Süddeutsche Zeitung

Amperoase :Wasserratte Lilly trifft Landei Mira

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Beim Hundeschwimmen im Brucker Freibad sucht die Pointer-Jagdhündin das Abenteuer und vor allem den in der Mitte des Beckens treibenden Tennisball, während es die Malteser-Pudel-Kreuzung bei einer kurzen Erfrischung belässt

Von Stefan Salger, Fürstenfeldbruck

Lilly steht am Beckenrand und zögert etwas. Ein paar Mal tapst sie mit den Vorderläufen vorsichtig aufs Wasser, streckt den Rücken durch und versucht mit einem tiefen Blick aus schwarzen Augen, der hellblau leuchtenden Sache auf den Grund zu gehen. Dann aber ist Schluss mit der Zurückhaltung. Der Spieltrieb siegt. Die weiß-schwarz gemusterte Pointerhündin macht Jagd auf den gelben Tennisball, der eine paar Augenblicke zuvor in hohem Bogen mitten ins Schwimmerbecken der Amperoase gesegelt ist. Mit einem Satz springt sie hinein ins Becken, dass es spritzt.

Am Sonntag scheint die Welt verrückt zu spielen. Die Vierbeiner haben Vorfahrt und genießen fast schon Narrenfreiheit. Die Zweibeiner müssen artig sein, am Beckenrand oder den Liegewiesen Platz machen und bestenfalls bis zur Hüfte ins Wasser. Zum Hundeschwimmen im Fürstenfeldbrucker Freibad haben die besten Freunde des Menschen ihre besten Freunde mitgebracht. Lilly braucht etwas Hilfestellung, um nach ihrer etwa 20. geschwommenen Bahn wieder den Beckenrand heraufzukommen. Die dreijährige Hündin ist eine echte Wasserratte. Kein Wunder, stammt sie doch ursprünglich von der Insel La Réunion, dem französischen Übersee-Département im Indischen Ozean. Von dort hat sie die Familie Legendre mitgebracht, die mittlerweile nach Aubing gezogen und ebenso wie im vergangenen Jahr für einen Besuch nach Fürstenfeldbruck gekommen ist. Lilly mag auch Salzwasser und Wellen, sie hatte in ihrer ersten Zeit auf dem Festland eher Schwierigkeiten mit Schnee. "Die will immer schwimmen", erklärt ihre Besitzerin. Und deshalb ist die Familie, wenn nicht gerade Hundeschwimmen in der Amperoase ist, manchmal am Germeringer See oder am Hundesee nahe der Paulaner Brauerei. Dort können Zwei- und Vierbeiner auch gemeinsam planschen. Am Sonntag hätte das Gesundheitsamt da was dagegen, denn das Wasser ist an diesem Tag nicht gechlort und für Freibäder gelten eben andere Regeln als für Seen. Ein Bademeister weist den einen oder anderen Hundebesitzer denn auch auf diese Regeln hin. Nur zwei mit Unterwasserkamera ausgerüstete Taucher dürfen rein, sie tragen Neoprenanzüge und Sauerstoffflaschen.

Ob das Badeverbot für Menschen auch angesichts der sommerlichen Temperaturen wirklich notwendig ist, ist nicht unumstritten. Jürgen Bartelt, Hundetrainer beim Polizei- und Schutzhundeverein, der neben dem Geschicklichkeitsparcours einen Pavillon aufgebaut hat, käme auch ganz gut ohne Badeverbot aus, so wie bei der ersten Auflage des Hundeschwimmens in der Amperoase. In den Seen sei das ja auch ohne Probleme möglich. Etwas weniger Gäste seien gekommen, sagt Bartelt am frühen Nachmittag. Vielleicht wegen des Nebels am Morgen oder auch deshalb, weil dem einen oder anderen die Eintrittspreise doch etwas zu hoch seien - ein Teil des Erlöses fließt als Spende an das Tierheim Fürstenfeldbruck. Denen, die da sind, und das sind um die Mittagszeit herum etwa 40 Hunde mit ihren Menschen, macht es freilich augenscheinlich großen Spaß. Am Beckenrand kreuzen sich die Wege von Labradoodle, Labrador, Schäferhund, Gebirgsschweißhund und kleinen Mischlingszamperln - bis hin zum Duck Tolling Retriever. Aber obwohl sie fast alle von der Leine gelassen werden, bleibt alles friedlich. Man beschnuppert sich eingehend und gibt sich dann dem Badevergnügen hin.

Alle Hunde können sich zwar von Geburt an und ohne Training über Wasser halten, die Begeisterung fürs Baden ist freilich keineswegs angeboren. Geht beispielsweise dem "Griechen-Mix" von Jürgen Bartelt das Wasser bis zur Brust, "dann stirbt der tausend Tode". Eine Schwester im Geiste scheint die kleine Maltipoo-Dame Mira zu sein. Die drei Jahre alte Malteser-Pudel-Kreuzung fühlt sich an Land grundsätzlicher wohler, das ist ihr anzusehen ist. Am Sonntag ist ihrer Freibad-Premiere. Seen und Bäche sind Mira zwar vertraut, aber so ein großes Becken mit glasklarem Wasser, in dem man nicht ansatzweise stehen kann, das ist der Hündin suspekt. Florian, 14, geleitet sie denn auch ganz vorsichtig ins Wasser. Bis sich der Bademeister meldet. Dann geht's wieder ans sichere Land und Mira schüttelt ihr goldbraunes Fell und lässt damit auch Ines Roschinsky und Danny Bröse aus Puchheim in den unfreiwilligen Genuss einer kleinen Erfrischung kommen. Das Hundeschwimmen sei dennoch eine sehr schöne Sache, findet Ines Roschinsky. Mira legt den Kopf schief und schaut etwas skeptisch.

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Quelle:
SZ vom 16.09.2019
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