Kultur:Was Künstler mit ihren Arbeiten verbindet

Kultur: Die Ölfarben auf dem Porträt des Sohnes von Marta Zientkowska-Schulz sind noch nicht ganz trocken. Zum Verkauf steht es nicht, es ist ein Weihnachtsgeschenk.

Die Ölfarben auf dem Porträt des Sohnes von Marta Zientkowska-Schulz sind noch nicht ganz trocken. Zum Verkauf steht es nicht, es ist ein Weihnachtsgeschenk.

(Foto: Leonhard Simon)

 "Art - Not for Sale" ist das Thema der aktuellen Ausstellung des Puchheimer Kulturvereins in der Puc-Galerie. Unverkäuflich sind die Werke aus verschiedensten Gründen, die nur die Schaffenden kennen.

Von Sonja Pawlowa, Fürstenfeldbruck

Bei der Vernissage von "Not for Sale" sticht die Jugend hervor. Nachwuchskünstler und deren Freunde bringen Schwung und feiern ausgelassen. Verjüngung war der Plan, den Marta Zientkowska-Schulz als Vorstand des Kulturvereins vor einem Jahr ankündigte - und offenbar erfolgreich umgesetzt hat. Sie selbst zeigt das brandneues Porträt ihres Sohnes Alexander, die Ölfarben sind noch nicht ganz trocken. Ein Weihnachtsgeschenk, das nicht an Fremde verkauft, sondern an ihr Kind verschenkt wird. Das weiß der Junge schon. Sein Herz schlägt höher vor Stolz.

Herzen können auch anders schlagen. Das macht die 20-jährige Cosima Schindler mit ihrem Exponat deutlich: Ein in zwei Teile gestückeltes Herz mit zwei roten Kammern und Arterien und Venen. Keine zwei Herzen in einer Brust, auch keine kitschige Liebe ist der Ursprung des Bildes, sondern eine Operation. Von ihrer Herzerkrankung wusste Cosima Schindler schon immer. Im Schlaflabor stellte sich die Notwendigkeit einer Herz-OP heraus. Eine traumatische Erfahrung, ganz kurz vor dem Abitur. Aber auch eine Bereicherung, denn diese Operation hat ihr ein künstlerisches Thema geliefert. Nun malt sie ihre Operationsnarbe unter der Brust und schaut sich die Innenbereiche ihres Seins genauer an. Mit ihrem ganz persönlichen Herz-Bild bewirbt sie sich aktuell um einen Studienplatz. Deshalb ist es unverkäuflich. Es wird noch gebraucht.

Kultur: Eine traumatische Erfahrung verbindet die 20-jährige Cosima Schindler mit ihrem Werk, das ein gestückeltes Herz zeigt.

Eine traumatische Erfahrung verbindet die 20-jährige Cosima Schindler mit ihrem Werk, das ein gestückeltes Herz zeigt.

(Foto: Leonhard Simon)

Ganz ähnlich verhält es sich bei dem Bild "Neubeginn" von Laura Manno. Es ist unverkäuflich, ein Neubeginn im doppeltem Sinne. Wie eine Fantasyfigur erheben sich Algen, Bakterien und Wirbelsäulen aus einem dunklen Tiefseewasser. Laura Manno wollte in ursprünglichen Formen der Natur ihrer eigenen Ausdrucksform auf die Spur kommen. Außerdem startete mit diesem Bewerbungsbild ihr Studium an der Kunstakademie. Es ist der Ursprung eines Lebensabschnitts, eines Neubeginns. "Sich treu zu bleiben und Ehrlichkeit sind wichtig und vermittelt sich dem Käufer", sagt Laura Manno.

Kultur: Das Gemälde "A special dance" hat für den Künstler Peter Hill eine besondere Bedeutung.

Das Gemälde "A special dance" hat für den Künstler Peter Hill eine besondere Bedeutung.

(Foto: Leonhard Simon)

Peter Hill verkauft sein Gemälde "a special dance" nicht, obwohl es in Rekordzeit entstand. Die Körperspannung und Bewegung beim Tanz sind flüchtig und so sind sie in Hills Bild festgehalten. Ohne bewusste Überlegungen, genau wie bei einem Tanz der Eingebung folgen, so funktioniert Kreativität.

Seinen Eingebungen folgt auch Discop ganz spontan. Er bemalt rasch einen Pappbecher und legt ein Exponatsschildchen dazu. Leider wird es vom Publikum wenig beachtet. Sein Werk "Midnight Club" in der gläsernen Tischvitrine umso mehr. Da parken vier Matchbox-Autos auf bemalten Fliesen. Aber gleichzeitig wirkt das Arrangement merkwürdig künstlich. Der Grund sind die matten Farben und der Manga-Stil, der sich schon aus der Ferne vermittelt. Discop selbst steht in der Sturmhaube daneben, denn er will anonym bleiben. Erst seit einem Jahr ist er aktiv in der Graffiti-Szene unterwegs und hat bereits viel Aufsehen erregt. Als "Banksy von Oberschleißheim" hat er sich einen Namen gemacht. Es folgten Kooperationen mit der Polizei, die mit der Unterstützung der "Paranormalen Ermittlungseinheit" großartigen Humor beweist. Discop und auch die anderen jungen Teilnehmer der Gruppenausstellung zollen ihrerseits den älteren Künstlern großen Respekt. Die unterschiedlichen Techniken und Denkweisen bieten die Möglichkeit, voneinander zu lernen und sich auszutauschen.

Kultur: Matte Farben und Manga-Stil: die Arbeit des Graffiti-Künstlers Discop.

Matte Farben und Manga-Stil: die Arbeit des Graffiti-Künstlers Discop.

(Foto: Leonhard Simon)

So zeigt Christa Tucci zwei Tonfiguren mit dem Titel "Über die Felder gehen", die sie nicht verkauft. Wie minoische Fruchtbarkeitsgottheiten muten sie an. Ohne Arme, ohne Gesichter, aber mit einer Kleidung aus farbiger Glasur, die aus rechteckigen Feldern und Flüssen bestehen, verkörpern die Objekte die Natur.

Auch die Fotografien von Ulrike Steigerwald sind aus der Natur geboren. Dabei erscheinen sie sehr elaboriert und künstlich. Was da monochrom in Sepia-Tönen wie ein Netz gespannter Fäden auf einem eigentümlichen Paisley-Untergrund thront, ist in Wirklichkeit ein verrotteter Kürbis auf einem Feld. Die Künstlerin musste wegen eines Bandscheibenvorfalls ihre Geschwindigkeit drosseln, und da fielen ihr plötzlich Dinge in der Umgebung auf, die sie vorher nie wahrgenommen hat.

Kultur: Der Ausstellung gelingt, woran andere oft scheitern: Sowohl unter den Künstlerinnen und Künstlern als unter den Besuchern finden sich viele junge Menschen.

Der Ausstellung gelingt, woran andere oft scheitern: Sowohl unter den Künstlerinnen und Künstlern als unter den Besuchern finden sich viele junge Menschen.

(Foto: Leonhard Simon)

Insgesamt ist die Ausstellung "Not for Sale" zukunftsweisend. Das gilt gleichermaßen für die Künstler als auch für den Kulturverein. Für die junge Generation liegt der Wert ihres Werks in der Zukunft, manchmal ist auch der Kulturverein selbst ein zukünftiger Wert für die junge Generation. Eine anonyme Künstlerin, die zukünftig als Vereinsmitglied zumindest im regionalen Bereich sichtbar werden will, hadert mit der Frage der Namensgebung. Wie die bekannten Graffiti-Künstler Loomit und Lando, die bei der Ausstellung Gemälde zeigen, neigt auch die junge Frau einem Pseudonym zu. Durch Social Media und ein neues Bewusstsein, was die Tragweite von Öffentlichkeit angeht, ist die Bereitschaft, mit dem eigenen Werk den Brotjob zu riskieren, nicht gerade gewachsen.

"Art - Not for Sale", zu sehen bis zum 18. Dezember in der Galerie des Puchheimer Kulturzentrums, montags bis freitags von 8 bis 12 Uhr, dienstags zusätzlich von 14 bis 16 Uhr, donnerstags von 14 bis 18 Uhr. Samstags und sonntags jeweils von 14 bis 17 Uhr.

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