Süddeutsche Zeitung

Fantasy-Convention:Wochenende der Superhelden

Am ersten Nachmittag der Animuc sind bereits weit mehr als 100 Cosplayer auf dem Klostergelände in Fürstenfeldbruck zu treffen - mit interessanten Geschichten

Von Florian J. Haamann, Fürstenfeldbruck

Es geht zu wie auf einem großen Branchentreffen der Superhelden und Bösewichte: Dort sieht man einen Jedi-Ritter im Gespräch mit Pikachu, direkt hinter ihnen läuft mit schweren metallischen Schritten und rasselndem Kettenhemd ein Ritter vorbei, und auf einer Picknick-Decke rekelt sich Spiderman und genießt die Sonne. Die Animuc, die nach zwei Jahren Corona-Pause endlich wieder auf dem Fürstenfeldbrucker Klostergelände stattfindet, zieht schon in ersten Stunden nach ihrer Eröffnung weit mehr als 100 Fantasy-Fans von überall her an. Auf dem Parkplatz gegenüber sieht man überwiegend junge Menschen in ihre Kostüme schlüpfen, noch einmal die Flügel oder die Haare richten.

Auf einer der Bänke vor dem Veranstaltungsforum sitzt eine junge Frau in blauem Kostüm und näht noch einmal an ihrer Tatze nach. "Ich habe mich auf anthropomorphe Kostüme spezialisiert", erzählt Donie, wie sich nennt. Ihr Kostüm ist deshalb eine flauschige Mischung aus Mensch und Kuh. Das Cosplay sei dabei für sie nur eine Nebenbeschäftigung, vor allem mache sie gerne Kunst. Warum sie trotzdem gerne in ihre Kostüme schlüpft? "Ich mag die Reaktionen der Leute. Wenn ein Kind um die Ecke kommt und man sieht wie die Augen anfangen zu leuchten, dann ist das toll", sagt sie.

Für sie ist es das erste Event nach der Pandemie, entsprechend froh ist sie, an diesem Wochenende hier sein können. "Ich freue mich einfach darauf, wieder Leuten zu treffen, zu quatschen". Auch einen Workshop hat sie sich bereits ausgesucht, das Aquarell malen für Einsteiger am Samstagvormittag.

Gerade mitten in einem Fotoshooting am kleinen Bach, der durch das Gelände fließt, sind Patrick und Sven, die in die Rolle von Angel- und Käfersammler-Pokemon-Trainer geschlüpft sind. Seit 2016 kommen sie jedes Jahr auf die Animuc. In diesem Jahr hätten sie sich für etwas einfachere Kostüme entschieden, weil lange nicht klar war, ob die Veranstaltung überhaupt stattfinden kann.

Während auf der Wiese vor dem Veranstaltungsforum vor allem der Ort für Gespräche, Spaziergänge oder zum Chillen ist, finden die Workshops und Panels in den Gebäuden statt. In der Tenne haben außerdem verschiedene Händler ihre Stände aufgebaut. Und dann gibt es noch einen ganz wichtigen Raum für viele der Cosplayer: den Waffencheck. Denn Schwerter und ähnliches gehören bei vielen Kostümen dazu, echte Waffen und scharfe Gegenstände aber sind tabu. Wer also eine realistisch aussehendes Schwert hat, muss es erst einmal untersuchen lassen.

Dieses Problem hat Daniel nicht. Sein Cosplay ist das des Cloud Strife aus der Final-Fanatsyreihe, sein überdimensionales Schwert ist komplett aus Styropor. Einen Monat hat er alleine an der Waffe gebastelt. Geholfen hat ihm seine Freundin Sabrina, die heute in einem Maid-Kostüm, also einer Art Dienstmädchenuniform, dabei ist und zum ersten Mal überhaupt Cosplay macht. Die beiden sind aus Kempten angereist und haben ihr Baby, und damit den wohl jüngsten Teilnehmer des Tages, mitgebracht - natürlich verkleidet als Einhorn.

Wesentlich mehr Cosplay-Erfahrung hat da die 32-Jährige "Fluxsane". "Ich mache schon länger Cosplay, als ich weiß, dass es diesen Begriff gibt. Als 2001 der Film 'Der Schuh des Manitu' rausgekommen ist, wollte ich unbedingt wie Winnetouch sein. Das Kostüm habe ich noch heute am Sonntag werde ich damit hier auftreten", erzählt. Für den Freitag aber ist ihr Kostüm angelehnt an die Zuckerfee aus dem Film "Der Nussknacker und die vier Reiche". Das Oberteil hat sie beim Fundus-Verkauf im Gärtnerplatztheater gefunden, den Rock, der aus Unmengen selbstgebastelter Schleifen besteht, in unzähligen Stunden komplett selbst gemacht. Angefangen habe sie damit schon vor Jahren, die letzten drei Wochen quasi komplett durchgearbeitet, damit alles pünktlich zur Animuc fertig wird. Ihre Leidenschaft für das Cosplay nutzt sie auch, um sich sozial zu engagieren. Sie ist Mitglied im Verein "Cosplayern helfen Kindern", der unter anderem mit verschiedenen Aktionen Geld für krebskranke Kinder sammelt. Auch sie freut sich, dass sie Animuc endlich wieder stattfindet und sie mit Gleichgesinnten ein schönes Wochenende verbringen kann, bei dem alle gemeinsam ihrer Leidenschaft nachgehen können.

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