Alte Musik:Wie aus einer anderen Welt

Alte Musik

Liebe zu Monteverdis Musik: Harfinist Masako Art und Tenor Sven Schwannberger.

(Foto: Günther Reger)

Werke Claudio Monteverdis sind im Kurfürstensaal zu hören

Von Klaus Mohr, Fürstenfeldbruck

Die Annahme des Musikers Sven Schwannberger, dass die Zuhörer des Konzerts am Sonntag in den Kurfürstensaal gekommen seien, weil sie die Musik Claudio Monteverdis lieben, war sicher zutreffend. Gleiches konstatierte er auch für die drei Künstler auf dem Podium. Damit sei, so Schwannberger, eine Gemeinschaft für die zwei Stunden des Abends in der Reihe "Alte Musik in Fürstenfeld" geschaffen. Das Konzert stand unter dem Motto: "Divino Claudio - Unerwartetes aus dem Schaffen Claudio Monteverdis". Mit dem Tenor Sven Schwannberger, der auch Flöte und Laute spielte, gastierten Masako Art (Barockharfe) und Elizabeth Rumsey (Lirone und Viola da Gamba).

Schwannberger führte sehr detailliert und kenntnisreich in jedes Stück des Abends ein. Dabei übersah er aber, dass es sich bei seinen Zuhörern um Laien handelte, für die "Nondissonanzen" im vierten Madrigalbuch Monteverdis oder gegenüber dem Original abweichende Dissonanzen in der Fassung eines anderen Komponisten wenig greifbar sind. Das galt insbesondere deshalb, weil sich solche Unterschiede nur in der konkreten Gegenüberstellung nachvollziehen lassen. Insofern muteten die Einführungen eher wie Teile eines musikwissenschaftlichen Seminars für Studierende an. Das war schade, denn das Publikum dieser Konzertreihe ist außerordentlich interessiert an musikhistorischen Zusammenhängen.

Das erste Stück, die Motette "Laudate Dominum" von Claudio Monteverdi, ließ einen schwingenden Gesang hören, der von der Gambe nach unten abgestützt und von den Tönen der Harfe in der klanglichen Mitte bereichert wurde. Sven Schwannberger arbeitete mit an- und abschwellenden Tönen, und schliff andere Töne an. Registerübergänge blieben deutlich hörbar, und die Tongebung wurde in der Höhe häufig sehr eng gepresst. Darunter litt auch immer wieder die Intonation. Dabei fragte man sich, ob es sich jetzt um den im Programmheft genannten "Cantar di gorgia", den Kehlgesang, handelte, der diese eher archaische Klangwirkung heraufbeschwor. Man wusste es nicht, und Erklärungen gab es nicht. Jedenfalls stand hier wie in vielen weiteren Stücken eine sehr einfühlsame Begleitung diesem seltsam ungewohnten Gesang gegenüber. Mit dem Stück "Audi dulcis amica mea" des Monteverdi-Zeitgenossen Bartolomeo Barbarino wurde es für die Zuhörer einfacher: Es erklang eine reine Instrumentalfassung des Werks für Flöte, Harfe und Lirone, wobei die Melodie im Blasinstrument lag. Sven Schwannberger intonierte deutlich ebenmäßiger als beim Gesang, wodurch ein schön fließender Verlauf entstand.

In die Zeit der Jugend Monteverdis in Cremona führten einige Stücke zurück. Der geradlinige Verlauf der Singstimme in "Lapidaverunt Stephanum" hatte damit zu tun, dass sich Monteverdi zu dieser Zeit noch nicht des expressiven Stils späterer Jahre bediente. Im Kontext der Zwiesprache mit der Gambe wirkten manche Passagen wie improvisiert. Leider fiel aber auch auf, dass der Sänger stark dem Notentext verhaftet war und nur selten den Blick ins Publikum wagte. Echoeffekte prägten die Motette "Ecce Sacrum paratum", so dass intime Kammermusik entstand.

Die zweite Konzerthälfte war weltlichen Werken gewidmet. Das Stück "Combattimento" hatte als einziges im Programm einen deutschen Text aus dem Umkreis von Heinrich Schütz. Die darin vertonte Geschichte stammte von Torquato Tasso aus dem 16. Jahrhundert und schilderte eine Begebenheit aus der Zeit der Kreuzzüge: Der Kreuzritter Tankred kämpft gegen seine in einer Rüstung steckende Geliebte Clorinda. Als er erkennt, wer in der Rüstung ist, hat er sie bereits tödlich verletzt. "Lettere amorosa", poetische Liebesbriefe, erklangen hier nicht in einer Fassung von Monteverdi, sondern in einer von Girolamo Frescobaldi.

Am Ende gab es eine Zugabe, doch ließ der freundliche Beifall erkennen, dass sich die Zuhörer nicht sehr stark in einer Gemeinschaft mit den Musikern erlebt hatten. Dadurch blieb eine gewisse Ratlosigkeit zurück, die verhinderte, dass der Funke von den Künstlern auf das Publikum hätte überspringen können.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: