Amtsgericht:Geschwisterliche Abneigung

Richter verhängt 1800 Euro gegen 59-Jährigen wegen Beleidigung

Von Ariane Lindenbach, Gröbenzell

Wenn sich Familienmitglieder als Kontrahenten vor Gericht treffen, kann man von einem ernsthaften Streit ausgehen, der sich nicht so leicht mit einer Entschuldigung beenden lässt. So auch zwischen einer 60 Jahre alten Gröbenzellerin und ihrem ein Jahr jüngeren Bruder: Die beiden würdigten sich keines Blickes, als sie sich jüngst im Amtsgericht wiedertrafen. Anlass war die Anklage wegen Beleidigung gegen den 59-Jährigen. Die Schwester war als Zeugin geladen, da ihr die Worte gegolten hatten. Am Ende sprach der Richter den Angeklagten schuldig. Mit 120 Tagessätzen zu je 15 Euro verhängte er aber eine relativ geringe Geldstrafe gegen den einschlägig Vorbestraften; er berücksichtigte den seit Jahren schwelenden Familienstreit strafmildernd.

"Der Sachverhalt wird im Wesentlichen so eingeräumt. Hintergrund ist ein Familienstreit, der schon seit Jahren geht", erklärt der Verteidiger für den unter offener Bewährung stehenden Angeklagten. Er sei optimistisch, dass der seit langem schwelende Streit nun ein Ende finden könnte, so der Jurist. Er erwähnte einen Vergleich der Parteien kürzlich vor dem Familiengericht, in dem beide versichert hatten, sich fortan aus dem Weg zu gehen. Ergänzend dazu hatten sie Unterlassungserklärungen im Hinblick auf Beleidigungen abgegeben.

"Es waren zwei Sachen, die ganz gravierend waren", sagt die Schwester dazu, dass ihr Bruder sie im Dezember aufs Übelste beleidigt haben soll. Die Stimme der 60-Jährigen klingt brüchig, als sie sagt, ihr Bruder habe sie "bedroht, verbal" und: "Ich habe Angst vor ihm." Die Gröbenzellerin erwähnt, dass ihr Bruder bei ihrer Mutter lebt und sie diese seit dem Streit nicht mehr sehen kann.

Das Strafregister des 59-Jährigen beginnt 2015 mit einer hohen Geldstrafe, was ungewöhnlich ist, aber zeitlich genau mit dessen Arbeitslosigkeit zusammenfällt. Offenbar benötigt er eine Fahrerlaubnis, um seine Arbeit als Handwerker auszuüben. Diese verlor der Gröbenzeller, wie er auf Nachfrage zugibt, wegen seines Alkoholkonsums. "Es ist anscheinend ein sehr festgefahrener Familienstreit", bemerkt der Staatsanwalt. Trotz offener Bewährung beantragt er eine Geldstrafe, allerdings in Höhe von 220 Tagessätzen a 15 Euro. Der Verteidiger hält 90 für angemessen. Mit seinem Urteil, 1800 Euro Geldstrafe, ist der Vorsitzende Richter näher beim Antrag des Verteidigers.

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