Arbeitnehmer-Freizügigkeit:Von Ansturm keine Spur

Vertreter von Behörden und Verbänden aus dem Landkreis halten die Warnungen der CSU vor Armutsflüchtlingen aus Rumänien und Bulgarien für übertrieben - auch wenn die Zahl der Arbeitssuchenden wohl steigen wird.

Von Stefan Salger

Bislang gibt es keine Anzeichen dafür, dass Arbeitssuchende aus Bulgarien und Rumänien in größerer Zahl in den Landkreis kommen. Vertreter von Behörden und Verbänden äußern sich gelassen. Weil sich Bürger aus den beiden EU-Mitgliedstaaten seit dem Jahreswechsel ohne Restriktionen auf Jobsuche machen dürfen, wird in den kommenden Monaten zwar mit einem leichten Anstieg der Zuwandererzahlen gerechnet. Ein Sozialbetrug durch Armutsflüchtlinge im großen Maßstab, vor dem CSU-Politiker warnen, zeichne sich aber nicht ab, heißt es.

Die Kreisstadt, in der Verbände wie Caritas oder die Diakonie sich intensiv um Migranten, Arbeitssuchende und Obdachlose kümmern, wäre von einem Ansturm besonders betroffen. Vieles deutet indes darauf hin, dass daraus nichts wird. Denn als Touristen einreisen durften Bulgaren und Rumänen ebenso wie andere EU-Bürger auch bisher schon ohne Visum. Menschen, die den prekären Lebensverhältnissen in ihren Heimatländern entfliehen wollten, hatten also auch bisher keine allzu hohen Hürden zu überwinden und schlugen sich häufig als Tagelöhner durch.

In Fürstenfeldbruck mit seinen mehr als 36 000 Einwohnern sind der Stadtverwaltung zufolge zurzeit 5149 ausländische Bürger gemeldet. 341 davon stammen aus Rumänien (2011 waren es 4414, 2012 waren es 4668), 65 stammen aus Bulgarien (2011 waren es 31, 2012 waren es 61). Nur jeder hundertste Brucker kommt also aktuell aus diesen beiden Ländern.

Carolin Hufnagl, die als Leiterin des Jobcenters bei der Brucker Arbeitsagentur für die Grundsicherung von Arbeitssuchenden zuständig ist, spricht von einem "gleichbleibenden Bestand" an Hartz-IV-Beziehern und sogenannten Aufstockern im Verlauf der Monate September bis Dezember. Ihrer Einschätzung zufolge haben Arbeitssuchende im Landkreis recht gute Vermittlungsaussichten, soweit sie Sprachkenntnisse und Qualifikationen mitbringen. Denn viele Betriebe aus dem Landkreis suchen händeringend Mitarbeiter und haben sich sogar in Almuñecár, der spanischen Partnerstadt von Fürstenfeldbruck, nach Fachkräften und Auszubildenden umgesehen. Ohne Deutsch und Ausbildung freilich werde sich wohl kaum ein Bewerber hier halten können, so Hufnagl.

Ähnlich sieht das Ralf Grath, Leiter der Caritas-Wohnungslosenhilfe. In der Obdachlosenunterkunft der Caritas in Fürstenfeldbruck werden mehr Rumänen als früher aufgenommen. Zurzeit sind zwei Männer für ein paar Tage untergekommen. Die Legalisierung der Arbeitssuche wird Graths Einschätzung zufolge aber keine Einwanderungswelle auslösen. Limitierender Faktor dürfte nicht zuletzt die akute Wohnungsnot in der ganzen Münchner Region sein. Denn auch qualifizierte Fachkräfte aus Rumänien oder Bulgarien werden bald eine Erfahrung machen, die Zuwanderer aus Ländern wie Polen oder Tschechien schon hinter sich haben: Gelingt es ihnen, einen Job zu finden und sie wollen dann ihre Familie nachholen, dann reicht der Verdienst nicht für die hohen Mieten und den Lebensunterhalt. Graths Sorge: Es werde sich wohl nicht viel daran ändern, dass viele Niedriglöhner überhaupt nicht gemeldet sind und etwa in abbruchreifen Häusern unter unwürdigen Bedingungen leben. Auch mit Blick auf den Jugendschutz bestehe Handlungsbedarf.

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