei ein Raum zum Trocknen von Wäsche eingerichtet worden, dafür habe ein Sozialraum weichen müssen. Der Stadtrat regte an, wie in Manching ein separates Haus für Frauen und Kinder einzurichten. Da auch dafür kein Platz sei, wolle die Regierung prüfen, ob es eine andere Lösung gibt, etwa in Containern oder einem Pavillon.

Bei dem Besuch konnte offenbar die Frage des Frühstücks und Pausenbrots für die Schulkinder geklärt werden. Walter-Rosenheimer zufolge hatten die Eltern die bisherige Verpflegung vielfach nicht angenommen. Die Brotzeit sei wenig kindgerecht gewesen, die Buben und Mädchen hätten in der Schule ihre Semmeln oder Brote mit einem Plastikmesser selbst streichen sollen. Andreas Lohde hat viel Verständnis dafür, dass die Kinder das nicht taten. "Das macht kein Erstklässler und auch kein Gymnasiast", sagte er. Künftig wird es fertig belegte Semmeln oder Brote geben, dazu mehr Obst als bisher.

Toiletten und Duschräume seien wieder nach Geschlechtern getrennt, berichtet Lohde, es werde darauf geachtet, dass das eingehalten werde. Die medizinische Versorgung sei gut.

Nach dem Gespräch nutzten die Politiker die Gelegenheit, die Unterkunft anzuschauen. Dabei sei die Verzweiflung vieler Flüchtlinge spürbar geworden, berichtet Walter-Rosenheimer. Die Menschen seien teils länger als ein Jahr in der Unterkunft, sie wüssten nicht, wann und wohin sie verlegt würden, hätten schlicht keine Perspektive. "Niemand kann sagen, wie lange es dauert."

Nigerianische Flüchtlinge erhalten keinen systematischen Deutschunterricht. Auch das mache es ihnen schwer, die Vorgänge rund um das komplizierte Asylverfahren zu verstehen. Unverständlich und frustrierend sei für sie beispielsweise, dass Flüchtlinge aus anderen Ländern wie Syrien verlegt würden, sie aber bleiben müssten. Besonders schwierig sei für die Menschen, dass sie nicht selbst kochen dürften. Die Afrikaner wollten sich den Hirsebrei zubereiten, den Erwachsene wie Kinder hauptsächlich essen. Das gehe aber schon aus Brandschutzgründen nicht, erklärt die Abgeordnete.

Walter-Rosenheimer bezeichnete das Gespräch mit den Vertreterinnen der Regierung als sehr offen. Sie habe den Eindruck, dass durch die Demonstration vom vorigem Samstag und die Berichterstattung darüber viel in Bewegung geraten sei. Auch Lohde sagt: "Wir haben den Eindruck, dass was passiert. Wir werden konstruktiv und kritisch dranbleiben." Die Rahmenbedingungen müssten so sein, dass Konflikte minimiert würden, innerhalb wie außerhalb der Unterkunft.

Während Lohde, Walter-Rosenheimer, der CSU-Landtagsabgeordnete Alex Dorow sowie die Fürstenfeldbrucker Stadträte Jan Halbauer (Grüne), Karl Danke (BBV) und Herwig Bahner (FDP) sich ein Bild machen konnten, ging der Besuch am zuständigen Fachreferenten Willi Dräxler aber, der sich von allen Politikern am besten mit den Sorgen und Nöten der Bewohner und den Defiziten auskennen dürfte und selbst bei der Caritas im Bereich Migration arbeitet, am Donnerstagvormittag buchstäblich vorbei. Oberbürgermeister Erich Raff (CSU), der selbst nicht an der Begehung teilnahm, sagte, man habe Dräxler gewiss nicht ausgrenzen wollen. Er räumte aber ein, dass er an den Integrationsreferenten nicht gedacht habe. Der Kreis der Besucher habe nach dem Willen der Regierung klein gehalten werden sollen und die Stadt sei nun einmal sehr kurzfristig über den Termin informiert worden.

Dräxler ärgert sich darüber maßlos: "Mit dieser Bewertung kann man die Fachreferenten abschaffen!" Er berichtet, dass Mitarbeitern der Caritas keine Gelegenheit gegeben worden sei, mit der Besuchergruppe Kontakt aufzunehmen und vermutet, dass die Regierung die Unterkunft für den Besuch schön herausgeputzt habe, das Bild also nicht die Alltagsbedingungen widergespiegelt hätten.

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