An einer Lavendel- oder Pfefferminzpflanze haben wohl die meisten schon einmal geschnuppert. Welche Wirkungen die einzelnen Gewächse haben, dürfte aber nur wenigen bekannt sein. Als „Hautpflege und Seelentröster“ bezeichnet Monika Furtner-Keil beispielsweise den Lavendel. Sie ist gelernte Krankenpflegerin im Ruhestand und Aromapraktikerin.
Die Aromapflege ist ihr leidenschaftliches Hobby. Seit 24 Jahren übt sie es aus – während ihrer Zeit als Pflegerin im Augustinum in München sowie als Lehrerin für Pflegeberufe. Furtner-Keil ist außerdem Vizepräsidentin von Aroma International, einem Verein, der die Aromapflege in Deutschland, Österreich und der Schweiz verbindet. Im Vordergrund der Vereinsarbeit steht die fachkenntliche Förderung der Aromatherapie und die Abgrenzung zur Esoterik.
Die 65-Jährige wohnt in Puchheim auf einem Biohof und hat auch im eigenen Garten Pflanzen wie Lavendel und Salbei. Ätherische Öle, die zum Beispiel aus diesen Pflanzen gewonnen werden, können das Wohlbefinden der Menschen fördern. Sie können entspannen, munter machen oder Schmerzen lindern. Bei demenziellen Symptomen würden sie außerdem dazu beitragen, die Orientierung zu fördern und somit eine Brücke zur Außenwelt zu schaffen, sagt Furtner-Keil.
Für die Qualifizierung zur Aromapraktikerin setzte sich Furtner-Keil in 350 Theoriestunden mit ätherischen und fetten Pflanzenölen, deren Inhaltsstoffen und Anwendung sowie Botanik und Geschichte auseinander. Außerdem erlernte sie Aromamassagen und erstellte eine Projektarbeit im Gesundheitswesen.
Grundsätzlich wird zwischen ätherischen und fetten Ölen unterschieden. Während erstere nur einen geringstmöglichen Fettanteil aufweisen, würden die fetten Öle Pflanzenöle und ungesättigte Fettsäuren enthalten, erklärt Furtner-Keil. Sie seien nicht nur gut für die Haut, sondern könnten auch gegessen werden. Das Olivenöl eigne sich zum Beispiel für ein Mundbad: nach dem Aufstehen den Mund mit Olivenöl füllen und für ein paar Minuten ziehen lassen. Damit gingen über Nacht gebildete Ablagerungsstoffe mit dem Ausspucken weg, erklärt die Aromapraktikerin. Das Leinöl wiederum stabilisiere die Haut, weil es deren Stoffwechsel anrege.
Auch für den menschlichen Geruchssinn sind Öle förderlich. Vor allem bei Menschen, die beispielsweise nach einer Corona-Infektion nicht mehr richtig riechen können: „Deren Lebensqualität sinkt drastisch“, sagt Furtner-Keil. Mit einzelnen Düften könnten sie wieder üben, überhaupt Unterschiede zwischen verschiedenen Düften wahrzunehmen. Mit einer regelmäßigen Förderung könnten so Gerüche in Erinnerung behalten werden.
Ätherische Öle können zur Raumbeduftung ganz einfach auf eine Kompresse oder ein gewöhnliches Taschentuch gegeben werden. Zwei bis drei Tropfen sind dabei bereits ausreichend. Das ätherische Lavendelöl hilft beispielsweise der Entspannung. Zitrusöle wirken in der Regel stimmungsaufhellend, die Zitrone konzentrationsfördernd.
Wichtig sei jedoch, dass ätherische Öle nie direkt auf die Haut aufgetragen werden dürfen, betont Furtner-Keil. Ansonsten könne es zu Reizungen kommen. Die Ausnahme ist Lavendel: Auf juckenden Insektenstichen oder nach Verbrennungen am Bügeleisen können der Juckreiz oder der Schmerz gestoppt werden.
„Weniger ist mehr“, betont Furtner-Keil. Das gelte bei der gesamten Anwendung in der Aromapflege. Es brauche stets nur eine „ganz, ganz niedrige Dosierung“ und Expertenwissen darüber, in welchen Situationen welches Öl zum Einsatz komme, sagt die Aromapraktikerin. Größte Gefahr beim Umgang mit den Ölen sei eine zu hohe Dosierung. Grundsätzlich dürften keine Mischungen für andere Personen zusammengestellt dürfen, betont Furtner-Keil. Lediglich qualifizierte Hersteller dürften diese produzieren, wobei jedes geprüfte Produkt über ein Datenblatt mit Produktbeschreibung verfügen müsse. Bei der Mischung mit Wasser, beispielsweise für ein Fußbad, brauche es außerdem einen Emulgator, da die ätherischen Öle nicht wasserlöslich sind. Furtner-Keil rät zu Kaffeesahne.
Richtig angewandt sind die Öle aber Furtner-Keil zufolge aber gut verträglich: „Ich habe in 24 Jahren noch nie eine Allergie erlebt.“ Sie setzt auf Öle aus biologischem Anbau. Pflegeprodukte, die man im Handel findet, enthielten nahezu immer synthetische Stoffe, erläutert sie. Man könne statt fertigen Produkten Alternativen finden: So könne man eine neutrale Duschlotion mit einigen Tropfen Öl anreichern. Rosmarin beispielsweise wirkt anregend. „Motivationsöl“, nennt es Furtner-Keil.
Ätherische Öle werden unter anderem durch Wasserdampfdestillation gewonnen. Die Pflanzen werden zerkleinert und in einen Kessel aus Kupfer oder Stahl gegeben. Mit Druck wird anschließend heißer Dampf hindurchgespült. Das Ölmaterial löst sich und kommt in eine Kühlschlange. Im Ablassgefäß schwimmt das Öl oben und kann so vom Wasser getrennt werden.
Über die Aromaschule „Aromacampus“ gibt Furtner-Keil als Dozentin Schulungen in verschiedenen Gesundheitseinrichtungen. In ihrem Unterricht lehrt sie Theorie und Praxis. Im Landkreis Fürstenfeldbruck hält sie Vorträge, beispielsweise an der Landwirtschaftsschule. Furtner-Keil ist nach all den Jahren noch immer von der Aromapflege begeistert. „Die Kommunikation über Düfte ist fantastisch, und es hilft.“ Wichtig sei, dass die Öle angenehm riechen: „Das muss locken.“
Im Augustinum, in dem sie 21 Jahre lang tätig war, kam die Aromapflege ebenfalls zum Einsatz. Bei Gelenk- und Muskelschmerzen wurde für Aromamassagen ein Aromapflegeöl unter anderem aus Lavendel, Zitroneneukalyptus, Thymian und Mandarine rot genutzt. Letztere eignet sich bereits für Kleinstkinder. Durch eine Fußmassage mit dem Öl könnten die Kinder beruhigt werden, erklärt Furtner-Keil. Die Aromapflege zielt nicht darauf ab, zu heilen. Sie soll lediglich Wohlbefinden und Gesundheit fördern. „Wir dürfen kein Heilungsversprechen geben“, stellt Furtner-Keil klar.