Amtsgericht Fürstenfeldbruck:Wohnungsübergabe mit Nachspiel

Beim Streit mit dem Vermieter ging es um vergessene Kleidung, vor Gericht geht es um Gefängnisstrafen: Zwei Togoer müssen sich wegen Nötigung verantworten.

S. Salger

Zwischen zehn Monaten Haft ohne Bewährung und 250 Euro liegen Welten - im übertragenen Sinne aber manchmal auch nur gut drei Meter. Soweit entfernt sitzt der Brucker Amtsrichter Johann Steigmayer von der jungen Vertreterin der Staatsanwaltschaft, als er am Montag mit seinem Urteil weit unterhalb der Forderung der Anklage bleibt.

Was zuvor fast zwei Stunden lang erörtert wird, ist ein Paradebeispiel dafür, wie eine Bagatelle aus dem Ruder laufen kann oder wie "aus einer Mücke ein Elefant wird", wie es Steigmayer ausdrückt.

Im westafrikanischen Togo, aus dem die beiden Angeklagten stammen, wird nicht wegen jedes Streits nach dem Richter gerufen. "Aber in Deutschland ist das eben anders", belehrt der Amtsrichter die beiden Männer. Hier ist immer und überall der Rechtsweg einzuhalten. Ein Umstand, der den Gerichten neben wichtiger auch reichlich überflüssige Arbeit beschert, wie Steigmayer in einer Verhandlungspause einräumt.

Auch an diesem Tag geht es um einen überflüssigen Fall: Weil ein 37 Jahre alter, aus Togo stammender Hartz-IV-Empfänger mit seiner Miete im Rückstand ist, muss er Ende März aus der Puchheimer Wohnung ausziehen. Die Übergabe der Räume verläuft einigermaßen reibungslos. Dann fällt dem Mann ein, dass er noch Kleider oben im Trockenraum hängen hat. Der Hausmeister aber will den Schlüssel nicht mehr herausrücken.

Gemeinsam mit einem ebenfalls seit vielen Jahren in Deutschland lebenden 47Jahre alten Landsmann, der eher zufällig vorbeigekommen ist, bedrängt der 37-Jährige den Hausmeister. Beide wollen nicht akzeptieren, dass dieser sich einfach mit dem Schlüssel davonmacht. Sie halten eine Türe zu, der Hausmeister klemmt sich bei der Rangelei den Arm ein. Er fühlt sich in die Enge getrieben, hat angeblich "panische Angst". Den Schlüssel aber rückt er nicht heraus.

Nach geltendem Recht ein Fall von Körperverletzung und Nötigung. Da nützt es auch nichts, dass die beiden Togoer selbst die Polizei gerufen haben, von der die Streithähne damals denn auch sehr schnell getrennt werden - und die den Hausmeister dazu bewegt, endlich den Trockenraum aufzusperren.

Warum er damals nicht gleich die Kleider herausgegeben habe, sondern es zum Streit kommen ließ, will der Richter von ihm wissen. Eine Frage, auf die der Hausmeister so recht keine Antwort weiß. Das Recht ist natürlich auf seiner Seite - der angeklagte Togoer hätte die Herausgabe seiner Kleider eben einklagen müssen.

Auf eine Einstellung des Verfahrens will sich die Staatsanwaltschaft nicht einlassen. Vor allem deshalb, weil die beiden Togoer vorbestraft sind. Der 47-Jährige, der selbst eher passiv agiert hatte, ist noch in offener Bewährung.

Nun aber zehn Monate Haft und für den Hauptangeklagten sechs Monate auf Bewährung? Nein, sagt Steigmayer und fällt ein Urteil mit Augenmaß, gegen das die Staatsanwaltschaft freilich noch in Revision gehen kann: Wegen Nötigung mit bedingtem Vorsatz müssen beide je 25 Tagessätze à zehn Euro zahlen.

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