Arbeiten in Corona-Zeiten, SZ-Serie, Folge 6:Lieferengpässe und neue Regeln

Der Kampf gegen das Coronavirus hat den Alltag in der Olchinger Petri-Apotheke verändert. Inhaberin Silvia Sebold achtet auf ihren und den Schutz der Mitarbeiterinnen - und hat beobachtet, dass die Kunden geduldiger geworden sind

Von Katharina Knaut, Olching

Der Andrang begann vor einigen Wochen. Die Menschen standen in Silvia Sebolds Apotheken Schlange, bis hinaus vor die Tür. Sie fragten nach Desinfektionsmittel, nach Mundschutzmasken, nach Schmerzmittel, Fieberthermometer und Mitteln zur Stärkung des Immunsystems. Sebold kam sehr früh zur Arbeit, packte Ware aus, stand im Verkauf. Und sie kontrollierte ihre Posteingänge auf Nachrichten vom Bayerischen Apothekerverband oder von der Bayerischen Landesapothekerkammer. "Die Tage waren sehr anstrengend", erzählt Sebold. "Abends war ich nur noch müde." Seit der Ausgangsbeschränkung beruhigte sich die Lage. "Die Leute gehen nicht mehr so viel raus."

Ihre Sicherheitsmaßnahmen hält sie dennoch aufrecht, hat sie zum Teil sogar verschärft. Nur noch zwei Kunden dürfen sich gleichzeitig in der Apotheke aufhalten. Sprechen sie am Tresen mit Sebold oder einer Mitarbeiterin, trennt sie eine Plexiglasscheibe. Zum Teil müssen Kunden aber auch gar nicht mehr kommen: Die Apothekerin bietet einen Lieferservice an, vor allem für ältere Menschen. Das übernimmt meist eine Mitarbeiterin. Manchmal fahre auch sie auf dem Heimweg bei einem Kunden vorbei, erzählt sie. Früher, in Zeiten vor der Corona-Krise, seien sie und ihr Team oft zwischen den beiden Apotheken in Olching und Esting gesprungen, sagt Sebold. Nun wies sie allen einen Standort zu. Eine Maßnahme, die Kunden und vor allem ihre Mitarbeiterinnen vor einer Ansteckung schützen soll. "Ich habe Glück, ich kann mein Geschäft weiter öffnen", sagt Sebold. Ein Coronafall und sie müsste ihren Laden schließen, wie es bereits in einer Apotheke in Gröbenzell geschah. Ein Szenario, das sie vermeiden will.

Der Kontakt solle nach Möglichkeit heruntergefahren werden, betont Thomas Benkert, Kreissprecher des Bayerischen Apothekerverbandes. Neben der Lieferung nach Hause können Medikamente beispielsweise vorbestellt werden. Es wurden auch die Rabattverträge zwischen Krankenkassen und Pharmazieunternehmen gelockert: Normalerweise erhalten Versicherte Medikamente nur von bestimmten Herstellern, je nachdem, mit welcher Firma die jeweilige Kasse einen Vertrag abgeschlossen hat. Hatte eine Apotheke den Wirkstoff nur von anderen Unternehmen vorrätig, musste sie dieses bestellen und die Kunden zu einem späteren Zeitpunkt wiederkommen. Dieser zweite Gang bleibt den Menschen nun erspart: Apotheken können Medikamente von anderen Herstellern ausgeben, ohne mit der jeweiligen Kasse Ärger zu bekommen.

Alle Teile der SZ-Serie "Arbeiten in Corona-Zeiten"

Nicht alle Medikamente seien jedoch immer verfügbar, sagt Benkert. Viele Wirkstoffe werden in Asien hergestellt. Steht die Produktion dort still, wird die Lieferkette unterbrochen, so der Sprecher. Lieferengpässe existierten allerdings bereits vor dem Coronavirus. Benkert beruhigt: "Ist das gewünschte Medikament nicht vorrätig, kann eine Alternative gefunden werden." Ibuprofen kann beispielsweise genauso gekauft werden wie Paracetamol. Zeitweise kursierte das Gerücht, dass die Einnahme von Ibuprofen bei Corona schädlich wirkt. "Dafür gibt es keine belastbaren Beweise", betont Benkert. Den Besitz von Desinfektionsmittel hält er für sinnvoll. Allerdings nur bei Verlassen des Hauses, beispielsweise beim Einkaufen. Daheim sei das nicht nötig, betont er. "Dort reicht Händewaschen."

Um die Nachfrage zu decken, dürfen vorübergehend auch Apotheken Desinfektionsmittel herstellen. Nach der EU-Biozidverordnung unterliegt die Herstellung normalerweise einer Zulassungspflicht, die nun aufgrund des Coronavirus ausgesetzt wurde. Sebold verkauft bereits die von ihr hergestellten Desinfektionsmittel. Zumindest, wenn ihr die nötigen Ingredienzien zur Verfügung stehen. Denn auch hier gibt es Lieferengpässe. Zuerst fehlten Zutaten, dann gingen ihr die 100-Milliliter-Flaschen aus. "Es ist jeden Tag spannend, ob eine Lieferung eintrifft oder nicht."

Einen kleinen, angenehmen Nebeneffekt hat die Krise jedoch: "Die Kunden sind geduldiger geworden", sagt Sebold. "Vor Corona gingen sie wieder aus dem Laden, wenn sie warten mussten. Nun haben alle mehr Verständnis." Auch bedanken sich viele bei ihr und ihren Mitarbeiterinnen, dass sie die Stellung halten. "Das freut mich wirklich sehr!" Sie und ihr Team bemühen sich, den Bedürfnissen gerecht zu werden. "Wir tun alles dafür, um den Menschen zu helfen."

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