Kann in einer Zeit, in der sich die Bundesregierung und die Union über die Zurückweisung von aussichtslosen Asylbewerbern und Migranten an den deutschen Grenzen streiten, in einer Gemeinde noch sachlich und unaufgeregt über den Bau einer als überdimensioniert empfunden Wohncontainer-Anlage für Flüchtlinge diskutiert werden? Wie die Sondersitzung des Gröbenzeller Gemeinderats zur Unterbringung von Asylsuchenden in der Alpenstraße am Donnerstagabend zeigte, geht das. Mit Besonnenheit und im Schulterschluss von allen Beteiligten – also von Anwohnern, Kommunalpolitikern, der Gemeinde und dem Landratsamt – ist es gelungen, sich auf einen Kompromiss zu einigen, der allen Abstriche zumutet, aber Schlimmeres verhindert.
Das ist eine überraschende Wende. Bereits zuvor hatte sich gezeigt, dass sich auf dem Verhandlungsweg bei Gesprächen, in die auch eine Bürgerinitiative besorgter, aber besonnener Anwohner eingebunden war, Erfolge erreichen lassen. So war es gelungen, die Zahl der in der Alpenstraße unterzubringenden Flüchtlinge von ursprünglich 200 auf annähernd die Hälfte zu verringern. Nur genügte das weder den Anwohnern noch den Kommunalpolitikern.
Im Vertrauen auf eine Zusage von Landrat Thomas Karmasin (CSU) hat der Gemeinderat in der Sondersitzung beschlossen, dem Landratsamt für das Aufstellen der Wohncontainer drei Alternativgrundstücke anzubieten. Kern des Deals ist Karmasins Zusage, in der Alpenstraße nur noch bis zu 54 Flüchtlinge in drei anzumietenden Häusern einzuquartieren und dort auf die Errichtung zusätzlicher Wohncontainer für weitere 48 bis 74 Migranten ganz zu verzichten. Dies geschieht aber nur, wenn die Gemeinde umgehend die mobile Wohnanlage an anderer Stelle ermöglicht. Trotz gewisser Zweifel von Bürgermeister Martin Schäfer (UWG) und Cordula Braun (ebenfalls UWG) fiel die Entscheidung einstimmig aus. Damit kann der Landkreis nun darüber befinden, auf welchem von drei Grundstücke im Eigentum der Gemeinde weitere Flüchtlinge untergebracht werden sollen.
Zur Wahl stehen ein fast 1800 Quadratmeter großes Areal an der Ecke Zweig-/Augsburgerstraße, Grünflächen im südöstlichen Außenbereich an der Olchinger Straße und ein 2600 Quadratmeter großes Grundstück auf dem sogenannten Züblin-Gelände am Ortsrand an der Lena-Christ-Straße. Keine Mehrheit gab es für den weiteren Vorschlag, in der Bahnhofstraße in zentraler Lage einen vierten Standort anzubieten.
Die UWG-Politiker begründeten ihre Bedenken damit, dass das Landratsamt und die Grundstückseigentümer für die Anwesen in der Alpenstraße bereits einen Vertrag abgeschlossen hätten, der den Investoren zugesteht, dort auch Wohncontainer aufzustellen. Da niemand wisse, was die Vereinbarung im Einzelnen beinhaltet, bestehe das Risiko, dass sich die Gemeinde am Ende schlechter stellt als ohne den Kompromiss. Die Begründung hierfür lautet, dass weiterhin zusätzliche Migranten sowohl in der Alpenstraße als auch auf dem angebotenen Alternativstandort eine Bleibe finden könnten. „Wir müssen einsehen, dass wir keine Handhabe haben“, stellte Braun fest.
Dem widersprach Zweiter Bürgermeister Martin Runge (Grüne) mit Nachdruck. Dieser begründete sein Werben für den Kompromiss mit den Vorteilen einer dezentralen Unterbringung. Diese sei im Sinne der Gemeinde, der Anwohner, die in diesem Fall nicht generell gegen Asylbewerber seien, sondern nur gegen eine zu hohe Zahl, und auch der Unterzubringenden die bessere Lösung. Seiner Bitte, den Landrat beim Wort zu nehmen und bei seiner Zusage zu packten, folgten schließlich alle.
Allerdings ist die Kompromisslösung an weitere Bedingungen geknüpft. Das ist unter anderem das ebenfalls einstimmig bekräftigte Bekenntnis, im Umgang mit Flüchtlingen am „Gröbenzeller Weg“ festzuhalten. Nach diesem Konzept gehören zu einer menschenwürdigen Unterbringung die Akzeptanz und Aufgeschlossenheit der Nachbarn. Kern des Sonderwegs bleibt die dezentrale Unterbringung in kleinen Quartieren, um eine bessere Integration zu gewährleisten.
Ein privater Vertrag, den die Gemeinde mit den Beteiligten aushandeln soll, soll sicherstellen, dass es auf den Grundstücken in der Alpenstraße keine Nachverdichtung gibt. Für das für die Containeranlage bestimmt Areal wird eine Begrenzung der Zahl der Bewohner gefordert. Noch etwas wurde klargestellt, was dem Dritten Bürgermeister Gregor von Uckermann (SPD) ein Anliegen war. Flucht dürfe, wie er anmerkte, nicht zum „Renditeobjekt von Investoren“ werden. Wie festgestellt wurde, gehört die Optimierung der Verwertung privater Grundstücke nicht zu den Zielen der Gemeinde. In Gröbenzell wohnen zurzeit 407 Flüchtlinge, darunter 143 Asylbewerber und 264 Ukrainer.